
Klavierquintett - Werke von Pierne & Vierne
Innig
Label/Verlag: Hyperion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das australische Goldner String Quartet findet zusammen mit Piers Lane einen goldrichtigen Zugang zu den Werken von Pierné und Vierne.
Gabriel Pierné (1863–1937) wie auch Louis Vierne (1870–1937) stehen seit langem im Schatten eines dritten 1937 gestorbenen französischen Komponisten: Maurice Ravel. Wie die vorliegende CD beweist, völlig zu Unrecht. Vierne ist natürlich noch vor allem in Orgelkreisen wohlbekannt, doch ist sein Schaffen durchaus vielgestaltiger. Neben Vokalwerken (vor allem Liedern mit Klavier, Orchester und Orgel) schuf er auch beeindruckende Klavier- und Kammermusikwerke (darunter je eine Violin- und eine Cellosonate sowie ein Klavierquintett). Das 1894 entstandene Streichquartett d-Moll op. 12 ist in manchen Momenten durchaus modernistisch zu nennen, gleichzeitig voller Intimität und Innigkeit. Das viersätzige Werk folgt traditionellen Formgestalten, zeichnet sich aber durch großen Einfallsreichtum und sorgfältig ausgearbeitete, höchst inspirierte Kontrapunktik aus.
In der neuen Hyperion-Produktion bietet das australische Goldner String Quartet alle Qualitäten englischsprachiger Streichquartette: sorgsames Zusammenspiel, idiomatischen Zugriff, feinste dynamische und agogische Abstimmung, intensive Stimmungsauslotung. Im Vergleich zum Quatuor Phillips (für Timpani) oder dem Quatuor Athenæum Enesco (für Arion) ist der Zugriff ein etwas verhaltener, elegischerer, was dem Werk nicht schlecht steht und eine einheitliche Grundstimmung vermittelt, auch in dem leichten, aber hier doch unterschwellig etwas verschatteten Scherzo. Wo das Spiegel Quartett (für Dabringhaus und Grimm) mit deutscher Gründlichkeit zu Werke geht, gelingt dem Goldner String Quartet die fast perfekte Balance zwischen Tiefgründigkeit, kontrapunktischer Durchhörbarkeit und Eleganz – von den bisherigen Einspielungen vielleicht am besten. Einzig im langsamen Satz wird emotional vielleicht ein wenig zu stark ‚gedrückt‘. Die Vortragsbezeichnung 'Andante quasi Adagio' wird über weite Teile des Satzes eher in Richtung Adagio gedeutet, immerhin aber nicht so extrem wie in der deutschen Produktion; ob man die Portamenti des Quatuor Athenæum Enesco vorzieht oder es etwas leichter mag wie bei dem Quatuor Phillips, ist Geschmackssache.
Gabriel Pierné, zumeist nur von Spezialisten gepflegt und eingespielt (vier CDs mit Kammermusik erschienen bei Timpani), steht Fauré oder Delius musikalisch näher als Ravel – auch er ein Meister der innigen Melodie, doch ist sein Schaffen weniger stark kontrapunktisch geprägt als Viernes. Bei Pierné ist es fast noch schwerer, den genau passenden Tonfall zu treffen. Leicht gerät man bei den herrlichen Melodien ins genussvolle Ausmusizieren, während doch auch das Ausloten des musikalischen Gehalts nicht zu kurz kommen sollte. Der elegische Tonfall des 1916 mitten im Ersten Weltkrieg entstandenen Klavierquintetts e-Moll op. 41 erleichtert hier den Zugang, wenn auch die gelegentliche große Geste und das sorgfältige Ausmusizieren der satztechnischen Feinheiten nicht zu kurz kommen dürfen. Bei Pierné spürt man immer den Orchesterfachmann (sein Auskommen verdiente sich der Komponist als sehr erfolgreicher Dirigent), so können das Goldner Quartet und der in London lebende australische Pianist Piers Lane hier gar nicht fehl gehen. Die Musik wehklagt, jubelt und endet in strahlendster Affirmation. Wie schon in anderen Einspielungen ist das Zusammenspiel von Klavier und Streichern besonders beglückend – man merkt die große Vertrautheit und Freundschaft untereinander.
Beide herausragenden Interpretationen sind in höchster Klarheit und Brillanz eingefangen, selbst die dichtesten Stimmengeflechte sind absolut durchhörbar. Da auch das Booklet informativ und fast vollständig auch mehrsprachig ist, bleiben keinerlei Wünsche offen. Sehr empfehlenswert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Klavierquintett: Werke von Pierne & Vierne |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Hyperion 1 04.04.2014 |
Medium:
EAN: |
CD
034571280363 |
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Hyperion Founded in 1980, Hyperion is an independent British classical label devoted to presenting high-quality recordings of music of all styles and from all periods from the twelfth century to the twenty-first. We have been described as 'Britains brightest record label'. In January 1996 we were presented with the Best Label Award by MIDEM's Cannes Classiques Awards. The jury was made up of the editors of most of the leading classical CD magazines in the world - Classic CD (England), Soundscapes (Australia), Répertoire (France), FonoForum (Germany), Luister (Holland), Musica (Italy), Scherzo (Spain), and In Tune (USA & Japan). We named our label after an altogether splendid figure from Greek mythology. Hyperion was one of the Titans, and the father of the sun and the moon - and also of the Muses, so we feel we are fulfilling his modern role by giving the art of music to the world. The repertoire available on Hyperion, and its subsidiary label Helios (Helios, the sun, was the son of Hyperion), ranges over the entire spectrum of music - sacred and secular, choral and solo vocal, orchestral, chamber and instrumental - and much of it is unique to Hyperion. The catalogue currently comprises nearly 1400 CDs and approximately 80 new titles are issued each year. We have won many awards. Our records are easily available throughout the world in those countries served by our distributors. A list of the world's top Hyperion dealers, listed by country and city, can be found on our homepage. But if you have any difficulty please get in touch with the distributor in your territory. In Germany that is Note 1 Music Gmbh. Mehr Info... |
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