> > > Wolf, Hugo: Italienisches Liederbuch
Freitag, 24. März 2023

Wolf, Hugo - Italienisches Liederbuch

Musik, die unter die Haut geht


Label/Verlag: Berlin Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Ganz selten erlebt man, dass man nach dem ersten Hören einer CD diese gleich sämtlichen Freunden empfehlen möchte. Man ist so gefesselt, die Musik lässt einen nicht mehr los. So kann es beim Hören dieser exquisiten Einspielung des Italienischen Liederbuches von Hugo Wolf ergehen, bei der die drei ausführenden Musiker eine großartige Interpretation geliefert haben.
Nun sind sie alle drei längst keine Unbekannten mehr. Durch zahlreiche Einspielungen und Konzerte auf alles großen Bühnen erfolgreich, haben sie beim Publikum und in Fachkreisen weltweit große Anerkennung erhalten. Die Sopranistin Christiane Oelze, in Köln und Frankfurt ausgebildet, zählt längst zu den ganz Großen ihres Metiers, hat mit bedeutenden Musikern wie Sir Yehudi Menuhin , Sir John Eliot Gardiner oder Nikolaus Harnoncourt konzertiert, bei große Oratorien von Bach bis Brahms mitgewirkt. Aber immer wieder ist sie zur Liedinterpretation zurückgekehrt, seien es nun Schubert, Anton Weber oder andere Vertreter der Wiener Schule gewesen. Ihr Repertoire reicht von Andriessen bis Ullmann, wobei sie auch unbekannteren Werken großen Raum widmet. Mit dem Tenor Hans Peter Blochwitz hat sie einen Partner, der ihr künstlerisch ebenbürtig ist. Neben seiner ausgedehnten Tätigkeit im Oratorien- und Opernfach hat auch er sich immer dem Lied gewidmet, wobei die Aufnahmen der großen Liederzyklen von Schubert und Schumann große Beachtung gefunden haben, ebenso wie die Welturaufführung von Hans Zenders Bearbeitung der ‘Winterreise’. Dritter im Bunde ist der Pianist Rudolf Jansen, der schon früh sich der Kammermusik und der Liedbegleitung verschrieben hat. Die Liste der großen Künstler, mit denen er gearbeitet hat, reicht von Peter Schreier bis Dietrich Fischer-Dieskau, international besitzt er eine große Reputation als exzellenter Pianist.

Mit der Einspielung des ‘Italienischen Liederbuch’ von Hugo Wolf haben sich diese drei Künstler wohl einen eigenen Traum verwirklicht, anders ist eine so innige und sensible Interpretation fast nicht vorstellbar. Diese Liedsammlung mag nicht so bekannt sein wie die Mörike-, Eichendorff- oder Goethe- Vertonungen oder das ‘Spanisches Liederbuch’ des für den Liedgesang immanent wichtigen Komponisten, die 46 meist kleinen Gesänge nehmen aber eine Sonderstellung in seinem Schaffen ein. Da man sie im Konzertbetrieb nur äußerst selten hört –komplett fast nie- ist diese Einspielung von besonderem Wert. In diesen musikalischen Mikrokosmos führen die drei Künstler so intensiv ein, dass man fast in eine andere Welt eintaucht. Die Palette der ausgedrückten Gefühle und Stimmungen ist mannigfaltig, was besonderen Anforderungen an die Interpretation stellt. Denn der manchmal starke Kontrast verlangt ein sofortiges Reagieren, ein quasi Spiel mit den Klangwelten.
Hier zeigt sich als verbindendes Element der Pianist Rudolf Jansen, sein Spiel macht diese Gesamteinspielung zu einer Entdeckungsreise zu der Vielfältigkeit der Liedbegleitung. Mag sein Name auch auf dem Cover ‘kleiner’ geschrieben sein, musikalisch zeigt er sich als kompetenter Partner, der mit wohldifferenzierter Anschlagskultur allen Herausforderungen mehr als nur gerecht wird. Sein darstellendes, bildhaftes Spiel vermittelt ein wunderbar sensibles Herangehen an diese Musik. Dabei zeigt er sich virtuos, wo es gefordert wird, ohne irgendwie technisch zu klingen. Dem hintergründigen Humor wird er ebenso gerecht wie den ‘großen’ Gefühlsausbrüchen, die er mit vollem und warmen Ton wiedergibt. Christiane Oelze zeigt sich in den 24 von ihr gesungenen Liedern von einer sehr intimen, einfühlsamen Seite. Alle opernhaften Attitüden vermeidet sie, konzentriert sich ganz auf die charakteristischen Klangfärbungen und die Zartheit, mit der sie den intimen Liedern Wärme und Innigkeit verleiht, ist schon beachtenswert. Sie singt sich nie in den Vordergrund, kein übertriebenes Vibrato stört, sondern mit feinem Ansatz verleiht sie den Miniaturen Leben. ‘Auch kleine Dinge können uns entzücken’, dieses als erstes von ihr gesungene Lied, ist gleichsam Leitsatz ihres musikalischen Herangehens. Ihre Interpretation der melancholischen, schmerzerfüllten Lieder ist nie nur Gefühl, sondern gleichsam Miterleben und Mitleiden. Ihre Wiedergabe des Leidenschaftlichen erfüllt von unheimlicher Sinnlichkeit.
Hans Peter Blochwitz zeigt großen Farbenreichtum und Modulationsfähigkeit, die er ganz der Charakteristik anpasst. Sein Wandlungsreichtum von Sakralen bis hin zur reinen Emotionalität zeigt ihn als unglaublich reifen Künstler. Dynamisch unglaublich differenziert agiert er, mit guter Gesangstechnik kann er selbst kleinsten Abläufen Gewicht verleihen, nie bricht etwas weg. Besonders in den getragenen Liedern zeigt er sich von seiner intimsten Seite, hier verrät er viel von seiner noblen Art. Aus allen 46 Liedern einzelne zu wählen, erscheint fast aussichtslos, da alle das besondere Genießen erlauben. ‘Sterb’ ich, so hüllt in Blumen meine Glieder’ von ihm zu hören, ohne bis ins Innerste erschüttert zu werden, ist fast unmöglich. Seine Leistung stellt ihn in die Reihe der großen Liedsänger.

Das dieser exzellenten Gesamteinspielung im sehr informativen, zweisprachigen Booklet noch sämtliche Liedtexte beigegeben wurden, macht den Genuss noch vollkommen, da man die interpretatorischen Ansätze viel intensiver nachvollziehen kann.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 




Kritik von Axel Engels,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Wolf, Hugo: Italienisches Liederbuch

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
Veröffentlichung:
Berlin Classics
1
03.02.2003
77:57
2002
2003
Medium:
EAN:
BestellNr.:
CD
0782124174828
0017482BC

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Wolf, Hugo


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Interpret(en):Oelze, Christiane (Sopran)
Blochwitz, Hans-Peter (Tenor)
Jansen, Rudolf (Klavier)


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Berlin Classics

Berlin Classics (BC) ist das Klassik-Label der Edel Germany GmbH. Es ist das Forum für zahlreiche bedeutende historische Aufnahmen, wichtige Beiträge der musikalischen Zentren Leipzig, Dresden und Berlin sowie maßgebliche Neuproduktionen mit etablierten und aufstrebenden jungen Klassik-Künstlern. Dazu zählen etablierte Stars, wie z.B. die Klarinettistin Sharon Kam, die Pianisten Ragna Schirmer, Sebastian Knauer, Matthias Kirschnereit, Anna Gourari und Lars Vogt, die Sopranistin Christiane Karg oder auch die Ensembles Concerto Köln, Pera Ensemble, sowie der Dresdner Kreuzchor und das Vocal Concert Dresden. Mehrfach wurden Produktionen mit einem Echo-Preis ausgezeichnet. Im Katalog von Berlin Classics befinden sich Aufnahmen mit Kurt Masur, Herbert Blomstedt, Kurt Sanderling, Franz Konwitschny, Hermann Abendroth, Günther Ramin, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Dietrich Fischer-Dieskau, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Dresdner Philharmonie, die Rundfunkchöre Leipzig und Berlin, der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor Leipzig. Sukzesssive wird dieses historische Repertoire für den interessierten Hörer auf CD wieder zugänglich gemacht, wobei die künstlerisch hochrangigen Analogaufnamen mit größter Sorgfalt unter Anwendung der Sonic Solutions NoNoise-Technik bearbeitet werden, um sie an digitalen Klangstandard anzugleichen.


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