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Montag, 25. September 2023

Henze, Hans Werner - Sinfonien 2 & 10

Dienende Kunst


Label/Verlag: WERGO
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Marek Janowskis Einspielung der Zehnten Sinfonie von Hans Werner Henze ist famos.

Der Henze-Sinfonien-Zyklus Marek Janowskis ist mit vorliegender Produktion komplett. Endlich liegen als Abschluss der Gesamteinspielung nun auch die Zweite und die Zehnte Sinfonie in Referenzeinspielungen vor. Die Zehnte Sinfonie, Henzes letzter Beitrag zur Gattung, wurde 2002 durch Simon Rattle in Luzern uraufgeführt, doch die erste Studioproduktion des Werkes gab nur die Andeutung eines Eindruckes, was Henze wirklich komponiert hat. Nun also Janowski mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin – einem Orchester, das sich seit seiner Gründung Mitte der 1920er-Jahre als Klangkörper für zeitgenössische Musik beeindruckend profiliert hat und das Marek Janowski nach der Wende zu einem Höhepunkt seines bisherigen Bestehens geführt hat.

Die viersätzige Zehnte Sinfonie Henzes ist klanglich äußerst komplex, auch wenn sie sich formal bewusst in der Tradition seit Beethoven stellt. Das Ergebnis ist eine furiose Tour-de-force, die Henze im allerbesten Sinne des Wortes dient, die die Komposition strukturiert und dennoch voller Emotion und Stimmung vor dem Hörer ausbreitet. Die hohe Spielkultur des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin ist hierbei Garant dafür, dass auch die feinsten Ausdrucksnuancen umgesetzt werden – es gibt im ganzen Orchester keinen Musiker, der sich nicht von Janowskis inspirierender und professioneller Leitung mitreißen lässt. Das Ergebnis ist, das darf man getrost sagen, eine Referenzeinspielung, wie man sie sich erfreulicher kaum vorstellen kann.

Die Genese der 1949 entstandenen und uraufgeführten Zweiten Sinfonie ist eine durchaus komplexe. Entstanden, als Henze gerade 23 Jahre alt war, wurde die Partitur im Laufe der Zeit teilweise drastisch gekürzt. Diese revidierte Form ist die heute gültige. Teilweise ist Henze, der hiermit seine erste groß besetzte Zwölftonkomposition vorlegte, hier noch ein Suchender nach dem ganz eigenen Stil. Mit der Sinfonie schuf er einen (in seinen Worten) ‚Nachklang der Leiderfahrungen der Kriegsjahre‘. Die dreisätzige Komposition hatte Henze schon 1965 äußerst erfolgreich mit den Berliner Philharmonikern eingespielt, doch Janowskis bislang überhaupt erst zweite kommerzielle Tonträgereinspielung des Werks überhaupt kann eigenständig und vollgültig autoritativ neben Henzes eigener stehen. Die Wärme der Farben ist hier größer, wo Henze gedeckter, karger musizieren lässt, da fangen bei Janowski aus den Kriegsruinen schon erste Pflanzen zu sprießen an, die Schuttwolken verziehen sich, die Sonne beleuchtet das Elend der Zeit, doch scheint eine Hoffnung durchzuglühen. Die Kunst, aus derselben Musik ohne auch nur die geringsten verfälschenden Eingriffe eine doch andere Stimmung zu evozieren – das ist eine Kunst, die nur ganz wenigen Dirigenten heute gegeben ist, eine Kunst, die das Wort ‚Interpretation‘ auf seinen eigentlichen Sinn – Ausdeutung der originalen Partitur – zurückführt und zu einem bewegenden, die künstlerischen Leistungen des Orchesters hinter den Intentionen des Komponisten bescheidend zurücktreten lässt. Aufnahmetechnisch und auch bezüglich des Booklets exemplarisch umgesetzt, haben wir hier eine CD, die wirklich keinerlei Wünsche offen lässt.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Henze, Hans Werner: Sinfonien 2 & 10

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
WERGO
1
14.01.2014
56:35
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4010228672527
WER 67252


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WERGO

Als 1962 die erste Veröffentlichung des Labels WERGO erschien - Schönbergs "Pierrot lunaire" mit der Domaine musicale unter Pierre Boulez -, war dies ein Wagnis, dessen Ausgang nicht abzusehen war. Werner Goldschmidt, ein Kunsthistoriker, Sammler und Enthusiast im besten Sinne, war es, der - gemeinsam mit dem Musikwissenschaftler Helmut Kirchmayer - den Grundstein zu dem Label legte, das seit inzwischen 50 Jahren zu den führenden Labels mit Musik unserer Zeit zählt.
Noch immer hält WERGO am Anspruch, unter den Goldschmidt seine "studioreihe neue musik" gestellt hatte, fest: die hörende wie lesende Beschäftigung mit der neuen Musik anzuregen und in Produktionen herausragender InterpretInnen und von FachautorInnen verfassten ausführlichen Werkkommentaren zu dokumentieren.
Auf mehr als 30 Schallplatten kam die Reihe mit roter und schwarzer Schrift auf weißem Cover, dann wurde die Unternehmung zu groß für einen Einzelnen. Seit 1967 engagierte sich der Musikverlag Schott zunehmend für das Label, 1970 schließlich nahm Schott das Label ganz in seine Obhut. Seither wurden mehr als 600 Produktionen veröffentlicht, die ungezählte Preise erhalten haben und ein bedeutendes Archiv der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts darstellen.
Kaum einer der arrivierten zeitgenössischen Komponisten fehlt im Katalog. Ergänzt wird dieser Katalog seit 1986 durch die inzwischen auf über 80 Porträt-CDs angewachsene "Edition Zeitgenössische Musik" des Deutschen Musikrats, die mit Werken junger deutscher KomponistInnen bekannt macht. Neben dieser Zusammenarbeit bestehen Kooperationen mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe ("Edition ZKM") und dem Studio für Akustische Kunst des Westdeutschen Rundfunks ("Ars Acustica"). Im Bereich "Weltmusik" kooperiert WERGO eng mit dem Berliner Haus der Kulturen der Welt und der Abteilung Musik des Ethnologischen Museums Berlin. Die "Jewish Music Series" stellt die vielfältigen Musiktraditionen der jüdischen Bevölkerungen der Kontinente in ihrer ganzen Bandbreite vor. Zahlreiche Veröffentlichungen mit Computermusik sind in der Reihe "Digital Music Digital" erschienen. Neue Editionen wie die legendäre "Contemporary Sound Series" des Komponisten Earle Brown oder die des Ensembles musikFabrik kamen in den vergangenen Jahren hinzu.
Die Diversifizierung, die das Programm von WERGO seit seiner Gründung erfahren hat, ist der Weitung des zeitgenössischen musikalischen Bewusstseins ebenso geschuldet wie sie zu dieser stets beitrug - eine Aufgabe, der sich WERGO auch in Zukunft verpflichtet fühlt.


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