
Steffani, Agostino - Lagrime dolorose
Zwischen den Jobs
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Brilliant stellt Kantaten aus der Feder Agostino Stefannis vor. Das Ergebnis ist gelungen, wenn auch die Vokalleistungen noch etwas idiomatischer ausfallen könnten.
Agostino Steffani (1655–1728) gehört zu jenen Komponisten einer teilweise vergessenen Generation. Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti sind die sicher bekanntesten, weil auch progressiveren Zeitgenossen. Doch wie Giuseppe Torelli steht Steffani im Schatten anderer, auch wenn Steffani und Torelli gleichermaßen profilierte Komponistenpersönlichkeiten waren – aber eben stärker Elemente auch der vergangenen Generation in ihr Schaffen inkorporierten. Agostino Steffani wurde dort vom bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria gefördert und begleitete das Kurfürstenpaar 1667 nach München, wo er 21 Jahre lang lebte. Eine theologische Erziehung einerseits, eine diplomatische Karriere andererseits – und dazwischen verfolgte Steffani auch noch eine kompositorische Laufbahn. Nach kurzem Aufenthalt in Italien wurde er Ende Juni Opernkapellmeister am Hofe des Herzogs Ernst August von Hannover. 1696 übersiedelte er nach Brüssel, wo er mit den Opernwerken Lullys in Berührung kam. 1702 wurde er vom Kurfürsten Johann Wilhelm nach Düsseldorf gerufen, wo er zum geistlichen Ratspräsidenten ernannt wurde und sich bald als Berater Anerkennung verschaffte. Ein Jahr später wurde er geheimer Rat und kurpfälzischer Regierungspräsident und leitete politische Verhandlungen in mehreren Städten. 1703 und 1704 fungierte er als Rektor und Kurator an der Universität Heidelberg. Im September 1706 wurde er zum Titularbischof von Pegae ernannt.
Die hier vorgestellten sechs Solokantaten (‚Scherzi a voce sola con accompagnamento di piffari o di violini‘) entstanden vor 1694 und sind von der Faktur her ganz unterschiedlich. Teilweise stehen sie noch der post-Monteverdi-Tradition nahe, und die Sopranistin Martha Mathéu bemüht sich äußerst erfolgreich, diese Traditionslinie mit entsprechenden Verzierungen klar herauszuarbeiten, etwa in 'Fileno, idolo mio'. Gleichzeitig fällt auf, dass die Rundung der Stimme nicht in allen Registern ganz gleichmäßig ist, gerade in exponierten Lagen kann es etwas wackeln oder schrill werden; das Messa di voce ist auch nicht vollauf beherrscht ('Guardati, o core'). Ihre Koloraturen sind zwar akzeptabel, aber nicht wirklich exakt oder bestechend schön ausgeführt (etwa in der Kantate 'Hai finito di lusingarmi'). In 'Spezza amor l’arco e gli strali' sitzen zudem einige Spitzentöne nicht recht. An einigen Stellen sind innerhalb der Kantate Schnitte unüberhörbar, so dass echte Kontinuität nicht durchgängig gewahrt ist.
Der Altist Aurelio Schiavoni beherrscht da seine Sache besser (in 'Il più felice e sfortunato amante'), auch wenn ihm die historischen Gesangstechniken (trillo, messa di voce) nicht ganz liegen, ist seine Stimme warm abgerundet und er erfüllt die Musik mit angemessener Emotion. Der Bass Mauro Borgioni hat in der der CD den Titel gebenden Kantate ähnliche Probleme. Sein warmer Bassbariton spricht zwar gut an, seine Koloraturengestaltung, seine Phrasierung sind vorbildlich, doch forciert er in der Höhe ein wenig, was der Kantate etwas unangemessene Äußerlichkeit verleiht. Insgesamt bieten die Vokalisten gute, aber keine herausragenden Leistungen.
Die 2000 durch Fabio Ciofini gegründete Accademia Hermans, die sich der Erkundung des Repertoires der Barockmusik verschrieben hat, tut dies mit Elan und Sachkunde, die acht Musiker haben hörbar Spaß an der Sache, verlieren sich aber nicht in musikalischer Sorglosigkeit. Das Booklet ist in akzeptabler Brilliant-Qualität in Italienisch und Englisch.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Steffani, Agostino: Lagrime dolorose |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 1 22.11.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421942995 |
![]() Cover vergössern |
Brilliant classics Brilliant Classics steht für hochwertige Klassik zu günstigen Preisen! Mit den Veröffentlichungen von komplettierten Gesamtwerks- Editionen und Zyklen berühmter Komponisten, hat sich das Label erfolgreich am Musikmarkt etabliert. Der Klassikmusikchef, Pieter van Winkel, ist Musikwissenschaftler und selbst Pianist. Mit seinem professionellen musikalischen Gespür für den Klassikmarkt, hat er in den letzten Jahren ein umfangreiches Klassikprogramm aufgebaut. Neben hochwertigen Lizenzprodukten fördert er mit Eigenproduktionen den musikalischen Nachwuchs und bietet renommierten Musikern eine ideale Plattform. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Brilliant classics:
-
Wie ein Krebs im Bach: Michele Benuzzi überzeugt mit Johann Ludwig Krebs' sämtlichen Cembalowerken. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Spiritistische Klaviermusik : Jeroen van Veen verblüfft mit sämtlichen Klavierwerken von George Gurdjieff und Thomas de Hartmann. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Vielfältiges vom Berliner Hof: Die Kammermusik eines Berliner Hofmusikers Friedrichs des Großen scheint stilistisch ungemein reich. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Mehr Männer: Drei Countertenöre, ein Sopranist und ein Tenor gegen zwei Soprane. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Portrait

"Casals kämpfte für den Frieden."
Roger Morelló über seine neue CD, die dem katalanischen Cellisten Pau Casals gewidmet ist.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich