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Sonntag, 1. Oktober 2023

Steffani, Agostino - Lagrime dolorose

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Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Brilliant stellt Kantaten aus der Feder Agostino Stefannis vor. Das Ergebnis ist gelungen, wenn auch die Vokalleistungen noch etwas idiomatischer ausfallen könnten.

Agostino Steffani (1655–1728) gehört zu jenen Komponisten einer teilweise vergessenen Generation. Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti sind die sicher bekanntesten, weil auch progressiveren Zeitgenossen. Doch wie Giuseppe Torelli steht Steffani im Schatten anderer, auch wenn Steffani und Torelli gleichermaßen profilierte Komponistenpersönlichkeiten waren – aber eben stärker Elemente auch der vergangenen Generation in ihr Schaffen inkorporierten. Agostino Steffani wurde dort vom bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria gefördert und begleitete das Kurfürstenpaar 1667 nach München, wo er 21 Jahre lang lebte. Eine theologische Erziehung einerseits, eine diplomatische Karriere andererseits – und dazwischen verfolgte Steffani auch noch eine kompositorische Laufbahn. Nach kurzem Aufenthalt in Italien wurde er Ende Juni Opernkapellmeister am Hofe des Herzogs Ernst August von Hannover. 1696 übersiedelte er nach Brüssel, wo er mit den Opernwerken Lullys in Berührung kam. 1702 wurde er vom Kurfürsten Johann Wilhelm nach Düsseldorf gerufen, wo er zum geistlichen Ratspräsidenten ernannt wurde und sich bald als Berater Anerkennung verschaffte. Ein Jahr später wurde er geheimer Rat und kurpfälzischer Regierungspräsident und leitete politische Verhandlungen in mehreren Städten. 1703 und 1704 fungierte er als Rektor und Kurator an der Universität Heidelberg. Im September 1706 wurde er zum Titularbischof von Pegae ernannt.

Die hier vorgestellten sechs Solokantaten (‚Scherzi a voce sola con accompagnamento di piffari o di violini‘) entstanden vor 1694 und sind von der Faktur her ganz unterschiedlich. Teilweise stehen sie noch der post-Monteverdi-Tradition nahe, und die Sopranistin Martha Mathéu bemüht sich äußerst erfolgreich, diese Traditionslinie mit entsprechenden Verzierungen klar herauszuarbeiten, etwa in 'Fileno, idolo mio'. Gleichzeitig fällt auf, dass die Rundung der Stimme nicht in allen Registern ganz gleichmäßig ist, gerade in exponierten Lagen kann es etwas wackeln oder schrill werden; das Messa di voce ist auch nicht vollauf beherrscht ('Guardati, o core'). Ihre Koloraturen sind zwar akzeptabel, aber nicht wirklich exakt oder bestechend schön ausgeführt (etwa in der Kantate 'Hai finito di lusingarmi'). In 'Spezza amor l’arco e gli strali' sitzen zudem einige Spitzentöne nicht recht. An einigen Stellen sind innerhalb der Kantate Schnitte unüberhörbar, so dass echte Kontinuität nicht durchgängig gewahrt ist.

Der Altist Aurelio Schiavoni beherrscht da seine Sache besser (in 'Il più felice e sfortunato amante'), auch wenn ihm die historischen Gesangstechniken (trillo, messa di voce) nicht ganz liegen, ist seine Stimme warm abgerundet und er erfüllt die Musik mit angemessener Emotion. Der Bass Mauro Borgioni hat in der der CD den Titel gebenden Kantate ähnliche Probleme. Sein warmer Bassbariton spricht zwar gut an, seine Koloraturengestaltung, seine Phrasierung sind vorbildlich, doch forciert er in der Höhe ein wenig, was der Kantate etwas unangemessene Äußerlichkeit verleiht. Insgesamt bieten die Vokalisten gute, aber keine herausragenden Leistungen.

Die 2000 durch Fabio Ciofini gegründete Accademia Hermans, die sich der Erkundung des Repertoires der Barockmusik verschrieben hat, tut dies mit Elan und Sachkunde, die acht Musiker haben hörbar Spaß an der Sache, verlieren sich aber nicht in musikalischer Sorglosigkeit. Das Booklet ist in akzeptabler Brilliant-Qualität in Italienisch und Englisch.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Steffani, Agostino: Lagrime dolorose

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Brilliant classics
1
22.11.2013
Medium:
EAN:

CD
5028421942995


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