
Jacques-Martin Hotteterre - Pieces pour la Flute Traversiere Vol.1
Geschickte Umsetzung
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Neue Besetzungsvarianten und eine durchdachte Interpretation werfen neues Licht auf die barocken Suiten und sorgen für eine stimmungsvolle Wirkung.
Die Musik von Jacques-Martin Hottererre bedarf eines gut durchdachten interpretatorischen Konzepts, um sie zum Klingen im emphatischen Sinn zu bringen, denn nicht nur an die tiefe Stimmung (395 Hz), sondern auch an die fremdartigen Verzierungen und Tonvibrati ist unser heutiges Ohr kaum gewöhnt. Die vorliegende Veröffentlichung stellt insgesamt fünf Suiten vor, deren Melodiestimmen in unterschiedlichen Besetzungen (Traversflöte, Blockflöte, Gambe und Cembalo) wiedergegeben werden. Die ursprünglich drei ungewöhnlich langen Suiten teilte Hotteterre 1715 in fünf kleinere Suiten auf – ohne Hinzufügung eines neuen Stückes. Sowohl diese Anmerkungen zur Editionsgeschichte wie auch grundsätzliche Informationen zur Biographie Hotteterres und weiterführende Hinweise zum Charakter der hier dargebotenen Werke sind wesentlicher Bestandteil des empfehlenswerten Einführungstextes-Textes von Karl Kaiser.
Für großen Abwechslungsreichtum der Einspielung durch das traditionsreiche Ensemble Camerata Köln sorgen die Besetzungsvarianten der Melodiestimmen. Zwar sind die Suiten in erster Linie für die Traversflöte bestimmt, Hotteterre gibt aber die Möglichkeit, auch andere Oberstimmeninstrumente heranzuziehen, explizit im Vorwort seiner Edition an. So erhält jede der hier eingespielten Suiten eine andere Färbung, was den klanglichen Reiz der Aufnahme deutlich steigert. Karl Kaiser interpretiert die erste Suite in D-Dur auf einem Nachbau einer Hotteterre-Traversflöte. Der dunkle Klang des Instruments in der Tiefe steht in bemerkenswertem Kontrast zum recht offenen Klang in den höheren Oktaven, sodass eine reizvoll reichschattierte Wirkung erzielt wird.
Trotz der ruhigen Tongebung Kaisers wirken einige Phrasen, insbesondere im Prélude, unabgeschlossen; hier wäre eine intensivere Gestaltung der musikalischen Linien wünschenswert. Teilweise verhält sich der Basso continuo unpräzise zur Oberstimme. Dies ist vor allem spürbar in der breiten Bass-Aussetzung der Allemande, wobei die Traversflöte den lebhaften und trotzdem sehr vornehmen Charakter des Stücks hervorragend trifft. Einen sicheren Umgang mit den verschiedenen Sätzen einer französischen Suite bezeugt auch der Blockflötist Michael Schneider in der vierten Suite in g-Moll (die im Booklet fälschlich als ‚Suite No. 2‘ bezeichnet wird). Nicht nur die Vermittlung ganz unterschiedlicher Einzelsätze hinsichtlich Struktur, Tempo und Affektgehalt sorgt für den Abwechslungsreichtum der Suiten. Auch die Besetzungsmöglichkeiten zeigen vielfältige Gestaltungsideen.
Die Oberstimmenbesetzung mit einer Gambe (Rainer Zipperling) in der dritten Suite in D-Dur bedarf besonderer Hervorhebung. Mitreißend gestaltet ist das Rondeau mit dem Beititel 'La Plaintif', aber auch die klangschöne Interpretation der Sarabande verdient großes Lob. Klangdelikatesse ist das entscheidende Merkmal in der fünften Suite in e-Moll mit Cembalo (Sabine Bauer) als Melodiestimme, das eine fesselnde Wirkung hervorruft. Den Abschluss der gelungenen Aufnahme bildet die zweite Suite in G-Dur mit einer Mischung der Oberstimmeninstrumente, sogar innerhalb eines Stückes. Dabei wirkt die Besetzung nicht konstruiert, sondern bietet ein interessantes melodisches Wechselspiel bei fundierter Continuo-Begleitung und eröffnet eine völlig neue, spannende Sicht auf die Interpretationsmöglichkeiten barocker französischer Kammermusik.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Jacques-Martin Hotteterre: Pieces pour la Flute Traversiere Vol.1 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 1 05.12.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
761203779024 |
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Hotteterre, Jacques Martin |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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