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Mittwoch, 29. März 2023

BACH & CONTEMPORARY MUSIC - Bach, Gubaidulina, Pärt, Chen, Riley, Dutilleux, Schostakowitsch

Die Eleganz des Klavierspiels


Label/Verlag: TYXart
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Alexandra Sostmann durchmisst auf ihrer CD "Bach & Contemporary Music" die Bach-Nachfolge bis ins 21. Jahrhundert. Dabei bietet sie klangvolle Momente, von barocken Fugen bis zur Minimal Music.

Die Liste der komponierenden Bach-Fans ist lang. Werke wie das 'Wohltemperierte Klavier' oder die 'Kunst der Fuge' beeindrucken und beeinflussen Komponisten bis heute. Aus der Begeisterung für die Bachsche Tonkunst sind zahlreiche neue Werke entstanden, von denen die Pianistin Alexandra Sostmann einige auf ihrer CD vorstellt. Titel wie 'Toccata – Troncata' (von Sofia Gubaidulina) und 'Hommage à Bach' (von Henri Dutilleux) stellen eine augenscheinliche Verbindung zu Johann Sebastian Bach her. Doch auch klanglich sind die Anleihen der zeitgenössischen Komponisten an Bach deutlich hörbar.

In der Tonsprache des 'G-Songs' von Terry Riley (*1935) spürt man den Einfluss sofort. Die Transkription der Streichquartett-Komposition für Klavier erweitert Bachs Klangwelt durch Polyrhythmik. Rhythmische Pattern wiederholen sich und ergeben eine neue Art der Kontrapunktik mit Mitteln der Minimal Music. Sostmanns Spiel lässt dabei eine große Linie in der verzweigten Komposition entstehen, indem sie Tempo und Dynamik nur leicht variiert. Auf der gesamten Einspielung setzt sie vor allem auf Klangkultur, was ihr, auch dank der Aufnahmeleitung mit viel Raumklang, eindrucksvoll gelingt. Xiaoyong Chens (*1955) 'Diary III' ist auf dieser CD zum ersten Mal in einer Aufnahme zu hören. Der Komponist spielt mit der Klarheit der Musik Bachs und übersetzt diese in Stilmittel des heutigen Komponierens. Er nutzt den Klang des Nachhalls und den Multi-Frequenz-Effekt, indem das Pedal nach dem Anschlag einiger Töne lange gehalten wird, ohne dass neue Töne angeschlagen werden. Im Nachklang ergeben sich zahlreiche Interferenzen und ganz neue Klangstrukturen.

Den Rahmen bilden einige Stücke von Johann Sebastian Bach selbst. Den Beginn macht die getragene Melancholie der Toccata c-Moll BWV 911. Die sehr leichte Spielweise, durch die auch die kleinen fantasieartigen Zwischenspiele in der Fuge nicht herausfallen, bereitet den Hörer still und schlicht auf den vorherrschenden Tonfall der CD vor. Sostmanns Spiel ist durch eine Ausgewogenheit zwischen den Händen und den Stimmen in der Musik geprägt. Hohe Melodielinien besitzen bei aller pointierten Kürze der Verzierungen und schnellen Läufe klangvolle Substanz.

Mit Stücken von Gubaidulina und Arvo Pärt erklingen vor allem klare, reduzierte Werke. Pärts schlichter Stil nach seiner langjährigen Kompositionspause trifft sich sehr gut mit Sostmanns sanfter, auf Klanglichkeit konzentrierter Spielart. Andere Werke, wie Henri Dutilleux‘ 'Hommage à Bach' wurden vom Fluss der Stimmen in Bachs Musik beeinflusst: Über einem sich stetig bewegenden Grund tritt eine langsame Melodie hervor. Die Pianistin schafft eine geheimnisvolle Sphäre, indem sie die linke Hand zurücknimmt und jedem Ton der Melodie Gewicht gibt. Aus vereinzelten Punkten der Oberstimme ergibt sich durch den Untergrund als verbindendes Mittel ein faszinierendes Ganzes.

Das rauschende 'Prélude' der Englischen Suite Nr. 2 a-Moll BWV 807, geordnet und streng strukturiert im positiven Sinne, oder das Präludium und Fuge Nr. 6 in d-Moll BWV 851 aus dem 'Wohltemperierten Klavier' zeigen die agile und belebende Musik des Vorbilds Bach. Selbstverständlich darf auch Dmitri Schostakowitsch in der Liste der Bach-Nachfolger nicht fehlen. Aus seinen '24 Präludien und Fugen', die im Bachjahr 1950 entstanden sind, spielt Sostmann ebenfalls Präludium und Fuge in d-Moll. Hier lässt sie einmal kräftige, akzentuierte Töne erklingen. Die massigen Klänge zu Beginn im mäßigen Tempo durchbrechen eine der leisesten Stellen der CD – ein aufregender Kontrast.

Alexandra Sostmann gelingt eine Aufnahme, die sich auf den Raum der einzelnen Klänge und der Linien konzentriert. Ihr Anschlag ist wunderbar ausgeglichen und lässt weitschweifende Entwicklungen in der Musik erkennen, so wie sie in anderen Stücken ganz bewusst jeden einzelnen Ton heraushebt. Diese Gegensätze machen die CD sehr abwechslungsreich. Schlüssig ist die Programmzusammenstellung mit Konzentration auf der Weiterentwicklung Bachscher Elemente im Zusammenhang mit den Werken, auf die sie sich beziehen. Das macht das Programm interessant und als geschlossenes Ganzes nachvollziehbar. Die Verbindungen mit und Anleihen aus Bachs Musik sind leicht herauszuhören, selbst ohne Hintergrundwissen über die einzelnen Komponisten. Das knappe Booklet in Deutsch, Englisch, Französisch und Japanisch hält dieses Zusatzwissen für alle Interessierten in aller Kürze bereit.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




David Buschmann Kritik von David Buschmann,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    BACH & CONTEMPORARY MUSIC: Bach, Gubaidulina, Pärt, Chen, Riley, Dutilleux, Schostakowitsch

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
TYXart
1
10.01.2014
65:23
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4250702800361
TXA13036


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"CD "BACH & CONTEMPORARY MUSIC"
inkl. zwei Weltersteinspielungen

Alexandra Sostmann, Klavier

Ein Geflecht von Traditionen
Auf einzigartige Weise spürt die musikalische Auswahl der Pianistin Alexandra Sostmann den feinen Verzweigungen in der Geschichte der Klaviermusik nach. Bei aller historischen Distanz wird deutlich, dass Musik und Spiel in vielerlei Hinsicht aufeinander verweisen und dabei vielfältige Beziehungen zwischen barocker und zeitgenössischer Musik erkennen lassen.
Als wiederkehrendes Moment tritt die Musik Johann Sebastian Bachs innerhalb dieser CD in Erscheinung. Dieses Programm richtet sich jedoch nicht auf die großen Orgelkompositionen, sondern auf die ‘Claviermusik‘ Bachs.
Ob beispielsweise der ”G-Song” in den Kontext dieser CD, die die facettenreiche Verzweigung in der Musiktradition erklingen lässt, passt, beantwortet der Komponist Terry Riley mit einem »enthusiastic YES for this project«. Entdeckt man doch erst mit dem Ohr, dass im Barock die Polyphonie den Rhythmus gestaltet, wogegen in der Minimal Music die Polyrhythmik erst die Melodie erscheinen läßt.
Werke von Johann Sebastian Bach aus dem 18. Jahrhundert begegnen "neuen" Kompositionen der letzten 70 Jahre von Sofia Gubaidulina, Arvo Pärt, Xiaoyong Chen (*), Terry Riley (*), Henri Dutilleux und Dimitri Schostakowitsch - inklusive zweier Ersteinspielungen (*).

Sehen Sie das "Making-of-Video" zu diesem neuen CD-Album:
http://www.youtube.com/watch?v=ijOkE7BSEEs "


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TYXart

TYXart - the musicART label

TYXart ist es ein besonderes Anliegen, die emotionalen, geistigen und intellektuellen Anforderungen von Musikliebhabern mit hochwertigen künstlerischen Einspielungen zu erfreuen - und dass Tiefsinn, Humor, Stille, Kraft, Nachdenklichkeit, aber auch Lebensfreude, Jubel oder Trauer, also alles, was die musikalischen Befindlichkeiten des Menschen erhebt und befriedigt, in unseren Veröffentlichungen enthalten ist.

Es geht uns dabei nicht in erster Linie nur um "Berühmtheit" oder "Perfektionismus", sondern ums Humane, Originelle, Individuelle und um die begeisternden und begeisterten Interpretationen ungewöhnlicher Musiker, auch der ganz jungen. Jede CD ein Unikat! Das soll unser Motto sein. Dass sich unserem Konzept bereits mehrere außergewöhnliche und berühmte Künstler spontan anschließen, beruht auf deren Überzeugung von der Richtigkeit unseres Anspruchs.

Herausragende Musiker und Ensembles der Veröffentlichungen: Giora Feidman (Klarinette), Elena Denisova (Violine), Yojo (Klavier), Liana Issakadze (Violine), Alexander Suleiman (Violoncello), Corinne Chapelle (Violine), Carmen Piazzini (Klavier), Franz Grundheber (Bariton), Matthias Veit (Klavier), Nathalia Prishepenko (Violine), Alexandra Sostmann (Klavier), Franz Hummel (Komponist), Masako Sakai (Klavier), Ensemble del Arte (Kammerorchester), Vardan Mamikonian (Klavier), Jakob David Rattinger (Viola da Gamba), Werner Schneyder (Musik-Kabarett), TRIO ZERO, Sojka Quartett, Deutsches Saxophon Ensemble, Moscow Symphony Orchestra ...

Wir stellen zusammen mit unseren Künstlern in Serien wie z.B. "Modern Classics", "Rising Stars" oder "Crazy Edition" Aufsehen erregende Musikaufnahmen unserer Zeit ungewöhnlichen Interpretationen aus mehreren Epochen gegenüber, um ein breites Publikum auf die Lebendigkeit, Schönheit und Kühnheit neuer Kompositionen im Fokus radikaler oder besonders individueller Interpretationen traditioneller Werke aufmerksam zu machen. Lassen Sie sich auch jenseits von Mainstream-Bewegungen begeistern von den sensationellen Einspielungen der Künstler bei TYXart!


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