
Telemann, Georg Philipp - Ouvertüren
Interpretatorische Gleichmacherei
Label/Verlag: Arcana
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Obwohl das spieltechnische Niveau des Zefiro Baroque Orchestra sehr hoch ist, kann die Interpretation der Telemannschen Ouvertüren aufgrund mangelnder Ausdrucksdifferenzierung, Klangbalance und Spontanität nicht durchweg überzeugen.
Die mehrsätzige Ouvertüre war im 18. Jahrhundert eine wahre Modeerscheinung, vermochte sie doch die verschiedensten Tanz- und Suitensätze in mehrstimmiger Instrumentalbesetzung unter ein Dach zu bringen. Die französische Eleganz von Suitensätzen wusste auch der Universalkomponist Georg Philipp Telemann zu schätzen, der sich bekanntlich niemals davor scheute, nationale Stile zu vermischen und so gewissermaßen unterschiedliche stilistische Richtungen abzubilden. Geschickt kombiniert Telemann in den vorliegenden drei Ouvertüren die verschiedenen Charaktersätze und schafft damit ein abwechslungsreiches Gesamtbild.
Die Ouvertüren, die für diese Aufnahme ausgewählt wurden, werden jeweils mit drei Oboen besetzt – dies ist eher außergewöhnlich und spricht dafür, dass Telemann dem Streicherapparat einen gleichgroßen Bläserapparat gegenüberstellen wollte. Die drei Ouvertüren in D-Dur, d-Moll und B-Dur werden vom Zefiro Baroque Orchestra unter der Leitung von Alfredo Bernardini interpretiert. Nicht ungewöhnlich, aber durchaus erwähnenswert ist die Solobesetzung der Streicherstimmen, was für ein sehr durchsichtiges Klangbild sorgt.
Die vorliegende Interpretation kann jedoch leider nicht in jeder Hinsicht überzeugen. So verschiedenartig die von Telemann vorgenommene Zusammenstellung der einzelnen Ouvertürensätze ist, so wenig differenziert ist die Interpretation hinsichtlich der Ausdrucksvielfalt. Insgesamt musiziert das Ensemble mit einem satten, fundierten, aber teilweise auch recht schwerfälligen Klang, der wenig Raum für flexible Gestaltung lässt. Relativ dominant erscheint die Continuo-Gruppe, die zwar durchaus mit lebendigem Spiel aufwartet, aber mehrfach durch ihre klanglich vordergründige Präsenz die Feinheiten des Wechselspiels der Melodieinstrumente und den Variantenreichtum der Kompositionen ein wenig überdeckt.
Positiv hervorzuheben ist die lobenswert gute Intonation der drei Oboen, ihr aufeinander abgestimmtes, (wenngleich aber insgesamt zu wenig intuitives, spontanes) Spiel und die recht gute klangliche Balance zu den Streichern beispielsweise im Menuett I und II der D-Dur-Ouvertüre. Leider weniger überzeugend ist der zu wenig tänzerische und bodenlastige Charakter der Menuette in der B-Dur-Ouvertüre. Ein subtiles Gespür für den Ausdrucksreichtum der Telemannschen Musik kommt in vorliegender Aufnahme, die bereits 2010 entstand, zu kurz. Zwar zeigen Sätze wie die 'Combattans' in der Ouvertüre B-Dur ihre musikalische Wirkung, aber wirklich mitreißen und fesseln kann die vorliegende Interpretation leider nicht, obwohl die spieltechnischen Möglichkeiten der Musiker offensichtlich gegeben sind und ihre stilistische Kompetenz hoch ist. Besondere Anerkennung verdient aber der Autor des Booklettextes, Steven Zohn, dem mit seinem hochinformativen und gut fundierten Text eine vorbildliche Werkeinführung gelingt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Telemann, Georg Philipp: Ouvertüren |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Arcana 1 04.10.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
3760195733714 |
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