> > > Staatskapelle Dresden spielt: Werke von Busoni, Pfitzner & Reger
Samstag, 23. September 2023

Staatskapelle Dresden spielt - Werke von Busoni, Pfitzner & Reger

Wunschehe


Label/Verlag: Profil - Edition Günter Hänssler
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Mitschnitte von Konzerten aus der Zeit, als Thielemann noch nicht Chefdirigent der Dresdener Staatskapelle war, zeigen ein Musizieren auf höchstem Niveau, das im Hinblick auf Regers 'Romantische Suite' eine moderne Referenz zeitigt.

Die Verbindung Christian Thielemanns mit der Staatskapelle Dresden darf getrost als Wunschehe bezeichnet werden. Schon bevor er offiziell die Leitung des traditionsreichen Orchesters übernahm, profilierte er sich mit den hier vorgelegten Interpretationen aus dem Jahre 2011, wie sie viele andere bestens aufeinander eingespielte Chefdirigenten und ihre Orchester selbst nach langer intensiver gemeinsamer Arbeit manchmal nicht erreichen. Schon der am frühesten zu datierende Mitschnitt, Max Regers Romantische Suite op. 125, wird in einer Referenzinterpretation vorgelegt, die in dieser Qualität nur ein einziges Mal zuvor auf Tonträger vorgelegt wurde (vor weit mehr als fünfzig Jahren durch Willem van Otterloo). Die orchestrale Brillanz, die klangliche Wärme der Streicher der ‚Wunderharfe‘, alle Fähigkeiten des Orchesters nutzt Christian Thielemann zu einer hochdifferenzierten, in seiner dynamischen Abstufung exemplarischen Interpretation. Bekanntlich hat Reger seine Partituren mit einer extremen Vielzahl an dynamischen Angaben versehen, von vielen Interpreten als Überzeichnung angesehen, von Wolfgang Rihm einmal als ‚Übermöblierung‘ bezeichnet. Dass dem nicht so ist, erweist die vorliegende Aufführung vom 1. Juni 2011: Hier erlangen die Unterscheidungen zwischen dreifachem Piano bis dreifachem Forte eine bezwingende logische Begründung, die gerne als Regers Hommage an Debussy verstandenem Werk eine durchaus eigene, unfranzösische Aura verleiht. Diese Raffinesse hat nur einen winzigen Nachteil: Thielemann kann nicht exakt Regers Tempovorschriften folgen. Dennoch erleben wir hier eine rare Sternstunde der Regerinterpretation, die den Geist der Komposition und das kompositorische Konzept zutiefst durchdringt.

Doch nicht nur in Sachen Reger leisten die Staatskapelle Dresden und Christian Thielemann Vorbildliches: das 'Nocturne symphonique' op. 43 zeigt hier in Ferruccio Busoni einen Komponisten, der weitaus mehr zur Musik des 20. Jahrhunderts beigesteuert hat als gemeinhin bekannt, der trotz eines eher überschaubaren Gesamtœuvres immer noch teilweise verkannt wird. Die Bedeutung feinster Klangschattierungen wird unter Thielemanns Händen nahezu physisch greifbar, Verbindungen zwischen Mahler, Schönberg und Hindemith werden offenbar, darüber hinaus aber auch die internationale Bedeutung Busonis, sein Einfluss auf ganze Komponistengenerationen des 20. und 21. Jahrhunderts.

Seit langem führt Hans Pfitzners Musik ein Schattendasein, nicht zuletzt wegen vieler problematischer Äußerungen des streitbaren Komponisten, seiner Verbundenheit einer ‚deutschen Kunst‘ gegenüber, die ihn zu Lebzeiten in unleugbare Nähe zum Nationalsozialismus brachten. Sein vielfach als unspielbar bezeichnetes Klavierkonzert Es-Dur op. 31 ist in letzter Zeit etwas häufiger zu hören. Wir erleben hier eine facettenreiche, ausgesprochen vitale Interpretation des viersätzigen Werkes, das wie Regers 'Romantische Suite' durch die Dresdner Staatskapelle uraufgeführt worden war (der Pfitzner durch Fritz Busch, der Reger durch Ernst von Schuch). Man versteht Thielemanns Begeisterung über seinen Solisten Tzimon Barto, der die große Geste des Werks ebenso beherrscht wie die diffizilen Pianostellen. Ein paar winzige Fehlerchen im Eifer des hitzigsten Gefechts stören keineswegs den großen Eindruck, den Barto, Thielemann und die Dresdner hinterlassen; wir haben hier keinesfalls ein Werk der zweiten Reihe, sondern einen zentralen Beitrag zum Klavierkonzert im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, in einer außerordentlichen Darbietung, mit starkem Charakter und offenkundiger Aura.

Es wird nicht überraschen, dass die MDR-Aufnahmequalität in allerbester Weise den Werken dient; ebenso überrascht nicht, dass das Begleitbooklet (von 64 Seiten Umfang), wie in der Reihe Edition Staatskapelle Dresden üblich, äußerst generös in der Gestaltung wie im Inhalt ist. Hierbei beschränkt sich Dramaturg Tobias Niederschlag nicht auf die reinen werkbezogenen Daten, sondern gibt auch Einblicke in die Perspektive der Interpreten, die das Ganze überzeugend abrunden. Eine außerordentlich erfreuliche, nahezu rundum empfehlenswerte Produktion (bei der man höchstens fragen kann, warum die 80‘51“ Gesamtdauer nicht wie heute durchaus möglich auf eine CD gebracht wurden).

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Staatskapelle Dresden spielt: Werke von Busoni, Pfitzner & Reger

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Profil - Edition Günter Hänssler
2
23.09.2013
Medium:
EAN:

CD
881488120165


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Profil - Edition Günter Hänssler

Profil - The fine art of classical music
EDITION GÜNTER HÄNSSLER - EIN LABEL MIT "PROFIL"
Bei der Gründung seiner "EDITION GÜNTER HÄNSSLER" und dem neuen Label "PROFIL" betrat Produzent Günter Hänssler, der ehemalige Chef des erfolgreichen Labels Hänssler Classics, mit einer ganz klaren Philosophie und Zielsetzung den Klassik-Markt:
"Nur ein Label mit einem klaren PROFIL, mit einem eindeutigen Wiedererkennungseffekt hat heute noch eine Chance auf dem heiß umkämpften CD-Markt - um die Liebhaber klassischer Musik heute mit einem Produkt zu überzeugen braucht man Originalität, Innovation und optimierte Vertriebswege."
Der Name PROFIL ist Programm. Günter Hänssler denkt in Serien. Nur groß angelegte Projekte haben heute noch eine Chance, sich nachhaltig auf dem Markt wiederzufinden. So entstanden international hoch gepriesene und mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnete Editionen wie die EDITION STAATSKAPELLE DRESDEN oder die GÜNTER WAND EDITION.
Die Repertoire-Politik ist charakteristisch. Eine Auswahl erster internationaler Künstler finden sich im Programm von PROFIL ebenso wieder wie erfolgreiche Newcomer der Klassikszene, darunter das mehrfach preisgekrönte Klenke-Quartett, das in der Interpretation von Kammermusik in den letzten Jahren neue Maßstäbe setzen konnte.
Ergänzt wird das Repertoire durch ausgewählte, digital aufwendig restaurierte historische Aufnahmen, Interpretationen von legendärem Ruf in neuer, bisher nicht gekannter digitaler Klangqualität. Auf diese Weise schlägt PROFIL die Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart und versteht sich so auch als Bewahrer musikalischer Traditionen.
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