
Szymanowski, Karol - Sinfonien Nr. 3 & 4
Polnische Moderne
Label/Verlag: LSO Live
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Gergiev dirigiert die Dritte und Vierte Sinfonie von Karol Szymanowski. Die sinnliche Interpretation wird durch das blasse Klangbild eingeschränkt.
Mit dem London Symphony Orchestra und dem Orchester des Mariinsky Theaters St. Petersburg hat Valery Gergiev in letzter Zeit mehrfach Orchesterwerke russischer und anderer osteuropäischer Provenienz aufgenommen. Hierzu zählt eine Gesamtaufnahme der vier Sinfonien des polnischen Komponisten Karol Szymanowski (1882-1937) mit dem LSO und dazugehörigen Solisten sowie dem London Symphony Chorus. Vorliegende SACD bildet den zweiten Teil der Gesamteinspielung mit den Sinfonien Nr. 3 und 4. Hinzu kommt das zwar kurze, aber dafür reizvoll verdichtete 'Stabat Mater'.
Zwischen Chopin und Debussy
In der Gegenwart ist der Name Szymanowski kein unbekannter mehr. Die Wiederentdeckung seiner Werke dauert bereits seit Jahrzehnten an. Gleichwohl ist seine Musik im internationalen Konzertleben nach wie vor unterrepräsentiert. Auf Tonträger sieht es etwas besser aus. So gibt es zum Beispiel eine wunderbare Aufnahme der Dritten Sinfonie 'Lied der Nacht' mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Jansons, die klangqualitativ Gergiev und das LSO in den Schatten stellt. Unter anderem ihre raffinierte Instrumentation und die sinnliche Harmonik verleihen der Dritten und der Vierten Sinfonie großen Reiz. Während die Vierte als ‚Symphonia Concertante‘ quasi ein Klavierkonzert mit Bartókschem Anstrich ist – Denis Matsuev gibt den Solopart mit souverän großem Ton –, trägt die Dritte chorsinfonische Züge und weist zudem ein Tenorsolo auf. Letzteres klingt hier mit Toby Spence eng in der Höhe; dafür sind die typischen Steigerungspassagen in Chor und Orchester von bezwingender Intensität. Der Text des islamischen Suffi-Mystikers Rumi wird vom LSO Chorus in polnischer Übertragung adäquat und erwartungsgemäß hochprofessionell wiedergegeben. Überhaupt findet die Rede vom Details einebnenden Dauerespressivo Gergievs auf dieser Aufnahme keine Entsprechung. Der gleichsam organische Fluss der Musik, ihr zwar gedämpfter, doch stark sinnlich ausgeprägter Modernismus werden von Gergiev mit viel Übersicht und differenziert gestaltet, so dass auch die Instrumentalsoli gut zum Vorschein gelangen. Exemplarisch verdeutlicht dies das 'Stabat Mater', in dem das In- und Gegeneinander von Orchester, Vokalsoli und Chor angenehm ausgewogen erscheint. Zumal mit Sally Matthews, Ekaterina Gubanova Kostas Smoriginas erstklassige Kräfte bereitstehen.
Klangbild
Bei allen diesen Vorzügen leidet die SACD an einem zu gedämpften und zu wenig brillanten Klangbild. Auf einem Standard-SACD-Player und mit Standardboxen entsteht der Eindruck, als würde nur die Hälfte der im Londoner Barbican aufgezeichneten Musik im Wohnzimmer ankommen. Auf die klangfarbliche und ganz allgemeine Präsenz und Qualität wirkt sich das negativ aus. Szymanowskis schillernde Instrumentation, die gerade in der Dritten die verblüffendsten Effekte aufweist, gelangt so nur eingeschränkt zur Geltung und wirkt seltsam blass. Hält man die Jansons-Aufnahme der Dritten dagegen, wird sofort offenkundig, dass hier viel mehr möglich gewesen wäre. So bleibt am Ende eine nicht ganz überzeugende Aufnahme einer live im Konzertsaal wohl überzeugenden Interpretation.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Szymanowski, Karol: Sinfonien Nr. 3 & 4 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
LSO Live 1 01.09.2013 |
Medium:
EAN: |
SACD
822231173922 |
![]() Cover vergössern |
LSO Live Einspielungen des Labels LSO Live vermitteln die Energie und Emotion der großartigsten Aufführungen mit höchster technischer Qualität und Finesse.
Liveaufzeichnungen bedeuteten früher gewöhnlich Kompromisse, aber heutzutage kann mit Hilfe der besten Aufnahmetechnik im Konzertsaal die Vitalität festgehalten werden, die im Studio so schwer nachzustellen ist. Seit 2000 veröffentlichte das LSO Live über 80 Alben und nahm zahlreiche Preise entgegen. Das London Symphony Orchestra war schon früher das am meisten aufgenommene Orchester der Welt, hatte es doch für zahlreiche Plattenfirmen gearbeitet und viele der berühmtesten Filmmusiken eingespielt. Die Investition in unsere eigenen Aufnahmen ermöglicht dem Orchester jedoch abzusichern, dass jede Veröffentlichung den höchsten Qualitätsansprüchen genügt und das Hören der besten Musik allen Menschen zugänglich ist. Das LSO Live war eines der ersten klassischen Plattenfirmen, die Downloads anboten, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Wir geben auch unsere Einspielungen im SACD Format (Super Audio Compact Disc) heraus. SACDs lassen sich auf allen CD-Spielern abspielen, ermöglichen aber den Hörern mit speziellen SACD-Spielern den Genuss eines hochaufgelösten, mehrkanaligen Klangs.
London Symphony Orchestra Heute gibt das LSO ungefähr 70 Konzerte pro Jahr in London und bis zu 90 auf Tournee. Es ist regelmäßig auf Konzertreise durch Europa, Nordamerika und im Fernen Osten. Waleri Gergijew ist seit 2007 Chefdirigent des LSO und Sir Colin Davis sein Präsident. Das LSO organisiert auch das in der Welt am längsten laufende und umfangreichste Bildungsprogramm eines Orchesters: LSO Discovery. Mit seinem Sitz im Londoner Musikbildungszentrum LSO St Lukes schafft Discovery die Möglichkeit für Menschen aller Altersgruppen und Veranlagungen, mit Musikern des LSO zusammenzuarbeiten, etwas über Musik zu lernen und ihre Fertigkeiten zu entwickeln. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Von Dr. Aron Sayed zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:
-
Osteuropäische Moderne: Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons interpretieren bekannte und unbekannte Werke von Lutoslawski, Szymanowski und Alexander Tschaikowsky. Das lohnt sich. Weiter...
(Dr. Aron Sayed, 29.07.2011)
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag LSO Live:
-
Tönendes Psychogramm: Simon Rattle und das London Symphony Orchestra fördern neuartige Tiefenschichten in Beethovens Christus-Oratorium zutage. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Durchwachsene CD-Premiere: Diese Einspielung punktet weniger musikalisch als durch wertvolle Erschließung der Quellenlage. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
-
Großer Schumann, Teil II: John Eliot Gardiner und das London Symphony Orchestra zeigen erneut ihr symphonisches Können. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Aron Sayed:
-
Frühe Reife: Can Çakmurs Schubert und Schönberg lässt kaum Wünsche offen. Weiter...
(Dr. Aron Sayed, )
-
Antikisierendes Gezwitscher: Respighis Orchesterbearbeitungen alter Tänze sind eine kurzweilige Angelegenheit. Weiter...
(Dr. Aron Sayed, )
-
Schostakowitsch für die Gegenwart: Eine vielseitige Edition der Schostakowitsch-Sinfonien Nr. 8 bis 10 der Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko. Weiter...
(Dr. Aron Sayed, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Großes Violinkonzert – großartig interpretiert: Ewelina Nowicka und das Polish National Radio Symphony unter Zygmunt Rychert meistern (unbekannte) Violinwerke von Ludomir Różycki. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Mehr Fantasie als Ordnung: Federico Colli fasziniert und irritiert mit Klavierwerken W. A. Mozarts. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Lohnende Neuauflage: Hochwertige Liszt-Aufnahmen von Michael Korstick, gesammelt in einer neuen Edition. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
Portrait

"Casals kämpfte für den Frieden."
Roger Morelló über seine neue CD, die dem katalanischen Cellisten Pau Casals gewidmet ist.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich