
Schütz, Heinrich - Il Primo Libro de Madrigali
Schütz als Madrigalist
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Man sollte es ruhig gelegentlich betonen: Heinrich Schütz war ein herausragender Madrigalkomponist. Auf der vorliegenden Platte wird das vom Ensemble Sette Voci unterstrichen, von Peter Kooij umsichtig geleitet.
Es ist für die deutsche Rezeption Heinrich Schütz‘ eine durchaus ungewohnte Perspektive: Man kann, wie es Fritz Krämer im lesenswerten Booklet-Essay der aktuellen Einspielung der Madrigale des Opus 1 vorschlägt, Schütz ausweislich dieses 1611 gedruckten ‚ersten musicalischen Werckleins‘ als Madrigalisten von Rang beschreiben, in einer Reihe und auf Augenhöhe mit solchen Größen wie Monteverdi, Gesualdo oder Marenzio befindlich.
Denn die neunzehn Arbeiten dieser Sammlung bilden ein vollgültiges, auf der Höhe der Zeit befindliches Madrigalbuch von höchst individuellem Zuschnitt. Schütz zeigt sich bereits hier dezidiert und sensibel in der Ausgestaltung des Verhältnisses von Text und Musik, auch überzeugt er mit dem durchdachten Einsatz der durchaus nicht mehr in ihrer Gesamtheit gebräuchlichen Kirchentonarten, je den Affekten zugeordnet. Natürlich ist diese Musik – quasi als Abschlussarbeit der Lehrzeit bei Giovanni Gabrieli – gelehrt und durchdacht, offenbart diese Qualitäten auch. Doch ist sie zugleich intensiv empfunden, klangsinnlich und affektstark – in der Verbindung dieser verschiedenen Sphären also höchst kunstfertig im besten Sinne, ein vollgültiges Meisterwerk des gerade 25jährigen. Diese frühe Höhe der Kunst bei Schütz ist tatsächlich immer wieder beeindruckend.
Nobel und souverän
Der niederländische Bassist Peter Kooij hat sich Schütz‘ Opus 1 mit seinem Ensemble Sette Voci vorgenommen. Das ist eine Formation, bestehend aus hochpotenten, auch solistisch überaus erfolgreichen jungen Stimmen. Angeführt von den Sopranen Hana Blažiková und Zsuzsi Tóth singen unter anderem die Altistin Margot Oitzinger, die Tenöre Satoshi Mizukoshi und Jan Kobow, schließlich der famose Bass Dominik Wörner. Das Diskantregister ist leuchtend klar, leicht und elegant; beide Soprane singen ihre Partien mit lebendiger Brillanz und einiger Mühelosigkeit. Dominik Wörner ist mit seiner konturenklaren Tiefe, seiner Wärme und Durchdringungsfähigkeit der Fixpunkt im Fundament des Satzes. Die Mittelstimmen fügen sich elegant und absolut stimmig in das durchaus gelegentlich heikle Geflecht der abwechslungsreichen Sätze Schütz‘ ein. Neben der klanglichen Noblesse und einer höchst kultivierten Expressivität bringen die Vokalisten auch die Bereitschaft und Befähigung zur geschmackvollen Überzeichnung ein, so im beziehungsreichen 'Feritevi, ferite'.
Peter Kooij lässt das vokale Geschehen angemessen instrumental grundieren: Ein fein artikulierter Violone von Armin Bereuther überzeugt ebenso wie der von Julian Behr delikat gespielte Chitarrone oder die von Lorenzo Feder immer wieder mit klangvoller Vollgriffigkeit traktierten Orgel und Cembalo. Kooij wählt die Tempi durchaus flüssig und belebt, dabei ohne Hast und mit reicher Binnendifferenzierung. Intoniert wird stabil und frei, bei aller wünschenswerten Leichtigkeit des Ensembleklangs. Die Artikulation erweist sich als agil, die vielen kleinteiligen Impulse glücklich aufgreifend – da wird eine Menge sängerischer Energie auf höchst elegante Weise entfaltet. Im Kontrast dazu stehen edle Lyrismen. Das Klangbild ist klar, plastisch und überzeugend gestaffelt, mit glänzender Höhendisposition. Es ist zugleich latent bassunfreundlich, was Dominik Wörner freilich mit seiner unglaublichen Präsenz weitgehend ausgleicht.
Sette Voci und Peter Kooij unterstreichen die eindeutige Überlegenheit des solistischen Ansatzes in diesem Repertoirebereich bei Schütz. Sie nutzen die Möglichkeiten der Besetzung überzeugend aus und stellen eine wirklich runde Deutung dieses ersten und einzigen Madrigalbuchs aus der Feder Heinrich Schütz‘ vor, die in der nicht allzu langen Reihe weiterer Einspielungen klar bestehen kann.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Schütz, Heinrich: Il Primo Libro de Madrigali |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203711024 |
![]() Cover vergössern |
Schütz, Heinrich |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Alter Mann und 'wilde Hummel': Dieser 'Pimpinone' ist nicht nur stimmlich und instrumental eindrucksvoll besetzt, sondern ist obendrein eine wichtige Ergänzung zur mehr als nur übersichtlichen Diskographie des Werks. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
-
Reflektiertes aus Hamburg: Zwei Telemann-Oratorien in Weltersteinspielungen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Vollendete Kammermusik: Etwa zu lange musste der interessierte Hörer auf diese CD mit Klavierkammermusik von Ferdinand Hiller warten. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Matthias Lange:
-
Brahms der späten Jahre: Wach und feingliedrig, strukturklar und klangsensibel: Herbert Blomstedt kennt seinen Brahms und gibt ihm im Zusammenspiel mit dem Gewandhausorchester Leipzig Raum zum Atmen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Mit Ambition: Rudolf Lutz und seine Ensembles der St. Gallener Bach-Stiftung sind hier mit besonderen Schmuckstücken zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre zu hören: Inspiriert und in Hochform. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Betrachtungen am Grab: Michael Alexander Willens und die Kölner Akademie reihen sich vernehmlich in die Riege der aktuellen Heinichen-Exegeten ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Alter Mann und 'wilde Hummel': Dieser 'Pimpinone' ist nicht nur stimmlich und instrumental eindrucksvoll besetzt, sondern ist obendrein eine wichtige Ergänzung zur mehr als nur übersichtlichen Diskographie des Werks. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
-
Brahms der späten Jahre: Wach und feingliedrig, strukturklar und klangsensibel: Herbert Blomstedt kennt seinen Brahms und gibt ihm im Zusammenspiel mit dem Gewandhausorchester Leipzig Raum zum Atmen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Drei aus Sechs: Diese Erkundung französischer Klaviermusik macht Appetit auf mehr. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich