
Atterberg, Kurt - Sinfonien Nr. 4 & 6
Brillante Orchesterleistung
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Neeme Järvi startet einen Atterberg-Zyklus. Sein Plädoyer für diesen Komponisten klingt extrem überzeugend.
Mit 81 Jahren wurde Kurt Atterberg (1887-1974) gezwungen, in den Ruhestand zu treten. Bis dahin hatte er beim schwedischen Patentamt gearbeitet und protestierte scharf gegen seine Pensionierung. Wie gut also, dass es für Komponisten keine Altersgrenze gibt. Die Werke der vorliegenden Platte allerdings komponierte Atterberg wesentlich früher, im Alter zwischen 31 und 46 Jahren.
Auch für Dirigenten gibt es keine Altersgrenze, jedenfalls nicht für die ganz großen. Neeme Järvi, inzwischen immerhin auch schon 75, scheint unermüdlich. Nach wie vor produziert er eine Platte nach der anderen, und nun hat er Orchesterwerke Kurt Atterbergs beim Label Chandos vorgelegt. Erstaunlich an dieser regen Aufnahmetätigkeit ist die Qualität der meisten Produktionen. Außerdem widmet sich Neeme Järvi dankenswerterweise immer wieder unbekanntem Repertoire und ist schon damit unter den namhaften Dirigenten eine Ausnahmeerscheinung.
Der estnische Dirigent ist für die offenbar als Beginn eines Atterberg-Zyklus konzipierten Aufnahmen ans Pult der Göteborger Symphoniker zurückgekehrt, deren Chef er von 1982 bis 2004 war. Das Orchester spielt unter seiner Leitung hervorragend, das humoristische Finale der Sechsten Symphonie Kurt Atterbergs ist eine absolut brillante Orchesterleistung, die ihresgleichen sucht. Auch sonst klingt die Balance der Instrumentalgruppen absolut vorbildlich, die Bläser, etwa im hinreißend schönen langsamen Satz der Vierten Symphonie mit wichtigen Aufgaben betraut, spielen sehr sauber und ausgewogen. So gespielt wirkt das Plädoyer Järvis und der Göteborger für Kurt Atterberg extrem überzeugend. Das Ganze ist auch noch perfekt aufgenommen, mit angenehmem, sehr transparentem Klang und scharfen, plastisch wirkenden Konturen.
Dass Atterbergs Musik – obschon es seit Jahren eine Gesamtaufnahme seiner Symphonien gibt – heute weitgehend vergessen ist, überrascht etwas. Gewann er mit seiner Sechsten Symphonie doch im Jahre 1928 einen Wettbewerb, zu dem 500 Komponisten ihre Werke einschickten. Folglich wurde seiner wegen des Preisgelds sogenannten ‚Dollarsymphonie‘ weltweite Aufmerksamkeit zuteil. Atterberg scherte sich nicht um die avantgardistischen Tendenzen des 20. Jahrhunderts (das tat übrigens der weitaus größte Teil der Komponisten nicht) und sah sich selbst als ‚Nationalklassizisten‘. Seine Musik ist leicht verständlich, kraftvoll und eingängig, zudem fasste er sich angenehm kurz: 20 Minuten dauert die Vierte Symphonie ('Sinfonia piccola'), 27 Minuten die Sechste. Die Platte enthält daher noch eine 'Värmland-Rhapsodie', die zum 75. Geburtstag der Schriftstellerin Selma Lagerlöf entstand sowie die Suite Nr. 3 für Violine, Viola und Streichorchester, hier gespielt von der Göteborger Konzertmeisterin Sara Trobäck Hesselink und dem Stimmführer der Bratschen Per Högberg.
Das Beiheft bildet mit seiner informativen Einführung das I-Tüpfelchen einer rundum gelungenen Produktion.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Atterberg, Kurt: Sinfonien Nr. 4 & 6 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Chandos 1 01.03.2013 |
Medium:
EAN: |
SACD
095115511626 |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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