
Trio Martinu spielt - Werke von Tschaikowski & Martinu
Sahnige Geschmeidigkeit
Label/Verlag: Musicaphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das tschechische Ensemble Trio Martinů spielt Tschaikowsky und Martinů und überzeugt mit einer technisch einwandfreien, schlichten und doch spannend gestalteten Interpretation. Durchweg ein sahniger Ohrenschmaus.
In vorliegender Einspielung präsentiert sich das tschechische Trio Martinů auf geschmeidig ausdrucksvolle Weise mit Peter Tschaikowskys bekanntem Trio a-Moll op. 50 sowie dem Trio Nr. 2 d-Moll seines landsmännischen Komponisten Bohuslav Martinů. Das Ensemble wurde bereits 1990 von Studenten des Prager Konservatoriums gründet und besteht seit 1993 unverändert aus der Besetzung Pavel Šafařík, Violine, Jaroslav Matějka, Violoncello und Petr Jiříkovský, Klavier. Das Trio tritt regelmäßig weltweit, insbesondere aber in Europa, auf und veröffentlichte im Laufe ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit etliche Aufnahmen.
Die beiden auf dieser CD veröffentlichten Werke wurden im Rahmen zweier Konzerte aufgenommen, die an unterschiedlichen Orten – im Rudolfinum in Prag sowie in der Rosario-Kirche im belgischen Bever – stattfanden. Die akustischen Unterschiede beider Liveaufnahmen sind jedoch mitnichten wahrzunehmen. Ganz im Gegenteil: Es wird beinahe Studioqualität erreicht. Der Klang ist reich an Obertönen, angemessenem Hall und ohne Störgeräusche aus dem Publikum. Dabei richtet sich die Balance zwischen den einzelnen Instrumenten stets flexibel nach den Gegebenheiten in der Musik, sodass beispielsweise neuen Themeneinsätze sehr deutlich zu hören sind. Der einzige anzuführende Makel sind die leicht wahrzunehmenden Einatemgeräusche von einem der Musiker. Dies tut aber der qualitativ hochwertigen Interpretation und musikalischen Leistung keinerlei Abbruch.
Technisch überzeugend und zugleich sinnlich belebt
Technisch sowie intonatorisch können die drei tschechischen Musiker auf ganzer Linie überzeugen. Einwandfrei gelingen ihnen schnelle Läufe, großgriffige Akkorde, komplizierte Rhythmen, tupfende Pizzicati oder weitgriffige Arpeggi. Und dies nicht nur als Einzelleistung, sondern absolut präzise auch im Kollektiv. So verschmelzen die Musiker immer wieder zu einem in sich homogen voranschreitenden Organismus. Parallelpassagen der beiden Streicher wirken einem einzigen Instrument entsprungen und auch bei dem Pianisten Petr Jiříkovský klappert nicht einer der vielen vollgriffigen Akkorde. Das Trio Martinů beschränkt sich aber nicht nur auf technische Perfektion, sondern verbindet diese mit verstehend-empfundenem musikalischem Ausdruck. Dabei vermögen die drei Musiker es, die Musik mit geschmeidiger Leichtigkeit und geistreicher Sinnlichkeit zu beleben, sie mit wohltuender Energie zu erfüllen, Schlichtheit zu bewahren und den Zuhörer mit ihrer ausgesprochen differenzierten Interpretation zu fesseln, sodass das Zuhören wahrlich zum Genuss wird. Erwähnenswert sei an dieser Stelle beispielsweise, dass Ritardandi sehr sparsam und nur dann, wenn sie als gewichtiges Ausdrucksmittel dienen sollen, eingesetzt werden. Das trägt zum positiven Gesamteindruck bei.
Spannende Gestaltung
Beeindruckend ist, mit welch eingehender Intensität die verschiedensten Charakterzüge der Kompositionen vorgetragen werden. Ob kraftvolle Passagen im Forte oder Fortissimo, die im Übrigen niemals brutal wirken, sondern immer weich und glänzend bleiben, oder filigrane Stellen im Piano – die Musik bleibt von Anfang bis Ende spannend. Dies ist auch deswegen hervorzuheben, weil die Komposition von Tschaikowsky, insbesondere der zweite Satz, bei dem es sich um zwölf Variationen einer Melodie handelt, sehr häufig Themenwiederholungen vorsieht. Pavel Šafařík, Jaroslav Matějka und Petr Jiříkovský gelingt es jedoch, die Wiederholungen jedes Mal anders zu gestalten und mit neuem Charme zu versehen, als würde die Melodie zum allerersten Mal erklingen. Sehr wendig erzeugen sie immer wieder neue, für den Zuhörer sofort klar zu erfassende Stimmungen. Die Musik erhält so ein hohes Maß an Plastizität und bildhafter Sprache. Dabei wirken alle Charakterwechsel in der Musik, ob in Tempo, Dynamik, Balance oder Klangfarbe stets homogen und nicht nur ausgesprochen gut durchdacht, sondern auch innerlich mitempfunden.
Absolut hörenswerte Musik
Dass sich die drei Musiker mit dem Komponisten Martinů identifizieren, wird nicht nur aus dem Namen des Ensembles, sondern auch an ihrer Gestaltungsweise von dessen Trio Nr. 2 d-Moll deutlich. Elegant setzen sie diese stilistisch vielfältige, farbenfrohe Musik um und gestalten sie mit interessanten Nuancen. Obwohl dieses Werk verhältnismäßig kurz und eher unbekannt ist, bildet es mit seinem Reichtum an Charakterzügen, Farben und musikalischen Mitteln einen hervorragenden Abschluss für diese CD, auf den sich der Zuhörer nicht nur wegen der erstklassigen Interpretation, sondern auch wegen der Musik an sich freuen kann.
Booklet nur mittelmäßig
Das Booklet kann leider mit der musikalischen Glanzleistung nicht mithalten. Es ist überschaubar gehalten, enthält übersichtlich die wichtigsten Daten zu Werk, Interpreten, Komponisten und Aufnahmeorten sowie Texte in Deutsch, Englisch und Tschechisch. Dazu findet sich im Booklet ein kurzer Text, vom Pianisten verfasst, in persönlichem, leicht gehaltenem Stil, allerdings nicht ganz fehlerfrei, dafür aber sehr sympathisch. Der Abschnitt, in dem das Trio Martinů vorgestellt wird, wirkt hingegen fast überheblich, da die Attribute zum Eigenlob überaus häufig gebraucht werden und dadurch die stilistische Verschiedenheit innerhalb des Booklets inhomogen stark auseinander klafft. Aber allein die Kürze zeigt, dass die Musik für sich sprechen soll – und das kann und tut sie auch.
Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass die vorliegende Aufnahme mit dem Trio Martinů technische Professionalität, differenzierte Ausdruckstärke, schlichte Emotionalität und klangliche Geschmeidigkeit vereint. Es bereitet Freude, die lebendige Vielfältigkeit in der Musik mitzuerleben.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Trio Martinu spielt: Werke von Tschaikowski & Martinu |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Musicaphon 1 13.02.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
4012476569352 |
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Musicaphon Ende der 50er Jahre gründete Karl Merseburger, Inhaber des Tonkunstverlages in Darmstadt, das Label CANTATE. Etwa zur gleichen Zeit rief Karl Vötterle (Bärenreiter-Verlag) in Kassel MUSICAPHON ins Leben. In beiden Fällen sollte vorrangig das jeweilige Verlagsprogramm auf Tonträgern dokumentiert werden. Nachdem Merseburger den Tonkunstverlag 1963 aufgeben mußte, übernahm Bärenreiter das Label CANTATE und führte beide gemeinsam unter dem Dach der 1965 gegründeten Vertriebsfirma "Vereinigte Schallplattenvertriebsgesellschaft Disco-Center" fort. Auf beiden Labels erschienen in den 60er und 70er Jahren bedeutende Aufnahmen. Besondere Schwerpunkte setzte Wilhelm Ehmann, Leiter der Westfälischen Kantorei in Herford, mit seinen historischer Aufführungspraxis verpflichteten Interpretationen der Werke von Heinrich Schütz. Bach-Kantaten wurden von Helmuth Rilling mit der Gächinger Kantorei und dem Figuralchor der Gedächtniskirche Stuttgart eingespielt. MUSICAPHON gewann daneben Profil mit der Veröffentlichung musikethnologischer Aufnahmen, herausgegeben von der UNESCO (Musik des Orients und Musik Afrikas) bzw. vom musikwissenschaftlichen Institut der Universität Basel (Musik Ozeaniens und Musik Südostasiens). 1994 erwarb der Musikwissenschaftler Dr. Rainer Kahleyss (Kassel) die Label, 1996 auch die Vertriebsfirma von Bärenreiter, die jetzt als "Klassik Center Kassel" firmiert. Seitdem werden auf CANTATE geistliche Musik, auf MUSICAPHON weltliche Musik vom Frühbarock bis zur Gegenwart veröffentlicht. Auch für die Rezeptionsgeschichte bedeutsame Aufnahmen der Altkataloge werden sukzessive auf CD umgestellt. Mehr Info... |
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