
Clytus Gottwald: Hymnus an das Leben - Transkriptionen für gemischten Chor a cappella: Werke von Schumann, Franz u.a.
Bereichernd in jeder Hinsicht
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Nicht nur hörenswert, sondern bereichernd ist die neue CD des KammerChors Saarbrücken. Unter der Leitung von Georg Grün geht es auf eine Reise durch die Romantik mit Transkriptionen für Chor a cappella, eingerichtet von Clytus Gottwald.
Der KammerChor Saarbrücken geht mit Clytus Gottwald in die zweite Runde. Nachdem 2005 bereits eine erste CD mit a cappella-Transkriptionen bei Carus erschienen ist (klassik.com berichtete), erscheint jetzt eine weitere CD, die sich überwiegend dem Repertoire der deutschen Hochromantik widmet. Unter dem Titel ‚Hymnus an das Leben‘ sind 26 Transkriptionen für Chor a cappella von Clytus Gottwald enthalten. Es handelt sich in den meisten Fällen um Bearbeitungen von Liedern von Robert Schumann, Robert Franz, Johannes Brahms, Franz Liszt, Hans Sommer, Friedrich Nietzsche, Peter Cornelius, Maurice Ravel und Claude Debussy. Unter den 26 Titeln finden sich gleich 24 Welterstaufnahmen! Doch nicht alleine das macht die CD hörenswert.
Genial transkribiert
Selbsterklärte Idee von Clytus Gottwald ist es, die Repertoirelücke von a cappella-Musik der Zeit um die Wende vom 19. und 20. Jahrhundert durch Transkriptionen vorhandener Werke zu schließen. Dazu bedient er sich in vielen Fällen bei den Liedern, vereinzelt auch den Instrumentalsätzen der romantisch-impressionistischen Epoche. Ohne sich zu weit vom musikalischen Material zu entfernen, schafft es Clytus Gottwald, in seinen Transkriptionen weit über die musikalische Vorlage hinaus zu gehen. Es wird dabei zwar kaum hinzukomponiert und auch nur sehr wenig geändert, doch die Stücke erhalten einen neuen Reiz durch die alleinige Besetzung mit menschlichen Stimmen. Da wird einer einfachen Mittelstimme aus dem Klavierbegleitsatz von einer Singstimme so viel Leben eingehaucht, so viel Lebendigkeit hätte hier selbst der beste Pianist nicht herauskitzeln können. Viel unmittelbarer scheint die Musik den Hörer durch die menschliche Stimme zu erreichen. Damit das funktioniert, bedarf es aber einem sehr guten Ensemble, denn die bis zu 16-stimmigen Einrichtungen sind nicht nur durch die Vielstimmigkeit äußerst anspruchsvoll.
Anspruchsvolle Literatur – hervorragender Vortrag
Erneut gelingt dem KammerChor Saarbrücken unter der Leitung von Georg Grün eine ausgesprochen gute Darbietung. Der Chor begeistert durch hohe Flexibilität und überzeugt in den langsameren wie in den bewegteren Stücken. Ohnehin ist es der Wechsel zwischen den melancholischeren und den lebendigeren Stücken, der die Platte im Gesamtdurchlauf so interessant macht. Stellvertretend für diesen Wechsel können die vier aufgenommenen Gesänge aus der 'Dichterliebe' stehen, die die Platte eröffnen. Jedes Stück bringt seine ganz eigene Stimmung mit, was in diesen Arrangements noch deutlicher zutage tritt als es die Originalkompositionen ohnehin tragen. Angefangen mit einem etwas nachdenklichen 'Im wunderschönen Monat Mai' über das verspielte 'Die Rose, die Lilie' hin zum ganz andächtigen, fast choralartigen 'Angesicht' und zum anschließend erzählenden 'Aus alten Märchen' – quasi minutiös werden hier die Stimmungen gewechselt, wenn nötigt mitunter auch im gleichen Stück. Und das funktioniert mit dem Chor ganz hervorragend. Sehr hörenswert sind aber auch die folgenden fünf Lieder von Robert Franz, die genau wie Schumanns 'Dichterliebe' auf Texten von Heinrich Heine basieren. Oder die darauffolgenden Lieder von Johannes Brahms, auch hier mit einem breiten Spektrum von Stimmungen zwischen ausgelassener Heiterkeit, wie bei 'Der Schmied', was dem Zuhörer das ein oder andere Lächeln auf das Gesicht zaubern, hin zu seinem wohl berühmtesten Lied 'Guten Abend, gut Nacht', womit Gottwald ein wunderschöner Satz gelungen ist. Als weitere Highlights der CD könnten die noch nicht genannten Titel 15-26 angeführt werden, man findet kaum ein Ende – nach der kürzlich erschienenen CD mit Mahler-Transkriptionen von Clytus Gottwald unter der Leitung von Marcus Creed (klassik.com berichtete) kann man sich mit dieser Platte eine weitere Stunde an herrlicher Chormusik erfreuen.
Erneut ist Georg Grün und seinem KammerChor ein großer Wurf gelungen. Nicht nur die Auswahl der Stücke, auch die Qualität der Transkriptionen und der musikalischen Darbietung müssen hoch gelobt werden und verdienen nähere Beachtung. Eine weitere Bereicherung ist der dreiseitige, von Clytus Gottwald verfasste Booklettext, in dem er das aufgenommene Repertoire vorstellt und interessante Details rund um das Handwerk des Transkribierens einfließen lässt. Alles in allem ist diese CD nicht nur hörenswert, sondern vor allem bereichernd – in jeder Hinsicht!
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Clytus Gottwald: Hymnus an das Leben: Transkriptionen für gemischten Chor a cappella: Werke von Schumann, Franz u.a. |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Carus 1 01.01.2013 060:37 2012 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4009350834583 8345800 |
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"Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schien das Interesse der Komponisten an A-cappella-Chormusik nur schwach ausgebildet zu sein. In den 1960er Jahren hat György Ligeti mit seinem Lux aeterna der Chormusik allerdings eine völlig neue Perspektive eröffnet. Hier knüpfen die Transkriptionen von Clytus Gottwald (*1925) an: Indem sie die neue Technik, für Stimmen zu schreiben, auch auf Modelle der romantisch-impressionistischen Epoche anwenden, bringen sie uns letztendlich auch die zeitgenössische Chormusik näher. Auf dieser CD präsentiert der KammerChor Saarbrücken unter seinem Leiter Prof. Georg Grün Transkriptionen von Werken u.a. von Schumanns Brahms, Listz, Cornelius, Ravel und Debussy." |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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Portrait

"Man muss das Ziel kennen, bevor man zur ersten Probe erscheint."
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