> > > Massenet, Jules: Lieder: Ivre d'amour
Montag, 4. Dezember 2023

Massenet, Jules - Lieder: Ivre d'amour

Massenets Chansons


Label/Verlag: Guild
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Massenets als Opernkomponist ist bekannt, seine Chansons zeigen ihn als Meister der Miniatur, harmonisch einfallsreich und expressiv.

Wenn Sally Silver ihren hellen, zwischen kindlicher Unschuld und sehnsüchtiger Liebe changierenden Sopran gleich zu Beginn in dem titelgebenden Lied 'Ivre d’amour' erklingen lässt und vom Gift der Liebe singt, dann glaubt man zunächst Jules Massenets jugendliche Manon zu hören. Doch schon wenig später trübt ein natürliches Vibrato diese trügerische Einfachheit. Selbstbewusster fügt sie die Victor Hugo-Vertonung von 'C’est l’amour' darauf und zeigt sich tief bewegt, zwischen parlandonaher Tiefe und mitfühlender Emphase in 'Ma petite mère a pleuré'. Die 'Sérénade de Zanetto' ist dann ein legeres, in der Begleitung verspieltes Liedchen, das die Sängerin mit entspannter Stimme und Leichtigkeit zu singen versteht. Schnell ist man in dieser unbekannten Welt der Chansons von Massenet gefangen, dessen Fähigkeit zum pointierten Ausdruck, zur Zeichnung von Atmosphäre mit wenigen Harmonien und Akkorden hier auf engstem Raum zu entdecken ist.

Die Auswahl von 28 aus den über 280 Liedern Jules Massenets, die auf dieser Zusammenstellung zu hören sind, ist leider im bescheidenen Begleittext zur CD kaum dokumentiert; so fällt eine Zuordnung zu den Schaffensphasen des Komponisten schwer. Immerhin gibt es die Liedtexte der unterschiedlichen Textdichter, im französischen Original und englischer Übersetzung.

Massenets 'Élégie' mit einer wehmütigen Cellomelodie (von Gabriela Swallow mit kräftigem Ton gespielt) zeigt die sensible Textdeutung, die Massenet der Gesangslinie zu geben versteht. Massenets Chansons sind immer wieder mehr als bloße Salonstücke. Der kleine Zyklus 'Quelques chansons mauves' von 1902 zeigt den Tonsetzer frei von Formenenge und reich in der Wahl der Ausdrucksmittel, die vom Sprechen bis hin zur freien syllabischen Behandlung des Textes und zu sich aufschwingenden Gesangslinie reichen.

Man kann diese Chansons als Pendant zu den ‚proses lyrique‘ der französischen Dichter um 1900 verstehen, die im Rhythmus und in den Farben der Sprache den Ausdruck suchten. Debussy hat nicht zufällig einen seiner Liedzyklen so überschrieben. Auch wenn Massenets Klaviersatz von den impressionistischen Farben Debussys entfernt ist, so ist seine Fähigkeit der Zeichnung mit Musik doch erstaunlich. Richard Bonynge führt das idiomatisch, klangschön, unaufdringlich und stets mit der Sängerin atmend, an einem dynamisch etwas zu vordergründig aufgenommenen Flügel vor.

Sally Silver, die schon auf der CD mit Liedern William Balfes gemeinsam mit Richard Bonynge erfreulich entdeckungsfreudig war, gefällt auch hier wieder. Ihr gelingen die Miniaturen überzeugend. Ihre Stimme ist wandlungsfähig, kann die französischen Couleurs bedienen, mit einer wunderbaren Mischung aus Keckheit und Verträumtheit Massenets Version von Hugos 'Guitarre' inszenieren oder mit theatralisch deklamierendem, fast opernhaften Gestus in 'Jamais plus! ' auftrumpfen. Auf die dritte, bereits angekündigte CD des Gespanns Silver-Bonyge, die sich dann Liedern des irischen Romantikes William Vincent Wallace widmet, darf man jedenfalls schon jetzt gespannt sein.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




Kritik von Frank Fechter,


Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Massenet, Jules: Lieder: Ivre d'amour

Label:
Anzahl Medien:
Guild
1
Medium:
EAN:

CD
795754739329


Cover vergössern

Guild

Guild entstand in den frühen Achtzigerjahren auf Initiative des berühmten englischen Chorleiters Barry Rose, der den St Paul's Cathedral Choir in London leitete. Der Name hat nichts mit der nahe gelegenen Londoner Guild Hall zu tun, sondern kommt von Barry Roses erstem Chor, dem Guildford Cathedral Choir. Das frühere Logo (ein grosses G) entstand indem Barry Rose kurzerhand eine Teetasse umstülpte und mit einem Bleistift ihrem Rand bis zum Henkel entlang fuhr. Seit 2002 hat die Firma als Guild GmbH ihren Sitz in der Schweiz, in Ramsen bei Stein am Rhein.
Bei den Aufnahmen arbeiten wir mit Fachleuten zusammen, die für grosse internationale Firmen und unabhängige kleinere und grössere Labels tätig sind. Unsere Programmschwerpunkte sind Welt-Erstaufnahmen, vergessene Werke bekannter Meister, noch nicht entdeckte Komponisten und Schweizer Musiker sowie historische Aufnahmen, etwa die Toscanini Legacy und Mitschnitte der Metropolitan Opera New York.
Wir arbeiten intensiv mit der Zentralbibliothek in Zürich und mit der Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich zusammen, produzieren CDs mit Chören wie dem Salisbury Cathedral Choir und den Chören der Cambridge und Oxford University - und als Steckenpferd pflegen wir die grossen englischen und amerikanischen Unterhaltungsorchester mit ihren Light-Music-Hits der Dreissiger- bis Fünfzigerjahre.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Guild:

blättern

Alle Kritiken von Guild...

Weitere CD-Besprechungen von Frank Fechter:

  • Zur Kritik... Frischer Furor mit Grenzen: Die engagierte Neueinspielung von Mozarts früher 'Betulia liberata' unter Michi Gaigg scheitert leider an einem jungen Sängerensemble mit gesangstechnischen Defiziten. Weiter...
    (Frank Fechter, )
  • Zur Kritik... Felix Weingartners Lieder: Keine lohnende Entdeckung sind Felix Weingartners Lieder, die stilistisch mehr reagieren als innovativ zu sein. Die Interpretationen junger Sänger können darüber nicht hinweghelfen. Weiter...
    (Frank Fechter, )
  • Zur Kritik... Weills Kinderpantomime: Kurt Weills wiederentdeckte Musik zu einer Kinderpantomime gewährt einen Blick auf seine frühen Jahre. Die gelungene Ersteinspielung klingt idiomatisch und macht neugierig auf eine Bühnenaufführung. Weiter...
    (Frank Fechter, )
blättern

Alle Kritiken von Frank Fechter...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Russische Seele?: Elena Kuschnerova legt eine programmatisch fragwürdige, aber interpretatorisch überzeugende Aufnahme mit Klavierwerken von Alexander Lokshin und Sergej Prokofiev vor. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Gediegen: Philippe Herreweghes gelegentliche Erkundungen im Reich der Bach-Kantate gefallen. Sie sind auf eine – im Sinne der Erkenntnisse historisch informierter Praxis – klassische Weise gediegen. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Ausladend paraphrasiert: Vier Pianisten in perfekter Harmonie. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (4/2023) herunterladen (4868 KByte)

Anzeige

Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

"Schumann ist so tiefgreifend, dass er den Herzensgrund erreicht."
Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich