
Liszt, Franz - Klavierkonzerte Nr. 1 & 2
Silberstreif und Donnerwucht
Label/Verlag: Pentatone Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die junge armenische Pianistin knüpft mit der Einspielung der beiden Klavierkonzerte von Franz Liszt an ihr beachtliches Debüt bei Pentatone erfolgreich an.
Nach ihrem beachtlichen Debüt beim holländischen Label Pentatone mit einem Rachmaninoff-Programm legt die junge armenische Pianistin Nareh Arghamanyan nun nach kurzer Zeit bereits eine Folgeeinspielung vor. Sie widmet sich Virtuosenstoff reinsten Wassers, diesmal mit Orchester. Auf dem Programm stehen neben den beiden Klavierkonzerten von Franz Liszt sein 'Totentanz' sowie die eher selten zu hörende 'Fantasie über ungarische Volksweisen'.
Nareh Arghamanyan unterstreicht damit, dass sie zu den vielversprechenden jungen Pianistinnen der internationalen Musikerszene gehört. Um sie wird nicht so viel Publicity gemacht werden wie um Kolleginnen, die bei einem der Major Labels untergekommen sind. Aber Posen und Hochglanzfotos sagen über die künstlerische Reife erst einmal gar nichts. Oft ist das Verhältnis zwischen marketinggezeugter Bekanntheit und künstlerischer Qualität ohnehin reziprok. Daher kann man sich freuen, dass Arghamanyan mit Pentatone einen seriösen Partner an ihrer Seite hat. Für den Hörer zahlt sich das aber noch auf andere Weise aus: Pentatone garantiert erstklassige Klangqualität. So kann sich der gestalterische Feinschliff der Pianistin ohne klanglichen Watte-Vorhang auf direkte Weise ungehindert mitteilen.
Nareh Arghamanyan verfügt über eine makellos Technik. Endlose Trillerketten gelingen ebenso eindrücklich wie vorbeifliegende Ornamentik, die perlende Läufe wie ein Silberstreif als Gestalt- und Farbwert erfahrbar werden lässt, und auch die Oktavgänge meistert sie trittsicher. Vor allem aber ist die junge Pianistin eine Gestalterin. Man wird von ihr keine bahnbrechend neue Sicht auf Liszts erwarten, das wäre der falsche Maßstab. Aber sie setzt durchaus individuelle Akzente. So hebt sie die mit kantablen und rezitativischen Eigenschaften aufwartende Seitenthemen-Prägung im ersten Satz des Es-Dur-Konzerts aus dem Fluss heraus und verleiht ihr klare Konturen. Der Kontrast zum Vorhergehenden wird erhöht, aber auch in sich ist diese Gestalt reich an Nuancen. Es wundert nicht, dass aufgrund der geschärften Gegensätze der Rezitativ-Teil des 'Quasi Adagio' in ihrer Interpretation einen der Höhepunkte des Konzerts bildet. Der Schlagabtausch mit den flirrend-erregten Figuren des Orchesters ist voller Spannung und ungeduldigem Vorwärtsdrang.
Insgesamt zeichnet sich das Zusammenspiel von Orchester und Solistin durch eine gerade bei diesen Konzerten nicht allgemein übliche intensive Abstimmung aus. Die immer wieder solistisch hervortretenden Bläser verschmelzen manchmal beinahe mit der Klavierstimme, da sie fein aufeinander reagieren. Unter Alain Altinoglu spielt das Radio-Sinfonieorchester Berlin geschliffen, aber mit stetem Zug nach vorn – das trifft sich mit der Haltung von Nareh Arghamanyan sehr gut. Besonders sensibel und klangschön ist das ‚solistisch‘ geführte Violinduett in der Interaktion mit der Pianistin, blühend das Holzbläserspiel, von größtem Reiz allerdings ist das kernige Blech, das die martialischen Marsch-Episoden knackig unterstreicht. Auch in der Paraphrase über das ‚Dies-irae‘-Motiv überzeugt der zupackende, straffe Klang des Orchesters in den dramatisch zugespitzten Passagen. In der vierten Variation allerdings wird deutlich, dass die Pianistin neben dem virtuosen Feuerwerk auch polyphonen Linien in gebotener Zartheit, aber sehr klar nachzuspüren versteht. Es gibt jedoch Einspielungen, in denen die Variationen enger zusammenhängen und einen stärkeren Sog entfalten.
Nareh Arghamanyan gelingt es mit dieser Liszt-SACD, an ihr starkes Debüt anzuknüpfen. Sie gestaltet bewusst und bedacht, lässt aber auch an den geeigneten Stellen der puren Klangwucht oder der rauschenden Virtuosität freien Lauf. Das ist bei Liszt mehr als angebracht.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Liszt, Franz: Klavierkonzerte Nr. 1 & 2 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Pentatone Classics 1 15.10.2012 |
Medium:
EAN: |
SACD
827949039768 |
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Pentatone Classics PentaTone wurde im Jahr 2001 von drei ehemaligen Leitenden Angestellten der Philips Classics zusammen mit Polyhymnia International (dem ehemaligen Philips Classics-Aufnahmezentrum) ins Leben gerufen.
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