
Klughardt, August - Streichquartett op. 42
Am Rande
Label/Verlag: CAvi-music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Pleyel Quartett widmet sich mit Kammermusikwerken von August Klughardt (1847-1902) unbekannten Kompositionen am Rande des allgemeinen Werkkanons. Vor allem das Klavierquintett op. 43 ist eine echte kammermusikalische Entdeckung.
Wie viele Werke von Komponisten aus der ‚zweiten Reihe‘ sind die Kompositionen August Klughardts (1847-1902) heute nahezu komplett in Vergessenheit geraten. Dabei gehörte er als Komponist und vor allem als Dirigent zu den gefragten Musikern seiner Zeit. Geboren und aufgewachsen in der Bach-Stadt Köthen feierte er zunächst Erfolge als Pianist, bevor er sich aufs Dirigieren verlegte und als Kapellmeister in Posen und Neustrelitz, am Hoftheater in Weimar und als Hofkapellmeister in Dessau schnell Karriere machte. In Weimar wurde er von Franz Liszt in den Kreis um Richard Wagner eingeführt, dessen erste Festspiele in Bayreuth er 1876 besuchte und dessen 'Ring des Nibelungen' er 1892/93 aufführte. Allerdings ließ er sich von Wagner und seinem Stil nicht vereinnahmen und komponierte neben fünf Sinfonien und Opern auch einige erlesene Kammermusikwerke.
Während das Klavierquintett op. 43 mit dem Leipziger Streichquartett und Olga Gollej bei MDG schon 2010 seine Premiere auf CD erlebte, ist das hier eingespielte Streichquartett op. 42 eine Novität. Beide Werke weisen eine enge Beziehung zum berühmten Geiger und Brahms-Freund Joseph Joachim auf: Mit seinem Joachim-Quartett führte er das Streichquartett op. 42, eingerahmt von Quartetten von Mozart und Beethoven, im November 1883 erstmals auf. Klughardt war von diesem Konzert so begeistert, dass er sich an die Komposition des Klavierquintetts op. 43 machte und dieses dem Geiger widmete. Von der Kritik wurden beide Werke begeistert aufgenommen: ‚Nachdem wir es gehört haben, verstehen wir den immensen Erfolg, den diese meisterhafte Komposition sowohl im Konzertsaal wie auch im Salon hat.‘ So äußerte sich ein Kritiker nach einer Aufführung des Quintetts in Nizza.
Tatsächlich ist dieses Klavierquintett ein Meisterwerk seiner Gattung. Die Kombination des Pianisten Klughardt, der perfekt für sein Instrument zu schreiben weiß, mit einem dramatischen, düsteren g-Moll ist die Basis für einen ausgedehnten Kopfsatz, der sich nach einem dunklen Unisono-Anfang über einen nervösen, an Mendelssohns erstes Klaviertrio erinnernden Hauptsatz durch verschiedenste Stimmungen und Klangfarben zu riesigen Steigerungen aufbaut. Der zweite Satz beginnt allein im Klavier und entwickelt sich durch seine kantablen Melodien zu einem Satz zum Träumen und Schwärmen. Im 'Moderato' des dritten Satzes übernehmen dafür zunächst die Streicher die Führung und schaffen dann mit ihrem Pizzicato wieder neue Klangkombinationen mit dem Klavier. Das Finale schließlich setzt mit seinen Fanfaren und seinem Überschwang einen fröhlichen Gegenpol zum düsteren Kopfsatz. Allein für dieses Werk lohnt sich schon die Anschaffung dieser CD, denn das historisch informiert agierende Pleyel Quartett harmoniert hier bestens mit dem Erard-Flügel von 1839 unter den Händen von Tobias Koch. Allein die Klangbalance ließe sich kritisieren: Hier hat der Flügel eine ganz eigene andere Akustik als die Streicher und wirkt so etwas weiter weg als nötig.
Auch das Quartett F-Dur op. 42 weist viele schöne Stellen auf, wie z. B. das effektvolle Scherzo oder das zeitlose Trio des dritten Satzes oder die überraschenden Wendungen des Finalsatzes. Auch das schlichte Liedthema des langsamen Variationssatzes ist sehr hörenswert (die Variationen sind dann etwas zu sehr ‚von der Stange‘). Das ganze Quartett ist handwerklich sehr gut gearbeitet, wirkt aber im Vergleich zum Quintett viel weniger überzeugend und teilweise etwas zu konstruiert. Auch das Pleyel Quartett spielt hier gehemmter und nicht ganz so begeisternd.
Insgesamt zeigt diese Aufnahme aber wieder einmal, wie viele unbekannte Werke es am Rande des etablierten Werkkanons noch zu entdecken gibt, und dass darunter durchaus Perlen wie Klughardts Klavierquintett dabei sein können.
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Klughardt, August: Streichquartett op. 42 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
CAvi-music 1 14.09.2012 |
Medium:
EAN: |
CD
4260085532483 |
![]() Cover vergössern |
CAvi-music "Es muss nicht viel sein, wenn's man gut ist" heißt die Devise für das Label, das stets den Künstler in den Vordergrund stellt, das partnerschaftlich Projekte realisiert, das persönliche Wünsche und Ideen der Künstler unterstützt, das sich vorwiegend auf Kammermusik konzentriert, das handverlesen schöne Musik in hervorragender Interpretation anbietet, mit einer Künstlerliste, die sich sehen lassen kann. Eine sehr persönliche Sache, die von Herzen kommt !! Außerdem kommen neben dem Label CAvi-music auch die Labels "SoloVoce" und "CAvi-Autentica" aus dem Hause Avi-Service for music. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Von Christian Starke zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:
-
Kammermusikleckerbissen: Zwei Kammermusikwerke des Romantikers August Klughardt. Das ist zu Unrecht vergessene Musik, die hier vom Leipziger Streichquartett und anderen glänzend dargeboten wird - ein überzeugendes Plädoyer! Weiter...
(Christian Vitalis, 08.01.2011)
-
Aus der guten alten Zeit: August Klughardts sinfonische Nebenwege, wie sie etwa in der Dritten Sinfonie begangen werden, sind in einer trefflichen Einspielung bei CPO erschienen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, 06.09.2011)
-
Solide Spätromantik: Ordentliche Aufnahmen unbekannten spätromantischen Repertoires von August Klughardt und Friedrich Gernsheim: eine Sinfonie zu Bürgers Weiter...
(Christian Vitalis, 21.07.2012)
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag CAvi-music:
-
F-moll für Klarinette: Kilian Herold und Hansjacob Staemmler mit einer spannenden Kornauth-Entdeckung und einer bemerkenswerten Brahms-Interpretation. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Innere Intimität: Das Minguet Quartett betont bei der Streicherkammermusik Walter Braunfels' das Invertierte. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Herzenstöne: Ein so unprätentiöses und zugleich leidenschaftliches Album wie dieses von Sarah Wegener und Götz Payer hört man viel zu selten. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
Weitere CD-Besprechungen von Christian Starke:
-
So klingt Russisch!: Unbekannte russische Perlen zum Klingen gebracht. Weiter...
(Christian Starke, )
-
Herausforderung geglückt?: Wie kann man Tschaikowskys Quartette bei einer Aufnahme gerecht werden? Weiter...
(Christian Starke, )
-
Unterschätzter Unbekannter?: Wer kennt Franz Xaver Gebel? Ist seine Musik so wertvoll, wie zeitgenössische Kritiker behaupten? Weiter...
(Christian Starke, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Mehr als vier Hände: Das Duo Genova-Dimitrov bietet an zwei Flügeln eine reiche Reinecke-Lese. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Später Brahms, frisch präsentiert: Michael Collins und Stephen Hough überzeugen als kammermusikalisches Duo. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Gelungene Zeitreise: Das Teatro Regio Torino unternimmt eine Rekonstruktion der Uraufführung von Puccinis 'La Bohème'. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich