
Hosokawa, Toshio - Solokonzerte Vol. 2
Stille und Einkehr
Label/Verlag: Neos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Es sind hier drei Konzertstücke zu hören, deren Entdeckung eine lohnende Bereicherung ist. Der Japaner Toshio Hosokawa versteht sich auf Musik an der Grenze zur Stille. Gelungene Interpretationen aus Luxemburg.
Toshio Hosokawa (geb. 1955) ist bei weitem nicht der einzige japanische Komponist, der in Europa studiert hat, aber einer der wenigen, die sich dort dann auch etablieren konnten – nach Toru Takemitsu ist er sicher der hierzulande bekannteste Komponist seines Landes. Hosokawa hat in Berlin bei Isang Yun studiert, dessen um das Prinzip von Ying und Yang kreisendes musikalisches Denken in Hosokawas Schaffen ebenso Eingang gefunden hat wie Ästhetik der Stille des Vorbilds Takemitsu. Des weiteren wird Hosokawa in seiner ausgefeilten Instrumentenbehandlung als Verwandter Helmut Lachenmanns angesehen. Die drei Konzertstücke für Solo-Instrument und Orchester der vorliegenden CD des Labels Neos lassen alle diese Einflüsse bestens hörbar werden. Hosokawa schreibt bezaubernd filigrane Gewebe äußerster Zartheit, feinsinnig und akribisch instrumentiert, die sich gern bis an den Rand der Hörbarkeit vortasten. Die Stücke sind dabei stets im Fluss, einem steten Wandel unterworfen; tradierte Formen oder Bauelemente, wie man sie mit der Gattung Solokonzert verbindet, finden sich höchstens angedeutet. Die Kompositionen scheinen zu atmen und zu leben; das ist alles andere als ‚Kopfmusik’, die zwar streng logisch konstruiert ist, klanglich aber keinen Organismus ergibt.
Gedenkmusik
Hosokawas Cellokonzert entstand 1997 als Gedenkmusik auf Toru Takemitsu, der 1996 gestorben war. Schon allein deswegen darf es nicht verwundern, es nicht mit einem herkömmlichen Virtuosenkonzert zu tun zu haben; die Stimmung ist entsprechend nachdenklich und dunkel, ohne allerdings drückend-depressiv oder anklagend-trotzig zu werden. Die Atmosphäre in den beiden anderen Stücken ist allerdings nicht grundlegend anders. 'Metamorphosis' für Klarinette, Streicher und Schlagzeug entstand 2000; hier deutet bereits der Titel die eingangs erwähnte Charakterisitik des Wandels an. 'Voyage VII' für Trompete, Streicher und Schlagzeug aus dem Jahre 2005 schließlich gehört zu einer größeren Werkgruppe; 'Voyage' steht dabei für eine Reise nach Innen – Lauschen auf die innere Stille. Es verwundert nicht, dass Hosokawa zur Vergrößerung der klanglichen Möglichkeiten im Bereich geringster Dynamik oder der Wirkung von Reise und Distanz gerne mit einem Fernorchester arbeitet.
Überzeugend
Die Interpretationen des Orchestre Philharmonique du Luxembourg, das von Robert HP Platz fachkundig geleitet wird, überzeugen ebenso wie die Leistungen der drei Solisten: Rohan de Saram (Cello), Jeroen Berwaerts (Trompete) und Olivier Dartevelle (Klarinette). Der durchwegs weiche und außerordentlich gesangliche Ton von Jeroen Berwaerts passt bestens in diese Musik – 'Voyage VII' hinterlässt einen tiefen Eindruck. Im direkten Gegenüber könnte man sich den Ton von Klarinettist Olivier Dartevelle durchaus weicher vorstellen; die Klarinette erhebt sich manchmal etwas stark über das Orchester, was aber gerade so gewollt sein kann. Anstandslos ist die solistische Leistung des Cellisten Rohan de Saram. Die Orchestermusiker aus Luxemburg verstehen sich zum Glück bestens im Leise-Spielen, so dass sie die perfekte Begleitung schaffen können und eben das auch tun. Klangtechnisch gibt es an den Aufnahmen aus dem Jahre 2010 nichts auszusetzen; gerade in diesem Fall ist positiv hervorzuheben, dass auch im Bereich geringster Lautstärke keine Störgeräusche den Hörgenuss trüben.
Miniatur-Beispiele
Der Einführungstext im schön aufgemachten und großzügig bebilderten Booklet ist recht kurz, in seiner kompakten Form aber durchaus informativ und eine gute Hilfe beim Hören. Die Texte liegen übrigens nicht nur in Deutsch, Englisch und Französisch, sondern auch in Spanisch vor. Dass im Booklet zur Verdeutlichung Partiturseiten abgedruckt werden, ist eine lobenswerte Sache. Wenn diese aber so stark verkleinert werden wie hier in zwei von drei Fällen, geht der Gewinn gegen Null; man erkennt im Grunde leider kaum mehr, als dass es sich um eine Notenseite handelt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Hosokawa, Toshio: Solokonzerte Vol. 2 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Neos 1 25.09.2012 |
Medium:
EAN: |
CD
4260063110283 |
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