
Heifetz, Jascha - God's Fiddler
"A very private man"
Label/Verlag: EuroArts
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Dem Leben des großen Geigers Jascha Heifetz spürt Peter Rosen in seiner Dokumentation "God's Fiddler" nach, die bei Euroarts auf DVD vorliegt.
Besucht man die offizielle Jascha-Heifetz-Homepage, so erfährt man, dass Sony im Jahr 2012 eine neue Kollektion seiner Beethoven-Einspielungen vorgelegt hat und dass auch die inzwischen ausverkaufte Gesamtedition neu aufgelegt werden soll. Kein Zweifel: Heifetz gehört zu den ganz Großen. Sein Name ist nicht verblasst, er fasziniert wie eh und je. Dabei sind seit seinem Debüt im Jahr 1907 mit Mendelssohns Violinkonzert mehr als 100 Jahre vergangen. Geboren wurde Heifetz noch im russischen Kaiserreich; 1901 kam er in Vilnius zur Welt. Als er 1987 in Los Angeles starb, lag eine glanzvolle Karriere und eine wechselvolle Weltgeschichte hinter ihm.
Dem Leben des großen Geigers spürt Peter Rosen in seiner Dokumentation ‚God’s Fiddler‘ nach. Sie ist bei Euroarts auf DVD erhältlich und jedem zu empfehlen, der sich einen ersten Eindruck über Heifetz‘ Biographie verschaffen möchte, deren wichtigste Punkte im Film alle genannt werden. Da ist der Unterricht im Konservatorium in St. Petersburg bei dem legendären Leopold Auer; da erfährt man etwas über die geschichtliche Situation im Russland des Jahres 1917, in dem Heifetz seine Heimat für immer verließ – vom Zug aus konnte er erste Anfänge der Revolution noch mit ansehen; da ist die glanzvolle Karriere in den USA und bald auf der ganzen Welt. Zitiert wird natürlich auch Bernard Shaws berühmter Brief, den er Heifetz nach einem Konzert in London schickte: ‚If you provoke‘, warnte Shaw, ‚a jealous God by playing with such superhuman perfection, you will die young. I earnestly advise you to play something badly every night before going to bed, instead of saying your prayers.’ Obwohl Heifetz den Rat nicht befolgte und bis zum Ende seiner Karriere technisch makellos blieb, erfüllte sich Shaws düstere Prophezeiung nicht. Betagt und friedlich starb Heifetz in seinem Haus am Meer. Doch gerade die technische Brillanz wurde später oft zum Vorwand genommen, um ihm Kälte und Gefühlsarmut vorzuwerfen.
Es wäre (jedenfalls für das deutsche Publikum) interessant gewesen, hätte der Film diese Spur etwas weiter verfolgt, war es doch nicht zuletzt nationalsozialistische Propaganda, die dem jüdischen Künstler Kälte und Herzlosigkeit vorwarfen. Nach 1933 hat Heifetz nie wieder in Deutschland musiziert. Schade, dass Rosens Dokumentation dieses Kapitel ganz ausspart. Dafür erfährt man, dass Heifetz nach seiner Einbürgerung in die USA (1925) ein glühender Patriot geworden ist, der regelmäßig die Flagge hisste und der im Krieg viele Konzerte für die US-Army spielte. Als sein schönstes bezeichnet er selbst einen Auftritt vor nur einem einzigen Soldaten, der unter einem Regenschirm saß und ihm zuhörte. Neu sein dürfte manchem, dass Heifetz unter dem Pseudonym Jim Hoyle auch Schlagersongs geschrieben hat und dass er aus Angst vor Smog das erste Elektroauto Hollywoods fuhr.
An Fakten, Anekdoten und launigen Berichten mangelt es dem Film also nicht. Dennoch, das Gefühl, diesem Künstler menschlich nähergekommen zu sein, will sich nicht einstellen. Aber das wäre vielleicht gerade bei ihm auch unpassend. Als ein ‚very private man‘ schildert ihn seine einstige Mitarbeiterin. Peter Rosens leiser Film lässt ihm diese Privatheit und bleibt auf gemessener Distanz. Bedauerlich aber, dass über Heifetz‘ Violinspiel nur wenig zu erfahren ist und dass der Zauschauer kaum Gelegenheit bekommt, eine seiner Aufnahmen zu hören, ohne dass sie zerredet wird. Es hätten sich für einen solchen Film doch Fachleute finden lassen, um sein Musizieren etwas genauer zu beschreiben und zu analysieren. Immerhin, diese Dokumentation macht Lust, einmal wieder zu einer Heifetz-Aufnahme zu greifen, um ‚God’s Fiddler‘ selbst zu hören – und das lohnt in jedem Fall.
Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Regie: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Heifetz, Jascha: God's Fiddler |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
EuroArts 1 09.04.2012 |
Medium:
EAN: |
DVD
880242585387 |
![]() Cover vergössern |
EuroArts EuroArts Music International ist im Bereich audio-visueller Klassikproduktionen eine der weltweit führenden Produktions- und Distributionsfirmen. Das 1979 gegründete Unternehmen produziert jährlich 10-15 hochwertige Klassik-Programme darunter Konzertaufzeichnungen in aller Welt sowie aufwändige Dokumentationen. Renommierte, preisgekrönte Programme und Events haben EuroArts Music zu einem exzellenten internationalen Ruf verholfen. Eine intensive und langjährige Partnerschaft verbindet EuroArts Music mit führenden Klangkörpern wie den Berliner Philharmonikern, dem Mariinsky Theater Orchester, dem Lucerne Festival Orchestra, der Staatskapelle Berlin, dem Gewandhausorchester Leipzig und vielen anderen. Die alljährlichen Aufzeichnungen des EUROPAKONZERTs, des Waldbühnen- und Silvester-Konzerts der Berliner Philharmoniker sind erfolgreiche und weltweit etablierte Musikprojekte von EuroArts Music. Im August 2005 produzierte und übertrug EuroArts Music live das weltweit beachtete Ramallah-Konzert des West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim. Im Januar 2006 produzierte EuroArts Music die erste Klassik-Live-Übertragung von Peking nach Europa (u.a. mit Lang Lang). Die weltweit einmaligen Musik-TV-Formate 24hoursBach und 24hoursMozart wurden zu zwei international erfolgreichen Musikevents dieses Unternehmens. In 2012 wurde ein kompletter Prokofiev-Zyklus mit sämtlichen Sinfonien und Klavierkonzerten aufgezeichnet. Seit vielen Jahren verbindet EuroArts Music eine enge Zusammenarbeit mit herausragenden Künstlern wie Daniel Barenboim, Sir Simon Rattle, Valery Gergiev, Claudio Abbado, Martha Argerich, Yuja Wang und András Schiff sowie renommierten Regisseuren Bruno Monsaingeon, Frank Scheffer und Peter Rosen. Das Ergebnis sind Gesamtaufnahmen wie The Beethoven Symphonies (Abbado/Berliner Philharmoniker) und preisgekrönte Dokumentationen wie Claudio Abbado Hearing the Silence oder Multiple Identities Encounters with Daniel Barenboim. 2006 wurde die EuroArts Music Produktion Knowledge is the Beginning mit dem International Emmy Award (Arts Programming) ausgezeichnet. Der Dokumentarfilm wurde 2007 mit weiteren Preisen geehrt, darunter der FIPA D'OR Grand Prize 2007 (Kategorie Performing Arts) sowie als Best Arts Documentary bei dem renommierten 2007 Banff World Television Festival. Innovation und Qualität bildeten von Anfang an die Grundpfeiler der Firma. Zahlreiche internationale Auszeichnungen bestätigen dies, darunter: Oscar® für die Koproduktion von Journey of Hope Grammy Award für Kurt Weills: Rise and Fall of the City of Mahagonny Emmy Award und ECHO Klassik für Knowledge is the Beginning 2 weitere ECHOs für A Surprise in Texas (ECHO Klassik) und Django Reinhardt- Three-fingered Lighnting (ECHO Jazz) Peabody Award für Blue Note A Story of Modern Jazz National Education Award (USA) für Sir Peter Ustinov: Celebrating Haydn
Sowie folgende Nominierungen:
Emmy Award für Robbie Robertson Rocky und Grammy Award für Blue Note A Story of Modern Jazz
Der Katalog von EuroArts Music umfasst rund 1.800 Musikprogramme, darunter gehören neben EuroArts Eigenproduktionen auch Programme von zahlreichen unabhängigen Produktionsfirmen. Viele eigene Produktionen werden weltweit auf dem eigenen Label EuroArts als DVD und Blu-ray, sowie als digitales Produkt vermarktet. Seit 2016 werden die physischen Produkte durch Warner Music vertrieben. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag EuroArts:
-
In Gala-Form: Einen stimmungsvollen Sommerabend aus dem Wolkenturm bringt diese DVD nach Hause. Weiter...
(Thomas Gehrig, )
-
Komponisten-Feuerwerk: Das Silvesterkonzert 2017 ist nicht nur gute Werbung für die Berliner Philharmoniker, sondern auch ein schönes Zeugnis von der langen und fruchtbaren Zusammenarbeit mit ihrem Chefdirigenten Sir Simon Rattle. Weiter...
(Daniel Eberhard, )
-
Mutti und Sohn: Diese 'Lucrezia Borgia' aus San Francisco lebt von der Überzeichnung. Das gilt leider auch für die musikalische Seite, die zum Teil sehr ansprechende Leistungen präsentiert, aber nicht rundum zufrieden stellen kann. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Christian Gohlke:
-
Der andere Liebestod: Arthaus veröffentlicht den Mitschnitt von John Neumeiers 'Death in Venice' auf DVD. Weiter...
(Christian Gohlke, )
-
Kammermusik zum Schwelgen: Das Scharoun Ensemble spielt Beethovens Sextett und Septett. Man kann die Aufnahme allen Kammermusikfreunden empfehlen. Weiter...
(Christian Gohlke, )
-
Zwischen Tribschen und München: Der neunzehnte Band der Briefe Richard Wagners, ediert von Margret Jestremski, genügt höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen. Vor allem aber gibt er interessante Einblicke Wagners Wirken gegen Ende der 1860er Jahre. Weiter...
(Christian Gohlke, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Ausladend paraphrasiert: Vier Pianisten in perfekter Harmonie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Elisabethanische Virginalmusik: Pieter-Jan Belder legt eine grandiose Gesamteinspielung des 'My Ladye Nevells Booke' beim Label Brilliant Classics vor. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Shakespeare!: 'Sounds and Sweet Airs' heißt eine neue Platte, deren Inhalt durch den Untertitel 'A Shakespeare Songbook' konkretisiert wird. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich