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Dienstag, 5. Dezember 2023

Mendelssohn, Felix - Klaviertrios in d- & c-Moll

Lichtblick


Label/Verlag: Genuin
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die drei jungen Musiker des Leibniz-Trios legen eine überzeugende Aufnahme von Felix Mendelssohns Klaviertrios vor.

Mit Gottfried Wilhelm Leibniz hat sich das Leibniz-Trio einen Philosophen der Schwergewichtsklasse zum Namenspatron gewählt. Ob damit auch etwas über den musikalischen Anspruch der Formation ausgesagt sein mag? Eines jedenfalls wird beim Anhören dieser bei Genuin erschienenen Aufnahme der Mendelssohn‘schen Klaviertrios schnell deutlich: Das Leibniz-Trio ist musikalisch beeindruckend sicher. Manierismen, Überzeichnungen werden souverän gemieden, stattdessen Mendelssohns Werke mit fesselnder Verve und dramatischem Impetus dargeboten. Die drei Musiker – Hwa-Won Pyun (Violine), Lena Wignjosaputro (Cello) und Nicholas Rimmer (Klavier) – harmonieren perfekt miteinander, sind traumwandlerisch sicher aufeinander abgestimmt. Das zeigt sich zum Beispiel an dynamischen vollkommen synchronen Steigerungen, die plötzlich abbrechen und einem gänzlich gewandelten Tonfall Raum geben.

Vibrierende innere Dynamik

Mächtig ist das Bassregister, kraftvoll, grimmig. Die dunklen Töne wirken stark mit an dem Eindruck des Abgerundeten, ja Vollendeten des Trio-Klangbildes. Durch sie erhält es Profundität, innere Schwere; der in den tiefen Regionen verschwebende Es-Dur-Schluss des langsamen Satzes aus dem Trio c-Moll hat etwas Nachdenkliches, fast Grüblerisches. (Gerade an solchen Stellen, die einen hohen Grad künstlerischer und emotionaler Reife erkennen lassen, fühlt man sich an das Alban-Berg-Quartett erinnert, bei dem die drei Musiker studieren.)

Umso spritziger, frecher wirkt danach das sehr hohe Tempo des Scherzos. Überhaupt werden durchweg rasche Tempi angeschlagen; mitunter meint man: zu rasche. Der d-Moll-Kopfsatz imponiert mit plastischer Zeichnung der Charaktere, reißt mit in seiner vibrierenden inneren Dynamik. Sonst wird die hohe Geschwindigkeit problematisch: Die Eckpunkte der Phrasierung im Kleinen, der Dramatik im Großen werden kraftvoll markiert, erhalten jedoch wenig Zeit und Raum, ihre Wirkung zu entfalten, gehen rasch im sich anspinnenden Trubel unter. Daher wirken die schnellen Sätze oft unnötig hastig, ja gehetzt. Dies ist der einzige Punkt, an dem das Musizieren des Leibniz-Trios noch nicht ausgereift wirkt; man vermisst die innere Ruhe, in der – auch schnelle – Musik sich erst entfaltet.

Technisch souverän

Ein Lichtblick ist das Choralthema im Finale des c-Moll-Trios; bei seinem ersten Erklingen wird die Geschwindigkeit gedrosselt, der Blick weitet sich, schlicht, innig, doch zugleich konzentriert erklingt die altem Kirchengesang nachempfundene Melodie. In der Folge intoniert Hwa-Won Pyun das Thema vibratolos, erzeugt teils flageolett-artige Wirkungen. Ihr Spiel: technisch souverän, temperamentvoll, klanglich dicht. Lena Wignjosaputro versteht es hervorragend, zwischen den verschiedenen Anforderungen hin- und herzuwechseln, die Mendelssohn an das Cello stellt: mal in Tenorlage singend, mal den Klavierbass unterstützend, den Raum mit Macht in die Tiefe öffnend. Die Cellistin musiziert stets expressiv, mit straffer Innenspannung. Nicholas Rimmer – der auch den historisch sehr informierten Beiheft-Text verfasste – gestaltet den Klavierpart dynamisch differenziert (und sehr fingerfertig). Wie Lichtfunken lässt er in der Reprise des c-Moll-Kopfsatzes die abgebrochene Motivik der rechten Hand auf den schaukelnden Wogen des Themas in den Streichern tanzen, hält sich im zweiten Satz mit der Sechzehntel-Bewegung zurück, während seine Mitstreiterinnen das Thema im Duett aufleuchten lassen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Mendelssohn, Felix: Klaviertrios in d- & c-Moll

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Genuin
1
20.04.2012
Medium:
EAN:

CD
4260036252415


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Genuin

Im Jahr 2002 standen die jungen Tonmeister von GENUIN vor einer wichtigen Entscheidung: Sollte man sich weiterhin lediglich auf das Aufnehmen und Produzieren konzentrieren, oder auf die zahlreichen Nachfragen und positiven Rückmeldungen von Musikern und Fachzeitschriften eingehen und ein eigenes Label ins Leben rufen? In einer Zeit, in der praktisch alle großen Klassik-Label ihre Produktion eingestellt oder zumindest stark gedrosselt hatten, fiel die Entscheidung nicht leicht – aber sie fiel einstimmig aus: zugunsten einer offiziellen Vertriebsplattform für die GENUIN-Aufnahmen. Und der Erfolg hat nicht lange auf sich warten lassen.

Das Label GENUIN hat sich in seinem zwölfjährigen Bestehen zu einem Geheimtipp unter Musikern und Musikliebhabern entwickelt. Schon vor dem Leipzig-Debüt im Oktober 2004, einem Antrittskonzert im Robert-Schumann-Haus mit Paul Badura-Skoda, wurden die CDs in den deutschlandweiten Vertrieb gebracht und von Fachpresse und Musikerwelt hochgelobt. Inzwischen werden GENUIN-CDs in den meisten Ländern Europas sowie in Japan, Süd-Korea, Hongkong und den USA vertrieben.

Das Erfolgsrezept von GENUIN: Die gesamte Produktion, also die Beratung der Künstler bei Aufnahmeraum und Repertoire, die Vorbereitung und Durchführung der Aufnahme selbst, der Schnitt mit allen notwendigen Korrekturen, generelle Entscheidungen beim Cover- und Bookletentwurf bis hin zur fertigen Veröffentlichung liegen in der Hand der Tonmeister. Nur so haben die Musiker den größtmöglichen Entfaltungsspielraum bei der Einspielung und Gestaltung ihrer CDs. Und gleichzeitig kann bis zuletzt eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert werden.

GENUIN bietet auch abseits ausgetretener Pfade etablierten Künstlern genauso wie der Nachwuchsgeneration die Möglichkeit, Musik nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Das macht sich positiv bemerkbar für die Hörer der mittlerweile mehr als 300 GENUIN-CDs mit Interpreten wie Paul Badura-Skoda, Nicolas Altstaedt oder der Dresdner Philharmonie.


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