
Beethoven, Ludwig van - Tripelkonzert & Konzert Nr. 3
Technisch blitzsauber
Label/Verlag: Berlin Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Mari Kodamas Einspielung des Klavierkonzerts Nr. 3 sowie des sogenannten Tripelkonzerts von Ludwig van Beethoven ist technisch über weite Strecken blitzsauber und auch musikalisch überwiegend sehr ansprechend.
Geheimnisvoll und dämonisch klingt die Einleitung zum Kopfsatz von Ludwig van Beethovens Tripelkonzert op. 56 auf der neuen CD des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, das vor einiger Zeit beim Label Berlin Classics erschienen ist. Die Aufnahmen wurden bereits 2010 beziehungsweise 2006 (op. 37) produziert und setzen die Beethoven-Einspielungen der japanischen Pianistin Mari Kodama fort. Sie ist die Ehefrau von Kent Nagano, der hier am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin steht. Damit arbeitet sich die am Conservatoire National Superieur de la Musique in Paris bei Germaine Mounier, Genevieve Joy-Dutilleux (Kammermusik) ausgebildete Pianistin so langsam auf den Spuren ihres einstigen Mentors Alfred Brendel voran, dessen Ruhm sich ja in den letzten Jahren seiner aktiven Zeit auf seine unbestechlichen Beethoven-Interpretationen gründete. Kodamas Konzertkalender ist nicht wahnsinnig prall gefüllt. Im Juni 2014 wird sie mit den Göteborgs Symfoniker natürlich unter Kent Nagano das selten gespielte Klavierkonzert Nr. 2 d-Moll von Wilhelm Stenhammar aufführen.
Die Einleitung zu Beethovens Tripelkonzert gefällt außerordentlich. Kraftvoll tönen hier die Streicher des Deutschen Symphonie-Orchesters. Weich bis herb ist hier der Sound, rhythmisch gibt es eine klare Marschroute und der lichte Klang des 'Fidelio'-Beethoven wird greifbar. Die Streichersolisten Kolja Blacher (Violine) und Johannes Moser (Violoncello) erfüllen die Erwartungen vollkommen. Leider ist die Balance zwischen den Streichersolisten und der Pianistin nicht immer optimal gestaltet, doch zeigt sich im Spiel viel Burschikosität und wahres Draufgängertum. Johannes Mosers Auftakt-Solo ist von zarter Statur, doch wenn die Violine einsteigt, sind die Triolen nicht immer sauber. Dem ausladend langen Kopfsatz folgt ein entrücktes 'Largo' in As-Dur, bei dem Johannes Moser sein wahrhaft künstlerisches Cellospiel aufblitzen lässt: Als galanter, edler Könner zeigt er sich da und noch mehr im intonationsmäßig heiklen Einstieg zum 'Rondo alla Polacca', der Moser mit Bravour gelingt. Die joviale Musizierlaune des Solistentrios versprüht insbesondere dieser Schlusssatz.
Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll zählt zu den beliebtesten und auch bedeutendsten Werken der Wiener Klassik. Sein düsterer Impetus, sein erhabenes Gepräge, seine kompakte Struktur machen es bis heute zu einem bevorzugt gewählten Finalkonzert bei internationalen Klavier-Wettbewerben und auch in Konzerten rund um den Erdball. Nach wiederum furioser Orchestereinleitung des ersten Satzes 'Allegro con brio' spielt Mari Kodama beim ersten Soloeinsatz in dieser Aufnahme mit viel Herzblut und hoher technischer Präzision. Die hinaufschnellenden Sechzehntel-Tonleitern sind messerscharf gesetzt, die im Unisono laufenden Oktaven vermitteln das typisch dämonische-verklärte Beethoven-Bild: die Stilwende, die sich beim Bonner Meister in den Jahren um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert vollzog, markiert die Wende hin zum leidenschaftlich erregten, heroischen Komponisten der Fünften Sinfonie. Tatsächlich entstand das c-Moll-Klavierkonzert – nach Beethovens Angabe im Jahr 1800 komponiert, vollendet aber erst 1802 – zur gleichen Zeit, wie die ersten Skizzen zur Fünften Sinfonie und es blieb Beethovens einziges Solokonzert in einer Molltonart, was von biographistischen Deutern mit dem schicksalhaften Ertauben in Zusammenhang gebracht wird. Im ‚Heiligenstädter Testament‘ von 1802 offenbarte sich der Komponist diesbezüglich. Doch Beethoven wollte ja dem ‚Schicksal in den Rachen greifen‘ und sich auf keinen Fall ihm ergeben.
Mari Kodama, die nicht zur internationalen Spitze der Pianisten zählt, aber auch gar nicht diesen Anspruch erheb, nimmt den geschilderten Hintergrund mit hinein in ihr Spiel, das von Eleganz und gewissem Glanz gekennzeichnet ist, vor allem aber von Perfektion. Wenngleich sie auch die Artikulationsangaben und dynamischen Bezeichnungen etwas individuell auslegt (z. B. spielt sie in Takt 119 nicht wirklich mehr piano), gelingen ihr die sich anschließenden Triolenaufgänge fabelhaft. Auch die Sechzehntelkaskaden bezeugen ihre leichtgängige Virtuosität. Überhaupt besticht die rhythmische Präzision der in Osaka geborenen Japanerin. Die große Geste vernimmt der Hörer dann allerdings freilich doch deutlicher im Orchesterzwischenspiel vor der Durchführung. Das DSO ist eben ein klasse Orchester: Sound, Drive, Volumen: Da ist alles da. Kodamas gewollte Sforzati zum Beispiel in Takt 250 wirken da eher unbeholfen. Auch glaubt der Hörer, das Tempo sei in der Durchführung etwas zurückgenommen. Vielleicht täuscht der Eindruck, aber der in seinen Nachschlägen polternde Orchesterapparat wirkt zu plakativ.
Trotz allem arbeitete die 46-jährige Kodama emsig acht Jahre an ihrem Zyklus der Einspielung aller 32 Beethoven-Sonaten (im Februar 2013 absolvierte sie die letzte Aufnahmesitzung dazu) und der fünf Konzerte. Die bereits vorliegenden Konzerte Nr. 1 bis 3 ergänzte sie um die Konzerte 4 und 5, die wiederum, wie das vorliegende Tripelkonzert, in der Berliner Jesus-Christus Kirche aufgenommen wurden. Inzwischen wächst die nächste Künstlergeneration aus dem Hause Nagano heran: Mit Karin Kei Nagano (15 Jahre), der Tochter von Kent Nagano und Mari Kodama, erobert eine junge Nachwuchspianistin die Bühne.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Beethoven, Ludwig van: Tripelkonzert & Konzert Nr. 3 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
Berlin Classics 1 17.02.2012 70:07 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
885470003313 0300331BC |
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"Schon mit ihrem Sonaten-Zyklus sorgte die Pianistin Mari Kodama für Aufsehen, dann nahm sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Dirigenten Kent Nagano, und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin die ersten beiden Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven auf - und erneut war die Fachwelt begeistert von dieser ungewöhnlichen Synthese aus Präzision und Eleganz. Das nächste Kapitel dieser Geschichte ist nun mit dieser Veröffentlichung auf dem Label Berlin Classics zu hören: Es enthält zunächst das fröhliche Tripelkonzert in C-Dur, bei dem die Pianistin und ihre hochkarätigen solistischen Partner Kolja Blacher und Johannes Moser ein ausgelassenes konzertantes Dreiergespräch führen, das aber auch innige Trio-Intimität zulässt. Jeder kommt zu seinem Recht - und jeder hat in diesem Konzert auch etwas zu sagen, so dass man sich nur wundert, warum dieses Werk mitunter etwas stiefmütterlich behandelt wird. Es folgt das 3. Klavierkonzert in der „tragischen“ Tonart c-Moll, das Mari Kodama leidenschaftlich, aber ohne jeden Ballast, dafür mit Tiefe und Schönheit zum Klingen bringt. Dass Kent Nagano und das DSO ihr dabei in großer Harmonie folgen versteht sich fast von selbst. Mit dem trotzig-heiteren Moll-Kehraus des Finales findet die Reise dieser CD, die durch den ganzen Ausdruckskosmos Beethovens führt, zu einem ausgleichenden Ende." |
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Berlin Classics Berlin Classics (BC) ist das Klassik-Label der Edel Germany GmbH. Es ist das Forum für zahlreiche bedeutende historische Aufnahmen, wichtige Beiträge der musikalischen Zentren Leipzig, Dresden und Berlin sowie maßgebliche Neuproduktionen mit etablierten und aufstrebenden jungen Klassik-Künstlern. Dazu zählen etablierte Stars, wie z.B. die Klarinettistin Sharon Kam, die Pianisten Ragna Schirmer, Sebastian Knauer, Matthias Kirschnereit, Anna Gourari und Lars Vogt, die Sopranistin Christiane Karg oder auch die Ensembles Concerto Köln, Pera Ensemble, sowie der Dresdner Kreuzchor und das Vocal Concert Dresden. Mehrfach wurden Produktionen mit einem Echo-Preis ausgezeichnet. Im Katalog von Berlin Classics befinden sich Aufnahmen mit Kurt Masur, Herbert Blomstedt, Kurt Sanderling, Franz Konwitschny, Hermann Abendroth, Günther Ramin, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Dietrich Fischer-Dieskau, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Dresdner Philharmonie, die Rundfunkchöre Leipzig und Berlin, der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor Leipzig. Sukzesssive wird dieses historische Repertoire für den interessierten Hörer auf CD wieder zugänglich gemacht, wobei die künstlerisch hochrangigen Analogaufnamen mit größter Sorgfalt unter Anwendung der Sonic Solutions NoNoise-Technik bearbeitet werden, um sie an digitalen Klangstandard anzugleichen. Mehr Info... |
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