
Vivaldi, Antonio - L´Estro Armonico Op.3, Volume I
Ein Stück venezianischer Lebensfreude II
Label/Verlag: Arts music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Hört man den Namen Vivaldi ist man geneigt, zunächst an die vier Jahreszeiten zu denken. Wer einmal vor der Gesamtausgabe des Komponisten gestanden und gesehen hat, wie sich Buchrücken an Buchrücken reiht, dem wird klar, welch geringen Teil dieses Meisterwerk im Gesamtschaffen des ‘prete Rosso’ einnimmt.
Aus diesem reichhaltigem Werk stellt ‘L´estro armonico’ einen sehr interessanten Zyklus aus zwölf Konzerten dar.
Die zwölf Konzerte lassen sich in vier Gruppen unterteilen, von denen jede drei Konzerte umfasst. Je eines für vier Violinen, eines für zwei und für eine Einzelne.
In einem 1997 in Italien von Francesce Malipiero herausgegebenem Notendruck steht im Vorwort zu lesen: ‘Antonio Vivaldi stellte sich seinen Zeitgenossen mit zwei Werken von farbloser Herkömmlichkeit vor’. Gemeint sind damit seine zwölf ‘Sonate a tre’ op.I, sowie seine 12 ‘Sonate’ für Violine und Bass op.2 . ‘Wenige Jahre später jedoch, mit dem Erscheinen der 12 Concerti op. III ..... trat das ganze Ausmaß der eigenständigen und kraftvollen Persönlichkeit des venezianischen Komponisten zutage’.
Bezeichnenderweise ließ Vivaldi den Zyklus bei Estienne Roger drucken, der damals in ganz Europa für die Qualität seiner Drucke bekannt war. Dieser Umstand lässt einerseits erkennen, welche Reputation Vivaldi damals schon hatte, andererseits welche Bedeutung er einer schnellen, von einem qualitativ hochwertigen Druck repräsentierten Verbreitung des Werkes beimaß.
Es stellt sich die Frage, welche Überlegungen Antonio Vivaldi dazu bewogen haben mögen, diesen Namen, der sich mit ‘harmonischer Eingebung’ übersetzen lässt, für seinen Zyklus zu wählen. Betrachtete er diese schöne Instrumentalmusik nicht als sein eigenes Werk? War es für ihn mehr eine Eingebung von anderer Stelle, die ihn dazu bestimmt hatte, diese zwölf Konzerte in die Welt zu setzen?
Sozusagen als zusätzlicher Beweis für die Qualität des Zyklus kommt die Tatsache hinzu, das kein Geringerer als J.S. Bach sechs der zwölf Konzerte für seine Zwecke in eine andere Instrumentierung übertrug.
Beim Hören der CD wird schnell deutlich das die Musik hier von einem Ensemble musiziert wird, welches den teilweise sehr hohen Ansprüchen, wie sie vor allem in den schnellen Solopassagen auftreten, voll gerecht wird.
Bemerkenswert ist, dass für diese Aufnahme eine Barockgitarre hinzugezogen wurde, wie sie bei älteren Einspielungen nicht verwendet wurde. Ihr voller und weicher Klang rundet das akustische Gesamtbild gut ab.
Bereits im ersten Konzert wird deutlich, wie professionell diese Einspielung ist. Die Tutti werden kräftig akzentuiert, die Phrasierung wird geschmeidig und gefühlvoll gespielt, die Dynamik hat die nötige Differenzierung, ohne dabei aus dem Rahmen zu fallen. und an den Tonansätzen ist die virtuose Bogenführung der Streicher unverkennbar.
Die verschiedenen Konzerte enthalten eine sehr große Bandbreite musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten, welche durch die professionelle Interpretation, in Verbindung mit der guten Aufnahmequalität, voll zum Tragen kommen.
Sämtliche musikalischen Parameter stehen in dieser Aufnahme in stimmigem Verhältnis zueinander.
Das Booklet bekundet der Acdademia Bizantina stilistische Genauigkeit, fantasievolle Interpretation und technische Perfektion. Diesem Urteil ist nichts hinzuzufügen.
Häufig kommt vor, dass in den solistischen Passagen die Melodie auf die einzelnen Violinen aufgeteilt wird. Beispielsweise trifft man im zweiten Konzert im Allegro-Teil des ersten Satzes (Track 4) auf einen Abschnitt (Takt 55-70), in dem die beiden Soloviolinen abwechselnd Achtel- und Viertelfiguren über die Länge je eines Taktes zu spielen haben. Dabei ist die Komposition so angelegt, dass die Achtelbewegungen einer Violine mit den Viertelfiguren der Anderen zugleich ertönen. Im einleitenden Andante des vierten Konzertes wird zwischen den vier Violinen taktweise eine aufsteigende rhythmische Struktur, bestehend aus punktierten Achteln und Sechzehnteln, abwechselnd gespielt. Wie die Läufer bei einem perfekt eintrainierten Staffellauf wechseln die Solisten einander ab. Diese Wechsel sind für den aufmerksamen Hörer nachvollziehbar, der Kontinuität des Vortrags erwächst daraus aber kein Nachteil.
Es ist diese Virtuosität, welche vorliegende Aufnahme zu einem Genuss für den Zuhörer machen. Ein großer Abwechslungsreichtum rhythmischer Strukturen, harmonische Vielseitigkeit und die nötige Anzahl interpretatorischer Vorschreibungen bedingen eine Kontinuität innerhalb der zwölf Konzerte, die nach mehrmaligen Hören immer offensichtlicher ins Bewusstsein tritt.
Das Booklet gibt in den Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch ausführlich über die Entstehung und Verbreitung des Werkes in Europa. Auch wird das Ensemble Accademia Bizantina sowie dessen Leiter Ottavio Dantone vorgestellt.
Ich persönlich kann diese CD, auf der die ersten sechs der zwölf Konzert enthalten sind, mit gutem Gewissen zum Kauf weiterempfehlen. Nicht zuletzt deshalb, da ich beim wiederholten Hören die Erfahrung gemacht habe, das ein Stück so schön vertonter venezianischer Lebenslust am langen Winterabenden nicht ungelegen kommt.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Vivaldi, Antonio: L´Estro Armonico Op.3, Volume I |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: Veröffentlichung: |
Arts music 1 26.01.2005 45:26 2000 2002 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
0600554764627 47646-2 |
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Vivaldi, Antonio |
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