
Haydn, Joseph - Streichquartette Nr. 76-78
Treffliches
Label/Verlag: NCA - New Classical Adventure
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine rundum überzeugende Einspielung dreier später Haydn-Quartette mit dem Leipziger Gewandhaus-Quartett.
Mitunter erlebt man, dass Streichquartett-Ensembles Haydn, um ihn aus der verstaubten Papa-Ecke herauszuholen, einen kräftigen Stoß versetzen, der ihn dann freilich glatt aus dem 18.-Jahrhundert-Rock herauskippen lässt. Zu diesen Quartetten gehört das Leipziger Gewandhaus-Quartett nicht. In der vorliegenden Einspielung der Nummern zwei bis vier des Opus 76 (des ‚Quinten-‚ und ‚Kaiserquartetts‘ sowie des ‚Sonnenaufgangs‘) aus dem Jahr 2004 arbeiten die vier Musiker vielleicht nicht Haydns Stellung in der Musikgeschichte heraus – ihre Interpretation kommt hörbar gleichsam aus der Zukunft, von der Romantik und stark von Beethoven her. Was sie stattdessen tun, ist jedoch mindestens genauso gut wie ‚Originaltreue‘: Sie bringen Haydn mit müheloser Kunst und höchster Musizierkultur zum Klingen.
Zupackend und temperamentvoll gehen sie dabei zu Werke, überstrapazieren aber niemals die Ausdrucksmittel, zwingen keine Effekte herbei: Diese Darbietung der späten Haydn-Quartette ist zugleich aussagekräftig und stilvoll. Man hört darin förmlich die lange Tradition dieser Vereinigung – und, dass mit Frank-Michael Erben, Conrad Suske, Volker Metz und Jürnjakob Timm vier Musiker aufspielen, die vollkommen auf einer Wellenlänge sind. So traumwandlerisch sicher ist das Zusammenspiel, so makellos eines Sinnes das gemeinsame Gestalten von musikalischer Struktur und klanglicher Substanz.
Frisch und glänzend musiziert
Zum Beispiel das d-moll-Quartett: Die tiefen Register sind von fast Beethovenscher Bärbeißigkeit, die Ausdruckshaltung namentlich im Kopfsatz von Schubertscher Leidenschaftlichkeit. All das ergibt aber eben weder Beethoven noch Schubert, sondern Haydn – in Struktur und Charakter klar erfasst, frisch und glänzend musiziert. Und im Kopfsatz des ‚Kaiserquartetts‘ schießt die Spiellaune förmlich über (inklusive vereinzelter leichter Intonationstrübungen und Temposchwankungen, die aber aufs ganze gesehen bedeutungslos sind), ohne dass darunter die Transparenz des Satzes, die melodische und rhythmische Kontur, die interpretatorische Prägnanz litten. In gleichem Sinne entstehen im Variationensatz Klanggewebe von einer faszinierenden Intensität, Leuchtkraft und Dichte, wie man sie selten hört.
Nicht zum mindesten trägt zu diesem Eindruck das hervorragende Klangbild der Aufnahme bei. Bei der Abmischung scheint man die Möglichkeiten, die Gleichwertigkeit der Stimmen wiederzugeben, aufs äußerste ausgereizt zu haben. Dankenswert kommen so – neben der strahlenden Geigen-Höhe und der knackig konturierten Cello-Tiefe – vor allem die oftmals unterschlagenen, warm ausgeleuchteten, Mittelstimmen zur Geltung.
Ein sorgfältig und ansprechend gestaltetes Booklet mit kundig verfasster Textbeilage rundet das Gesamtbild in willkommener Weise ab. Die darin zitierten Worte Schumanns, die dieser auf das Gewandhaus-Quartett seiner Tage münzte, behalten ihre Gültigkeit auch in Anwendung auf die vorliegende Produktion: ‚Man kann nicht leicht Trefflicheres in trefflicherer Ausführung hören.‘
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Haydn, Joseph: Streichquartette Nr. 76-78 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
NCA - New Classical Adventure 1 19.03.2011 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
885150602379 60237 |
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"Mit seiner fast zweihundertjährigen Geschichte verkörpert das Leipziger Gewandhaus- Quartett ein beachtliches Stück abendländischer Musikgeschichte. Es ist die älteste ohne Unterbrechung existierende Streichquartettformation überhaupt. In der schon heute als legendär geltenden Besetzung, bestehend aus Frank-Michael Erben (1. Violine), Conrad Suske (2. Violine), Volker Metz (Viola) und Jürnjakob Timm (Violoncello), musizierte das international erfolgreiche Quartett bis 2006. Auf dieser Einspielung widmet sich das Leipziger Gewandhaus-Quartett berühmter Streichquartette von Joseph Haydn. Haydn, der als der „Vater“ der Streichquartette gilt, ist ebenso Komponist der Melodie der deutschen Nationalhymne, die als Bestandteil des „Kaiserquartetts“ auch auf dieser CD zu hören ist. Außerdem interpretiert das Quartett die Kompositionen „Quintenquartett“ und „Der Sonnenaufgang“ und unterstreicht mit dieser außergewöhnlichen Aufnahme, dass die „wunderbaren Musiker“ (Die Zeit) des Gewandhaus-Quartetts zu den „weltweit besten Ensembles“ (Süddeutsche Zeitung) gehören." |
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NCA - New Classical Adventure 20 Jahre NCA Als im Jahre 1992 das Klassiklabel NCA ins Leben gerufen wurde, dachte niemand daran, dass man heute das 20-jährige Jubiläum feiern könnte. In zwei Jahrzehnten wurde ein Katalog geschaffen, der mehr als 150 Produktionen umfasst und zum Besten gehört, was die Klassik zu bieten hat. NCA steht für neue Interpretationen bekannter Werke, steht für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit Musik in den verschiedensten, vielleicht auch ungewohnten Besetzungen, steht für auserlesene, oft zu Unrecht selten oder bisher noch nie eingespielte Werke in allen Stilistiken der klassischen Musik, was insgesamt zum Markenzeichen des Labels wurde und ist damit die ideale Ergänzung für den Plattenschrank eines Klassikliebhabers werden.Dabei ist selbstverständlich Grundvoraussetzung eine hohe künstlerische und technische Qualität der Einspielungen. Bei NCA findet sich keine Trennung des Repertoires, sondern alle Einspielungen dienen gleichberechtigt dem einen Zweck, das Phänomen ?Musik? im Sinne eines Mosaiks ganzheitlich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) entstehen zu lassen. Viele Einspielungen aus sämtlichen Genres der klassischen Musik wurden von der Fachpresse hochgelobt und mit diversen Preisen ausgezeichnet. Viele berühmte und weltbekannte Künstler zeugen von der höchsten Qualität der Produktionen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Förderung junger und aufstrebender Künstler, um ihnen ein Sprungbrett in die weite Welt der Klassik zu bieten. Wenn Sie Lust auf klassische Abenteuer im besten Sinne des Wortes haben, dann sollten Sie sich NCA nicht entgehen lassen!
Klaus Feldmann Mehr Info... |
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