
Mozart, Wolfgang Amadeus - Die Hochzeit des Figaro
Energiekick für Salzburg
Label/Verlag: VAI
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Dieser Schwarz-Weiß-Mitschnitt des ORF bietet eine willkommene Alternative zum optisch weitaus biedereren Festspieldokument von 1966.
Waren die Aufführungen von Mozarts 'Le nozze di Figaro' bei den Salzburger Festspielen in den späten 1950er und bis Ende der 1960er Jahre durch den vielgerühmten Mozart-Stil von Karl Böhm geprägt, so kommt jenem Festspielsommer des Jahres 1963 eine besondere Bedeutung zu: Der gerade 33jährige Lorin Maazel übernimmt im zweiten Jahr die Neuproduktion des 'Figaro' im Kleinen Festspielhaus in der Regie von Gustav Rudolf Sellner. Die Intentionen der Inszenierung, auf jeglichen Ausstattungspomp zu verzichten und eine verstärkte Konzentration auf die handelnden Figuren zu legen, greift Maazel in seiner Lesart lückenlos auf. Mit unablässigem Vorwärtsdrang und einer gehörigen Portion Nervosität zaubert der junge Dirigent einen wahrlich ‚tollen Tag‘, der trotz der straffen Tempi nie gehetzt oder ohne Tiefgang daherkommt. Die Wiener Philharmoniker folgen ihm vertrauensvoll durch die ihnen seit Jahrzehnten vertraute Oper und fördern damit eine ungewohnte Durchsichtigkeit und Verspieltheit zu Tage. Beeindruckend ist bereits Maazels Auftritt im Orchestergraben vor der Ouvertüre: Nachdem er sich verbeugt hat, nimmt er mit beiläufig schwungvoller Geste die Partitur vom Pult, und dirigiert den 'Figaro' auswendig.
In Sellners auffällig reduzierter Inszenierung agieren die Sänger im nahezu leeren Raum – freilich in historisierenden Kostümen –, aber das Konzept geht auf und fesselt weitaus mehr als die kurz darauf in Salzburg nachfolgende Rennert-Inszenierung. Das liegt aber nicht zuletzt an einem großartigen Ensemble, das durch große Persönlichkeiten und eine reizvolle Mischung besticht. Aus dem berühmten Wiener Mozart-Ensemble tritt Hilde Güden als bildschöne Gräfin Almaviva in Erscheinung. Mit berührend sanfter Farbgebung und dem unverwechselbaren Güden-Ton zieht sie die Sympathien des Salzburger Publikums zweifellos auf sich. Als Graf punktet Dietrich Fischer-Dieskau mit langjähriger Rollenerfahrung und einem Hauch blasierter Eitelkeit, von seinen gesanglichen Qualitäten ganz zu schweigen. Dennoch wagt er sich nie über die Grenze des ‚Schicklichen‘ hinaus, dazu kann ihn auch das Temperament eines ungestümen Maazel nicht verführen.
Ein Glanzpunkt dieser Aufführung ist der Figaro von Geraint Evans, dessen Rollenportrait gerade in Abgrenzung zum sympathischen Komödiantentum eines Walter Berry hervorragend funktioniert. Die latente Aggression Figaros und seine Ernsthaftigkeit im Intrigantentum finden bei Geraint Evans eine kongeniale Umsetzung. Diesen Figaro nimmt man als Revolutionär ernst. Seine Susanna ist bei der quicklebendigen Graziella Sciutti in besten Händen. Ihr herrlich ebenmäßiger und warmer Sopran passt hervorragend zum samtenen Glanz von Hilde Güden und als bodenständige Susanna macht sie neben dem authentischen Geraint Evans in jeder Hinsicht eine gute Figur.
Aus dem Berliner Opernensemble bringt Regisseur Sellner einige Sänger mit nach Salzburg. Allen voran den profunden Peter Lagger als Bartolo und die weniger urkomische als furchteinflößende, und gleichzeitig tonschön singende Patricia Johnson als attraktive Marcellina. Evelyn Lear mag als Cherubino nicht gerade eine Traumbesetzung sein, aber sie entledigt sich der Rolle mit dem nötigen Charme und einer soliden gesanglichen Leistung. Der niederländische ‚Ritter vom hohen C‘ John van Kesteren gibt sich als Basilio die Ehre und Siegfried Rudolf Frese und Barbara Vogel komplettieren als Antonio und Barbarina den Berliner Anteil an dieser Salzburger 'Figaro'-Produktion.
Dieser Schwarz-Weiß-Mitschnitt des ORF bietet eine willkommene Alternative zum optisch weitaus biedereren Festspieldokument von 1966.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Mozart, Wolfgang Amadeus: Die Hochzeit des Figaro |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
VAI 1 02.07.2010 |
Medium:
EAN: |
DVD
089948451990 |
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VAI Video Artists International (VAI) incorporated in 1983 and became the first US-based company to offer a selection of home video featuring opera, concert and ballet performances from international performance centers. In 1991 VAI began producing compact discs.. In 2001 VAI released its first DVD.
Initial VHS releases included ballet films from Russia followed by a series of complete operasstarring Anna Moff, Renata Tebaldi in Tosca and Beverly Sills All these remain best sellers for VAI. Also issued were recitals by Rosalyn Tureck, Anna Russell, Renata Scotto and others. All of these have been issued on DVD. Mehr Info... |
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