
Jan Vogler spielt - Cellokonzerte von Carter & U. Zimmermann
Nur für wenige
Label/Verlag: Neos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Der Cellist Jan Vogler erkundet mit den Cellokonzerten von Elliott Carter und Udo Zimmermann Pfade abseits des Mainstreams. Seine Fähigkeit, weite kantable Bögen zu spannen, setzt er aber auch hier gewinnbringend ein.
Jan Vogler, bekannt als großer Melodiengestalter, hat in den letzten Jahren (‚My Tunes‘) immer wieder eher das große Publikum ansprechende CDs vorgelegt. Die hier vorliegende CD aus der Reihe der ‚Musica viva‘ kann nicht hierzu gezählt werden. Elliott Carter und Udo Zimmermann sind Komponisten ganz der Jetztzeit, ihre Cellokonzerte folgen nicht traditionellen Formkonventionen, sondern entwickeln ihre jeweils eigene Dramaturgie. Carters Cellokonzert entstand 2001 und besteht aus rund sieben eng zusammenhängenden Abschnitten. Die Komplexität der Musik geht nicht zu Lasten von Expression oder Kantabilität; nicht ohne Grund bezeichnete Oliver Knussen Carter als den wichtigsten musikalischen Dramatiker der Instrumentalmusik.
Ein wenig kürzer als Carters Konzert ist Udo Zimmermanns 2009 entstandenes, 'Lieder von einer Insel' betitelte Cellokonzert. Texte von Ingeborg Bachmann, Heinrich Heine, Else Lasker-Schüler, Franz von Assisi und Friedrich Hölderlin sind den fünf Sätzen vorangestellt, doch bleibt unklar, welcher Art die Assoziationen mit dem Werk sind. Deutlich stärker noch als bei Carter ist die melodische Komponente zentrales Element der Musik; aus der narkotischen Stimmung reißt aber der hochnervöse, kontrapunktisch reiche vierte Satz 'Aufbruch'. Ansonsten aber nimmt sich die Musik bewusst zurück und leitet den Hörer zumeist in eine Art meditativen Zirkel. Herrliche gesangliche Melodien bieten Vogler reiche Möglichkeiten, sein berühmtes Legato voll zum Zuge kommen zu lassen. Gelegentliche musikalische Zitate oder Pseudozitate vermitteln den Eindruck, dass wir diese irgendwie Musik schon kennen, dass wir uns mit ihr vertraut fühlen. Man kann zwar nicht von ‚Easy Listening‘ sprechen, doch erzeugt der weitgehende Verzicht auf äußeren Effekt einen ähnlichen hypnotischen Sog. Der zumeist bewusst zurückhaltend gestaltete Orchesterpart lässt kaum den Eindruck eines wirklichen Konzertes aufkommen – ohne aber dass man von einem Anti-Konzert sprechen könnte.
Vogler hat mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Kristjan Järvi einen kongenialen Partner zur Seite. Zusammen stellen sich die Musiker zutiefst in den Dienst der Musik und spannen jeweils ganz eigene Klangwelten auf; auf ganz unterschiedliche Weisen ist diese Musik ganz jetztzeitig und doch nicht wirklich Musik des 21. Jahrhunderts. Aufnahmetechnische Brillanz und ein erhellendes Booklet unterstützen eine von der Gesamtspieldauer (unter 40 Minuten) eher bescheidene, insgesamt aber in sich äußerst schlüssige und gewinnbringende Produktion.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Jan Vogler spielt: Cellokonzerte von Carter & U. Zimmermann |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Neos 1 01.08.2013 |
Medium:
EAN: |
SACD
4260063110146 |
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Neos NEOS das neue Label für Zeitgenössische Musik, das seit Mitte Mai 2007 auf dem deutschen, seit Oktober 2007 auch auf dem internationalen Markt präsent ist. Im Zentrum der Neuveröffentlichungen stehen Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts - die Betonung liegt dabei auf Welt-Ersteinspielungen. Mehr Info... |
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