
Revisions. Steven Isserlis spielt - Bearbeitungen für Cello & Orchester von Debussy, Ravel, Prokofjew & Bloch
Prokofjews Lebensweisheiten
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Der großartige Steven Isserlis bezaubert mit einer Fülle herrlicher Arrangements.
Steven Isserlis gehört derzeit zu den Top Ten Cellisten der Welt. Er reiht sich ein in Namen wie Mischa Maisky, YoYoMA, Sol Gabetta, David Geringas, Daniel Müller-Schott und Gautier Capuçon. Isserlis’ jüngste SACD grast nun abseits der ausgetretenen Pfade, weshalb die Platte höchste Noten für den Repertoirewert erzielt. Um nicht wieder die Konzerte von DvoYák, Elgar oder Schumann spielen zu müssen, griff der britische Cellist auf von ihm selbst in Auftrag gegebene Bearbeitungen zu – sicher ein Alleinstellungsmerkmal dieser auch in künstlerischer Sicht exzeptionellen Aufnahme.
Fünf Sätze hat die von Sally Beamish rekonstruierte Suite für Cello und Orchester von Claude Debussy. Isserlis merkt in seinem humorvoll geschriebenen Booklet-Beitrag treffend an, dass es ‚frustrierend sei, so einen unvollständigen Suiten-Torso Debussys zu haben‘, denn das Cello-Repertoire sei ohnehin nicht so groß; womit er sicher recht hat. Abwechselungen wie diese werden da dankend angenommen. Wenn alles auch noch so fulminant gespielt wird, bei Steven Isserlis genießt der Hörer umso mehr. Für einen Künstler von Reputation wie ihn zählt der Dreiklang solistische Aktivität, Repertoire-Erweiterung (auch als Bearbeiter) und – spätestens in der zweiten Lebenshälfte die des Pädagogen. Das war so bei Casals, Tortelier, Rostropowitsch und Schiff. Bei letzteren kam eine intensive Dirigiertätigkeit hinzu.
Betört begegnet der Hörer Maurice Ravels 'Deux Mélodies Hébraïques', darunter 'Kaddisch' und 'L’enigme éternelle', die sich einander ergänzen. Kaddisch – benannt nach dem jüdischen Gebet – trägt Isserlis mit überschwänglicher Inbrunst vor, was aber keineswegs aufgesetzt wirkt: Es gehört zu dieser Musik. Irisierend sind die dissonanten Pianissimo-Orchestereinwürfe der hervorragenden Tapiola Sinfonietta, über denen die unendliche Melodie zu schweben scheint. Auch im sich anschließenden Forteteil – mit Harfenglissandi umspült – zeigt Isserlis einen überlegenen Ton von unglaublicher Dichte. Das finnische Orchester pinselt dazu mit schweren, tiefgründigen Farben: Sibelius lässt grüßen. Ein Ravel, der ausdruckstief-nordisch klingt.
Das kurze zweite 'L’enigme éternelle' kommt sehr irrlichternd daher und bietet die perfekte Überleitung zu Prokofjews 'Concertino für Violoncello und Orchester' op. 132, das Mstislav Rostropowitsch vervollständigte. Dessen Klanggewalt und unverwechselbares C-Saiten-Gewühle kopiert Isserlis. Es wäre wünschenswert, dass diese Komposition einen Siegeszug durch die Konzertsäle antritt. Sie hat es verdient, weil sie Zeugnis von Prokofjews genialer Erfindungsgabe ist, seinen Witz, seinen sarkastischen Zug – den er ebenso trägt wie Strawinsky – und seine empfindsame russische Seele abbildet. Olli Mustonen, der mit Isserlis befreundet ist, schrieb die Kadenz zum ersten Satz. Das Concertino ist ein Musterbeispiel für Prokofjews Spätstil, so Isserlis im informativen Booklett. Das Werk verwendet eine Fülle volkstümlicher Melodien, ohne volkstümelnd zu wirken. Isserlis blättert die Albumblätter und Lebensweisheiten des 62-jährigen Komponisten mit einer Selbstverständlichkeit auf, die Ihresgleichen sucht. Richtige Musik für späte Abendstunden bei Rotwein oder für triste Regentage im Herbst. Isserlis spielt phantastisch, auch weil sein Stradivari-Cello ein einzigartiges Klangerlebnis vermittelt. Abgerundet wird diese CD von der von Christopher Palmer arrangierten Fassung von Ernest Blochs Werk 'From Jewish Life' aus dem Jahre 1924.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Revisions. Steven Isserlis spielt: Bearbeitungen für Cello & Orchester von Debussy, Ravel, Prokofjew & Bloch |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
BIS Records 1 21.07.2010 |
Medium:
EAN: |
SACD
7318599917825 |
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BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
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