> > > I Mercanti di Venezia. Bande Montréal Baroque: Instrumentalwerke von Salamone Rossi & Giovanni Bassano
Samstag, 23. September 2023

I Mercanti di Venezia. Bande Montréal Baroque - Instrumentalwerke von Salamone Rossi & Giovanni Bassano

Venezianische Virtuosen


Label/Verlag: Atma classique
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Ein interessantes Instrumentalprogramm mit Musik von jüdischen Komponisten aus Venedig um 1600: Eric Milnes und die Bande Montréal Baroque überzeugen deutlich.

Durchaus in Anlehnung an Shakespeares ‚Kaufmann von Venedig’ haben der Eric Milnes und seine kanadischen Mitstreiter der Bande Montréal Baroque bei ‚ATMA Classique’ eine interessante Platte vorgelegt – ‚I Mercanti di Venezia’ betitelt. Das Venedig der ausgehenden Renaissance war eine kosmopolitische, polyreligiöse Metropole, die ihre kulturellen, politischen und ökonomischen Impulse aus dem gesamten Mittelmeerraum bezog und sich diese kreativen Kräfte gewissermaßen aneignete. Eine Facette dieser Vielschichtigkeit zeigt das Programm der vorliegenden Platte. Es besteht aus Instrumentalwerken von jüdischen Komponisten der späten Renaissance und des beginnenden Barock, die in Venedig in verschiedenen Positionen – unter anderem als Instrumentalisten am Markus-Dom – zur Blüte des musikalischen Lebens beitrugen. Vertreten sind Salomone Rossi (ca. 1570-1630), Giovanni Bassano (gest. 1617) und Augustine Bassano (ca. 1526-1604).

Besonders interessant sind die Arbeiten von Rossi, hier einige Sätze aus dem dritten und vierten Band seiner Sonatenbücher, die in den Jahren 1613 und 1622 in Venedig veröffentlicht wurden: Rossi gebietet über die typische Kunstfertigkeit der Zeit und formt subtile, elegante, leichte und bewegliche Sätze. Eine interessante Farbe fügen Milnes und seine Mitstreiter dem Programm durch instrumentale Versionen einiger knapper Motetten auf hebräische Texte hinzu. Von ebenfalls bemerkenswerter Qualität sind die Kompositionen Giovanni Bassanos. Neben einigen solistisch von Flöte oder hoher Viola da Gamba ausgeführten Ricercar-Sätzen unterstreichen vor allem etliche eindrucksvolle Diminutionen auf Vorlagen etwa von Cipriano de Rore oder Jacobus Clemens non Papa, welches kompositorische Format Bassano aufwies. Wenig überraschend ist es vor diesem Hintergrund, dass er zur Zeit der beiden Gabrielis Andrea und Giovanni als virtuoser Zinkenist den instrumentalen Ruhm der Kirchenmusik am Markus-Dom mehrte. Die knappen Sätze Augustine Bassanos, über dessen Leben und Schaffen wenig bekannt ist, zeigen dagegen einen strengeren, stärker kontrollierten Bau, entspringen noch deutlicher als die Sätze Giovanni Bassanos und vor allem diejenigen Salomone Rossis dem strukturellen Gewebe polyphoner Prägung.

Sehr hohes Niveau

Eric Milnes und die Formation Montréal Baroque haben sich in der Alten Musik in sehr variabler Besetzung und in Kooperation mit renommierten Vokalisten einen exzellenten Ruf erspielt: Die ersten Folgen des ambitionierten neuen Bach-Kantaten-Projekts, aber auch konzeptionell wie interpretatorisch feine Platten wie die Sammlung mit Vertonungen von Texten aus dem Hohelied sind in allerbester Erinnerung. Auch die Venedig-Aufnahme zeigt das hohe instrumentale Niveau: Flöte und Zink von Francis Colpron und Matthew Jennejohn brillieren mit toller Geläufigkeit, manche Diminution gerät regelrecht rasant. Basis dieses temperamentvollen Treibens sind harmonisch ausgehörte Klangflächen. Hier tut sich vor allem Susie Napper mit Viola da Gamba und Cello hervor – sie sorgt für eine klare Struktur, ohne den Klang vom tiefen Register aus zu dominieren.

Milnes trifft sämtlich sehr glückliche Tempoentscheidungen und ist damit auf eine angenehm leichte, fast spielerische Weise zentraler Teil der Deutung. Dynamisch spielt sich das Geschehen im gedämpften Bereich ab, ist aber immer angemessen fein differenziert. Das Klangbild ist sehr gut strukturiert, mit deutlichen Stärken in der Abbildung des Ensembles und mit einem gelungen dimensionierten Raumanteil versehen. Die Musikerinnen und Musiker um Eric Milnes artikulieren und phrasieren sehr variabel und aktiv – und gerade diese Qualität ist besonders bemerkenswert, weil sich die Diminutionsmodelle bei allzu einseitig auf reine Virtuosität orientierter Spielweise in ihren Reizen doch sehr schnell verbrauchen können. Zu hören ist ein spannend arrangiertes, auf hohem Niveau interpretiertes Instrumentalprogramm. Alle Akteure gebieten über solistische Qualitäten, fügen sich aber ebenso selbstverständlich zu einem harmonischen Ensemble zusammen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    I Mercanti di Venezia. Bande Montréal Baroque: Instrumentalwerke von Salamone Rossi & Giovanni Bassano

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Atma classique
1
20.05.2010
Medium:
EAN:

CD
722056259828


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Atma classique

Das Label ATMA - Seele oder Lebensgeist auf Sanskrit - wurde 1995 gegründet und bietet inzwischen mehr als 200 Aufnahmen von mittelalterlicher bis zu zeitgenössischer Musik mit einem besonderen Schwerpunkt im Barock. Für ihre Aufnahmen umgibt sich Johanne Goyette, Direktorin und zugleich Toningenieurin der Firma, gerne mit wagemutigen Künstlern, um in ihrem Studio Unerhörtes (und Ungehörtes) zu schaffen.
ATMA Classique vertreibt in Kanada, den Vereinigten Staaten, in Europa, Australien und Asien. Das Label erfreut sich zunehmend großen Erfolgs und genießt weltweite Anerkennung für die hohe Produktionsqualität sowohl in aufnahmetechnischer als auch in künstlerischer Hinsicht. Zahlreiche Aufnahmen wurden mit Preisen (Diapason d?or, Goldberg, Prix Opus, Félix, JUNO u.a.) ausgezeichnet.
Im Juni 2004 hat ATMA Classique in Zusammenarbeit mit dem Festival Montréal Baroque den Grundstein zu einem anspruchsvollen Großprojekt gelegt: Über die nächsten fünfzehn Jahre sollen Johann Sebastian Bachs 200 geistliche Kantaten zum ersten Mal im hybriden SACD-Format (Super Audio Compact Disc) mit Surround-Sound aufgenommen werden.


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