> > > Wiegenlieder Vol. 2: mit Juliane Banse, Christian Gerhaher, Andreas Scholl u.v.a.
Samstag, 23. September 2023

Wiegenlieder Vol. 2 - mit Juliane Banse, Christian Gerhaher, Andreas Scholl u.v.a.

Uneitel


Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Sehr schöne Fortsetzung des Wiegenlieder-Projekts von Cornelius Hauptmann bei Carus.

Es ist viel besprochen worden, das vom Bassisten Cornelius Hauptmann ins Werk gesetzte Projekt einer feinen Wiegenlieder-Sammlung, interpretiert von etlichen der großen Vokalsterne unserer Zeit. Und in der Summe ist alles Wichtige gesagt. Klar ist: Wenn von diesem Projekt ein wirklicher Impuls für das Musizieren mit Kindern ausgeht, wenn das reiche Repertoire dieser wunderbaren Lieder dadurch einen lebendigen Impuls bekommt, können seine Verdienste nicht hoch genug gewürdigt werden.

Dass dieser Weg fortgesetzt werden kann, dafür will auch die zweite Platte mit Wiegenliedern sorgen, die jetzt vorliegt. Viele ‚Klassiker‘ finden sich auch hier, aber mit Werken von Peter Cornelius, Carl Maria von Weber, Carl Friedrich Zelter, Franz Schubert, Robert Schumann, Johannes Brahms oder Engelbert Humperdinck wird auch das sich mit den unmittelbar volksliedhaften Wiegenliedern überschneidende Repertoire des romantischen Lieds im ‚Volkston‘ bedacht. Da gibt es ästhetisch natürlich etliche Gemeinsamkeiten in Melodiebildung und expressiver Geste. In der Begleitung emanzipieren sich diese Kompositionen freilich teilweise deutlich vom Schlichten, etwa bei Schumann oder Humperdinck. Lohnend ist auch ein Blick auf die häufig alles andere als naiven oder banalen Texte: Das einfache ‚Kindelwiegen‘ ist nur eine Seite, wichtig sind zugleich die semantische Nähe von Schlaf und Tod sowie die Gefahren von Unbehaustheit, Armut, Not und deren vorübergehende Auflösung in der Geborgenheit des Schlafs.

Interessant an dieser Platte ist, dass sie als Liedprogramm durchaus eigenständig funktioniert – wenn man beim versonnenen Hören vorübergehend vom programmatischen Hintergrund der wunderbaren Initiative Hauptmanns abgelenkt wird. So kann die Platte bei aller Wertschätzung des ideellen Hintergrunds auch rein interpretatorisch überzeugen: Fast alle Sängerinnen und Sänger finden zu einer feinen, diskreten Auffassung mit konzentriertem, beherrschtem Ton – und werden dabei doch kaum je sentimental. Im Gegenteil – gelegentlich ist es eine erfreuliche Frische in der Interpretation, die überrascht und sehr passend scheint, etwa bei Christian Gerhahers 'Nun ruhen alle Wälder‘. Auch in den künstlerisch deutlicher konturierten Liedern wird mit der nötigen Zurückhaltung gesungen. So gerät diese (wie auch die erste) Platte nebenher zum überzeugenden Argument dafür, dass Sängerinnen und Sänger entgegen dem landläufigen Ruf erstaunlich uneitel sein können.

Auch bei der Vielzahl der Begleitinstrumentalisten sind überzeugende Leistungen zu hören, etwa von Ludger Rémy, Gerold Huber oder Michael Gees mit sehr feiner Artikulation und eigenständigem Beitrag. Gelungen scheint auch die Idee, das klassische Verhältnis von Singstimme und Klavier hier und da zu lockern – indem Instrumente wie der Kontrabass oder ein Alphorn hinzutreten oder der Gesang von Laute, Cembalo oder Akkordeon begleitet wird. Das sind sehr charmante Varianten, ebenso die Beiträge der Ensembles: Hier ragen das Vokalensemble Singer Pur und der Kammerchor Stuttgart heraus.

Die Aufnahmen fanden an etlichen verschiedenen Orten statt, so dass gewisse Unterschiede im Verhältnis von Vokalstimme und Begleitung sowie verschiedene Charaktere in der Grundakustik zu verzeichnen sind. Dass die Platte trotz der verschiedenen Aufnahmeorte, -situationen und -konstellationen erstaunlich einheitlich klingt, ist wohl auch der Beteiligung des Tonmeisters Andreas Priemer vom SWR zu verdanken, der die überwiegende Zahl der Aufnahmen betreut hat. Natürlich: Auf den ersten Blick wird das wunderbare Projekt Cornelius Hauptmanns durch die große Zahl prominenter Sängerinnen und Sänger aufgewertet. Langfristig wird es aber allen Beteiligten zur Ehre gereichen, daran mitgewirkt zu haben.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Wiegenlieder Vol. 2: mit Juliane Banse, Christian Gerhaher, Andreas Scholl u.v.a.

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
Carus
1
20.03.2010
79:38
2010
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4009350830028
8300200


Cover vergössern

Interpret(en):Cornelius, Hauptmann


Cover vergössern

Carus

Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice).


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Carus:

  • Zur Kritik... Prachtwerke: In der Summe eine ungemein gediegen gesungene und gespielte Platte mit Bach-Kantaten – edel im Klang, differenziert im Zugriff, mit üppigen lyrischen Stärken agiert Hans-Christoph Rademann mit seiner Gaechinger Cantorey ohne Zweifel. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Vorstellung einer großen Orgel mit Bach und Duruflé: Der Wiederaufbau der Frauenkirche ging einher mit dem Neubau einer Orgel. Sebastian Kummer stellt sie mit barocken und spätromantischen Werken souverän vor. Weiter...
    (Diederich Lüken, )
  • Zur Kritik... Weihnachtliche Zweitverwertung: Das Calmus Ensemble macht diesen Querschnitt seiner sängerischen Qualitäten wegen sicher für Ersthörer attraktiv. Wer systematischer unterwegs und auf dem diskografischen Weg schon länger dabei ist, dem sei abgeraten. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
blättern

Alle Kritiken von Carus...

Weitere CD-Besprechungen von Dr. Matthias Lange:

  • Zur Kritik... Komplexe Kunst: Verlässlich bringt das Orlando Consort wie hier mit Machaut ferne Musik ans Ohr der Gegenwart und lässt sie ebenso regelmäßig auf erstaunliche Weise bei aller Komplexität frisch, relevant und dringlich klingen. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Eleganter Passions-Ton: Johann Heinrich Rolles in dessen Lukas-Passion vorgestelltes Idiom entfaltet sich bei Michael Alexander Willens pointiert, in einem ästhetisch zum Zeitpunkt der Entstehung nach vorn gewandten Zug. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Sonaten in Entwicklung: Carl Philipp Emanuel Bach umschreibt einen eigenen kompositorischen Kosmos. Rachel Podger und Kristian Bezuidenhout richten gekonnt einen Blick auf sein durchaus eigenwilliges Sonatenschaffen. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
blättern

Alle Kritiken von Dr. Matthias Lange...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (4400 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Henri Bertini: Grand Trio op.43 in A major - Allegro

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

"Schumann ist so tiefgreifend, dass er den Herzensgrund erreicht."
Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich