
Migot, Georges - Klaviertrio
Ernst und heiter
Label/Verlag: Atma classique
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Georges Migot (1891-1976) muss noch entdeckt werden; von seinen vielen Werken ist kaum etwas auf Platte zu haben. Da ist die vorliegende Kammermusik-Platte ein Schritt in die richtige Richtung und zudem ein echtes Plädoyer.
In der Reihe ‚Musique française: Découvertes 1890-1939’ lagen bislang fünf Platten vor, auf denen das kanadische Trio Hochelaga – bestehend aus dem Pianisten Stéphane Lemelin, der zugleich auch der ‚Kopf’ hinter der ganzen Reihe ist, sowie Anne Robert (Violine) und Benoît Loiselle (Violoncello) – Musik unbekannter französischer Komponisten mit Werken aus dem genannten Zeitraum vorstellt. Darunter befinden sich allein drei CDs, die sich der Kammermusik von Théodore Dubois (1837-1924) widmen. Während der Romantiker Dubois den gesteckten Zeitrahmen mit seinem letzten Lebensdrittel abdeckt, ist es bei dem – weitaus unbekannteren – Georges Migot (1891-1976) die erste Lebenshälfte. Von Migot lag bereits eine CD mit Klaviermusik (‚Le Zodiaque’) vor; auf der nun erschienenen zweiten Migot-CD (die sechste der Reihe) ist wieder das ganze Trio Hochelaga zu hören, das zusätzlich durch den Flötisten Robert Cram unterstützt wird.
Multitalent Migot
Georges Elbert Migot war nicht nur musikalisch begabt; er betätigte sich auch als Maler, Dichter (er vertonte fast ausschließlich eigene Texte) und Musikschriftsteller. Zu seinen Lehrern am Pariser Konservatorium gehörten so klangvolle Namen wie Charles-Marie Widor, Vincent d’Indy und Louis Vierne. Seine Werke wurden mit zahllosen Preisen und Auszeichnungen bedacht, was freilich nicht verhindern konnte, dass das umfangreiche Oeuvre nahezu vollkommen in Vergessenheit geriet und erst wieder entdeckt werden muss. Insofern trägt Lemelins Reihe ihren Titel ‚Découvertes’ völlig zu Recht. Man darf gespannt sein auf ein Schaffen, das allein 13 Sinfonien, mehrere große Chorwerke (Oratorien) und einen umfangreichen Katalog an Kammermusik umfasst.
Barocke Formen
In Migots Kompositionen finden sich häufig Anlehnungen an die Barockmusik. Das trifft auf die hier zu hörende Suite 'Le Livre de danceries’ für Flöte, Violine und Klavier zu, die Migot 1929 komponiert hat. In vier Sätzen, deren Titeln (Introduction – Gai – Religieux – Conclusion) man es nicht anmerkt, bietet der Komponist so etwas wie eine moderne Tanzsuite in der Tradition des französischen Barock. So ist der letzte Satz nichts anderes als die erwartete Gigue; es spricht aber für den Komponisten, diese plakativen Bezeichnungen gemieden zu haben – immerhin ist es Musik des 20. Jahrhunderts und keine Barockmusik-Stilkopie. Während die Klangsprache in diesem Werk recht eingängig ist, erfordert das Klaviertrio von 1935 (auch 'Suite à trois’ genannt) einen Hörer, der bereits ist, sich auf die zum Teil eher spröde, eher nachdenklich sich gebende Musik einzulassen. Zwar geht es auch hier durchaus einmal heiter zu (der zweite Satz ist 'allègre’ überschrieben), wirklich befreit klingt das aber eigentlich nie.
Gegensätze
Auch in diesem Fall kann man dem Label Atma classique und dem Trio Hochelaga nur gratulieren zu einer rundum stimmigen und neugierig machenden Produktion. Die so gegensätzlichen Charaktere der beiden Kompositionen werden perfekt herausgearbeitet. So klingt die Tanzsuite durchweg leichtfüßig, luftig, transparent und sorglos, woran auch der silbrige Flötenklang Robert Crams seinen Anteil haben mag. Das Klaviertrio hingegen wird als Ganzes völlig anders präsentiert; hier herrschen Ernst und eine gewisse ‚Schwere’ – es ist hervorzuheben, dass dieser Grundcharakter im gesamten Werk beibehalten wird, so dass sich beide Kompositionen gut gegeneinander abheben, in sich aber sehr einheitlich und überzeugend geraten sind. Die Aufnahmequalität (2007) ist sehr gut. Die Texte im Booklet liegen in englischer und französischer Sprache vor.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Migot, Georges : Klaviertrio |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Atma classique 1 21.01.2010 |
Medium:
EAN: |
CD
722056254328 |
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Atma classique Das Label ATMA - Seele oder Lebensgeist auf Sanskrit - wurde 1995 gegründet und bietet inzwischen mehr als 200 Aufnahmen von mittelalterlicher bis zu zeitgenössischer Musik mit einem besonderen Schwerpunkt im Barock. Für ihre Aufnahmen umgibt sich Johanne Goyette, Direktorin und zugleich Toningenieurin der Firma, gerne mit wagemutigen Künstlern, um in ihrem Studio Unerhörtes (und Ungehörtes) zu schaffen.
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