
Raritäten. Kammermusikalisch - Hornkonzerte von Franz Strauss u.a.
Raritätenkabinett
Label/Verlag: Musicaphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Vor allem die selten aufgenommenen Hornkonzerte von Franz Strauss machen vorliegende Aufnahme interessant.
In der Reihe der von dem Label Musicaphon veröffentlichten Konzertmitschnitte aus Lübeck trägt eine Folge den Titel ‚Raritäten. Kammermusikalisch‘. Letzteres bezieht sich auf den ersten Titel der als hybride SACD produzierten Einspielung, die 'Serenade' für Bläser Es-Dur op. 7 von Richard Strauss. Ersteres – ‚Raritäten‘ – trifft auf die beiden Hornkonzerte von Richard Strauss‘ Vater Franz zu; sie sind im Konzert nur äußerst selten zu hören, auch Aufnahmen der Hornkonzerte sind sehr rar. Das abschließende Stück allerdings, César Francks Klavierquintett f-Moll, das von dem Pianisten Mathias Weber ‚zu einer Symphonie entwickelt‘ wurde, vereinigt beides: Es ist eigentlich ein kammermusikalisches Werk, zugleich ist die gewissermaßen aufgedonnerter Version eine Rarität. Oder eher eine Extravaganz.
Finesse ausbaubar
Das Philharmonische Orchester der Stadt Lübeck unter der Leitung seines Chefdirigenten Roman Brogli-Sacher zeigt eine ansprechende Leistung. Aber es fehlt doch über weite Strecken an Delikatesse im Klang, zumal in den Streichern. Dass das Orchester über exquisite Bläser verfügt, wird in der Bläserserenade von Richard Strauss deutlich. Mit sorgsamer Gewichtung der Stimmen formen die Musiker lebhaft gestaltete Phrasen, dynamisch differenziert und mit artikulatorischer Präsenz. Sehr schön treten Einzelstimmen aus dem Klangverbund heraus und färben das Timbre charakteristisch ein. So gelingen spannende Steigerungen, an denen sich der homogene Klang voluminös entladen kann.
Subtile Rubati
In den beiden Hornkonzerten von Franz Strauss weiß die Solistin Marie Luise Neunecker, einer herausragende Virtuosin, zu begeistern. Mit weichem Legato zeichnet sie die melodischen Linien nach und realisiert die Verzierungen und Umspielungen ohne jegliche Mühe. Strauss‘ Hornkonzert Nr. 1, das mit einer recht einfachen, geradlinigen thematischen Erfindung aufwartet und zuweilen etwas einförmig wirkt (etwa in der Instrumentierung oder wenn die ersten Violinen im Kopfsatz die Entwicklung recht lange tragen, ohne dass die Thematik durch Bläserstimmen eingefärbt würde), erfüllt die Solistin mit einigen kleinen Rubati, die ihren sanglichen Vortrag wirkungsvoll unterstreichen. Ungleich interessanter ist in Bezug auf die formale Anlage und die thematische Erfindung das zweite Konzert in Es-Dur. Der Orchestersatz ist differenzierter gehandhabt und schafft zwischen solistischem Horn und Orchester eine enge Verwebng. Der verschattete Mittelsatz bietet Gelegenheit, das Timbre einzudunkeln, während Marie Luise Neunecker, deren Ton auch im tiefen Register sehr tragfähig und rund ist, das Finale mit strahlendem, kraftvollem Klang gestaltet.
Nicht Fisch, nicht Fleisch
Am besten gefällt das Orchester in Francks von Mathias Weber ‚zu einer Symphonie entwickeltem‘ Klavierquintett f-Moll. Weber hat einen Orchestersatz geschaffen, der so manche poetische Klangeinfärbung bereithält. Sein pianistischer Zugriff ohne Tadel. Und doch hat man den Eindruck, hier weder Fisch noch Fleisch serviert zu bekommen. Dem Pianisten ist durchaus zuzustimmen, wenn er im Booklet, Francks Quintett charakterisierend, die Gründe für seine sinfonische Erweiterung ausführt. Das Ergebnis aber ist doch zwiespältig. Im Miteinander mit dem Orchester wären konzerthafte Spielfiguren, Ausschmückungen des Klavierparts zu erwarten. Weber allerdings entfernt sich über weite Strecken nur wenig vom Originalpart. Und so steht eine Klavierstimme kammermusikalischen Zuschnitts einem recht dicken Orchester gegenüber – kammermusikalische Verwobenheit allerdings stellt sich nicht ein.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Raritäten. Kammermusikalisch: Hornkonzerte von Franz Strauss u.a. |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
Musicaphon 1 13.01.2010 75:41 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
SACD
4012476569161 M 56916 |
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"Der erste Teil des Programms von „Lübeck Philharmonic live, vol. 6“ baut logisch aufeinander auf: Richard Strauss‘ Vater Franz war einer der besten Hornisten seiner Zeit, und das Horn, überhaupt Musik für Bläser, blieb zeitlebens ein besonderes Steckenpferd des Sohnes. Mit der „Serenade“ gelang es Strauss junior, die Wertschätzung des Dirigenten Hans von Bülow zu erlangen, der das Stück ins Tourneeprogramm seiner berühmten Meininger Hofkapelle aufnahm. Eine enge Verwandtschaft verbindet das erste Konzert c-Moll op. 8 von Franz Strauss mit dem Hornkonzert op. 11 des Sohnes, der sich hörbar an der romantisch gefärbten väterlichen Komposition orientierte. Der virtuose Hornist brachte sein c-Moll-Konzert im Frühjahr 1865 selbst bei einer Akademie im Münchner Odeon-Konzerthaus zur Uraufführung. Geboren im gleichen Jahr wie Franz Strauss, kam César Franck als Sohn deutsch-belgischer Eltern in Lüttich zur Welt. Dort erhielt Franck ersten Musikunterricht und absolvierte erste Auftritte als Pianist, bevor die Eltern mit ihm nach Paris zogen, wo er Schüler von Anton Reicha wurde. Ab 1846 wirkte Franck als Organist an verschiedenen Pariser Kirchen, von 1858 bis zu seinem Tod 1890 als Titularorganist der Kirche St. Clothilde. Dem Klavier wendet sich Franck mit den Klavierquintett f-Moll in den Jahren 1878/79 zum ersten Mal nach langer Zeit zu. Auch das Genre Kammermusik hatte er jahrzehntelang ruhen lassen. Das Klavierquintett gilt dabei als Auftakt, als „Portalwerk“, dessen Ansätze und Motive in späteren Werken wie der d-Moll-Symphonie, der Violinsonate und dem Streichquartett wieder aufgegriffen werden. In seiner ursprünglichen Gestalt am 17. Januar 1880 in der Société Nationale de Musique uraufgeführt, erlebte das Werk am 8. Juni 2008 seine Uraufführung in der zur „Symphonie für Orchester und Klavier“ entwickelten Form, bei der Bearbeiter Mathias Weber selbst den Klavierpart interpretierte." |
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Musicaphon Ende der 50er Jahre gründete Karl Merseburger, Inhaber des Tonkunstverlages in Darmstadt, das Label CANTATE. Etwa zur gleichen Zeit rief Karl Vötterle (Bärenreiter-Verlag) in Kassel MUSICAPHON ins Leben. In beiden Fällen sollte vorrangig das jeweilige Verlagsprogramm auf Tonträgern dokumentiert werden. Nachdem Merseburger den Tonkunstverlag 1963 aufgeben mußte, übernahm Bärenreiter das Label CANTATE und führte beide gemeinsam unter dem Dach der 1965 gegründeten Vertriebsfirma "Vereinigte Schallplattenvertriebsgesellschaft Disco-Center" fort. Auf beiden Labels erschienen in den 60er und 70er Jahren bedeutende Aufnahmen. Besondere Schwerpunkte setzte Wilhelm Ehmann, Leiter der Westfälischen Kantorei in Herford, mit seinen historischer Aufführungspraxis verpflichteten Interpretationen der Werke von Heinrich Schütz. Bach-Kantaten wurden von Helmuth Rilling mit der Gächinger Kantorei und dem Figuralchor der Gedächtniskirche Stuttgart eingespielt. MUSICAPHON gewann daneben Profil mit der Veröffentlichung musikethnologischer Aufnahmen, herausgegeben von der UNESCO (Musik des Orients und Musik Afrikas) bzw. vom musikwissenschaftlichen Institut der Universität Basel (Musik Ozeaniens und Musik Südostasiens). 1994 erwarb der Musikwissenschaftler Dr. Rainer Kahleyss (Kassel) die Label, 1996 auch die Vertriebsfirma von Bärenreiter, die jetzt als "Klassik Center Kassel" firmiert. Seitdem werden auf CANTATE geistliche Musik, auf MUSICAPHON weltliche Musik vom Frühbarock bis zur Gegenwart veröffentlicht. Auch für die Rezeptionsgeschichte bedeutsame Aufnahmen der Altkataloge werden sukzessive auf CD umgestellt. Mehr Info... |
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