
Thomas Christian Ensemble spielt - Walzer von Johann Strauß II (Bearbeitungen)
Nicht jugendfrei
Label/Verlag: MDG
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Wiener Philharmoniker in Ehren, doch Johann Strauß muss anders klingen. Genau so wie hier!
Das Thomas-Christian-Ensemble bietet acht Musiker auf: Christian selber – Jascha-Heifetz-Schüler und Professor für Geige an zwei der angesehensten Konservatorien Mitteleuropas (Detmold und Wien) –, Daniela Preimesberger (‚zweite’ Geige), Ferdinand Erblich (Bratsche), Bernhard Naoki Hedenborg (Cello), Birgit Ramsl (Flöte) und Matthias Schorn (Klarinette), schließlich Leonore Aumaier (Klavier) und Hans Winking (Harmonium). Solcherart gerüstet nimmt man sich Schönbergs und seiner Adepten Bearbeitungen Johann-Straußscher Walzer vor. Dass deren ‚kostengünstige’ Besetzung der Not der Nachkriegsjahre (1921) geschuldet ist, mithin nicht künstlerischen, sondern wirtschaftlichen Erwägungen, tut ihren bedeutenden Vorzügen keineswegs Abbruch. Nie hat Johann Strauß ‚komplexer’ respective ‚moderner’ geklungen, und Thomas Christian wie MDG sind Kränze zu flechten, weil sie uns Walzer und Polkas solcherart zu Gehör bringen – ‚schönberg-nobilitiert‘ und in maßstäblichen Interpretationen.
Die Autographen der Arrangements von 'Rosen aus dem Süden’ und 'Lagunen-Walzer’ (Schönberg), 'Wein, Weib und Gesang’ (Alban Berg) und 'Schatzwalzer’ (Anton von Webern) sind bei Gelegenheit der Uraufführung meistbietend versteigert worden: ‚Schönberg bot eifrig mit, um die Preise nach oben zu treiben’. (Hans Winking im Beiheft-Text). ‚Die Partitur des 1921 abschließend erklungenen Lagunen-Walzers war seit diesem Konzert verschollen. Erst Anfang 2005 tauchte im Nachlass eines NDR-Rundfunkredakteurs eine Abschrift der autographen Partitur […] Schönbergs […] auf. Somit können hier erstmals auf CD alle vier damals ‚versteigerten’ Walzer wieder zusammengeführt werden.’ Mit einem Wort: Es handelt sich um eine Uraufnahme. Des Weiteren kommen 'Kaiserwalzer’ (Schönberg, 1924), 'Vergnügungszug’- und 'Tritsch-Tratsch’-Polka (Trojahn, Dott) und 'G’schichten aus dem Wienerwald’ zu Gehör (Trojahn).
Wer glaubt, Schönbergs Strauß-Bearbeitungen kämen neutönerisch spröde daher, geht ganz und gar in die Irre. Das Gegenteil trifft zu: Die Besetzung mit Exoten à la Flöte und Harmonium – dieses wunderbar altväterlich orgelnd – bietet schamlosen Hörgenuss, und Schönberg trägt Sorge, dass allerlei querständige Dissonanzen zu Gehör gebracht werden. Das Thomas-Christian-Ensemble gleicht bei alledem dem sprichwörtlichen Fisch im Wasser: Akzente schnellen springteufelhaft auf, Tempi werden mit staunenswertem dramatischem Effekt gegeneinandergesetzt, Punktierungen mit Wonne ausgekostet. Lyrische Ausdruckswerte kommen durchaus nicht zu kurz: Das Elegische, beinahe Depressive der Introduktionen wird unüberhörbar. (Vielleicht hat es Schönbergs bedurft, um Straußens Schubert-Nähe zu begreifen.) Zumal die Bläser verstehen es, malerisch zu agieren, d. h., wo es Not tut, nicht melodische Linien zu zeichnen, sondern zaubrische Duftwolken und Farbtupfer zu setzen. Kurzum: Rezensent wüsste keine Musiker zu nennen, die Straußens Walzern – mit Schönbergs gütiger Hilfe – solche dramatische und farbliche Weite verleihen. Der geistig-seelische Ambitus dieser Darstellungen ist ungemein weit. Fast wird man rot beim Hören.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Thomas Christian Ensemble spielt: Walzer von Johann Strauß II (Bearbeitungen) |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
MDG 1 20.11.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
760623159027 |
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MDG Die klangrealistische Tonaufnahme »Den beim Sprechen oder Musizieren entstehenden Schall festzuhalten, um ihn zu konservieren und beliebig reproduzieren zu können, ist eine Idee, die seit langem die Menschen beschäftigte. Waren zunächst eher magische Aspekte im Spiel, die die Phantasie beflügelten wie etwa bei Giovanni deila Porta, der 1598 den Schall in Bleiröhren auffangen wollte, so führte mit fortschreitender Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens ein verhältnismäßig gerader Weg zur Lösung...« (Riemann Musiklexikon)Seit Beginn der elektrischen Schallaufzeichnung ist der Tonmeister als »Klangregisseur« bei der Aufnahme natürlich dem Komponisten und dem Interpreten, aber auch dem Hörer verpflichtet. Die Mittel zur Tonaufzeichnung sind hinlänglich bekannt. Die Kriterien für ihren Einsatz bestimmt das Ohr. Deshalb für den Hörer hier eine Beschreibung unserer Hörvorstellung. Lifehaftigkeit In der Gewißheit, daß der Konzertsaal im Wohnzimmer (leider) nicht realisierbar ist, konzentriert sich unser Bemühen darauf, die Illusion einer Wirklichkeit zu vermitteln. Die Musik soll im Hörraum so wiedererstehen, daß spontan der Eindruck der Unmittelbarkeit entsteht, das lebendige Klanggeschehen mit der ganzen Atmosphäre der »Lifehaftigkeit« erlebt wird. Da wir praktisch ausschließlich menschliche Stimmen und »klassische« Instrumente - auch sie haben ihren Ursprung im Nachahmen der Stimme - aufnehmen, konzentriert sich unsere Klangvorstellung auf natürliche Klangbalance und tonale Ausgeglichenheit im Ganzen, und instrumentenhafte Klangtreue im Einzelnen. Darüber hinaus natürliche, ungebremste Dynamik und genaueste Auflösung auch der feinsten Spannungsbögen. Weitestgehend bestimmend für die Illusion der Lifehaftigkeit ist auch die Ortbarkeit der Klangquellen im Raum: freistehend, dreidimensional, realistisch.Musik entsteht im Raum Um diesen »Klangrealismus« einzufangen, ist bei den Aufnahmen von MDG eine natürliche Akustik unbedingte Voraussetzung. Mehr noch, für jede Produktion wird speziell in Hinblick auf die Besetzung und den Kompositionsstil der passende Aufnahmeraum ausgesucht. Anschließend wird »vor Ort« die optimale Plazierung der Musiker und Instrumente im Raum erarbeitet. Dieser ideale »Spielplatz« ermöglicht nun nicht nur die akustisch beste Aufnahme, sondern inspiriert durch seine Rückwirkung die Musiker zu einer lebendigen, anregenden Musizierlust und spannender Interpretation. Können Sie sich die Antwort des Musikers vorstellen auf die Frage, ob er lieber in einem trockenen Studio oder in einem Konzertsaal spielt?Die Aufnahme Ist der ideale Raum vorhanden, entscheidet sich der gute Ton an den Mikrofonen - verschiedene Typen mit speziellen klanglichen Eigenheiten stehen zur Auswahl und wollen mit dem Klang der Instrumente im Raum in Harmonie gebracht werden. Ebenso wichtig für eine natürliche Abbildung ist die Anordnung der Mikrofone, damit etwa die richtigen Nuancen in der solistischen Darstellung oder die Kompensation von Verdeckungseffekten realisierbar werden. Das puristische Ideal »nur zwei Mikrofone« kann selten den komplexen Anforderungen einer Aufnahme mit mehreren Instrumenten gerecht werden. Aber egal wie viele Mikrofone verwendet werden: Stellt sich ein natürlicher Klangeindruck ein, ist die Frage nach dem Zustandekommen des »Lifehaftigen« zweitrangig. Entscheidend ist, es klingt so, als wären nur zwei Mikrofone im Spiel.Ohne irgendwelche »Verschlimmbesserer« wie Filter, Limiter, Equalizer, künstlichen Hall etc. zu benutzen, sammeln wir die Mikro-Wellen übertragerlos in einem puristischen Mischpult und geben das mit elektrostatischem Kopfhörer kontrollierte Stereosignal linear und unbegrenzt an den AD-Wandler und zum digitalen Speicher weiter. Dadurch bleiben auch die feinsten Einschwingvorgänge erhalten. Auf der digitalen Ebene wird dann ohne klangmanipulierende Eingriffe mit dem eigenen Editor in unserem Hause das Band zur Herstellung der Compact Disc für den Hörer erstellt, für Ihr hoffentlich großes Hörvergnügen. Mehr Info... |
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