> > > Schubert, Franz: Streichquartette DV. 87 & 887
Dienstag, 5. Dezember 2023

Schubert, Franz - Streichquartette DV. 87 & 887

Es brennt.


Label/Verlag: VMS Musical Treasures
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Der Alban Berg unserer Tage heißt Hugo Wolf - zumindest in der Welt der Streichquartette.

Dies ist nicht der gemütvolle, sacht melancholische Schubert nach Altwiener Art, wie er vom Amadeus-Quartett seligen Angedenkens vertraut ist. Albert Hosps außergewöhnlicher, weil unverhohlen idiosynkratischer Beiheftessai („ein paar spontane Eindrücke, während des Anhörens skizzenhaft notiert“) spricht folgerichtig von „Endzeitmusik“ – und „Gefühlsmillimetern“, einer „ersten Geige mit Schluckauf“, dem „düsteren, schaurig-schönen Trio, in der Art einer Grottenbahn“ und Schubert als „unermüdlichem Wiederholungstäter und Übertreibungskünstler“ nach Art Thomas Bernhards.

Nun ist der technische Standard heutiger Orchestermusiker und Solisten – gemessen an früheren Zeiten – eminent hoch. Wer Gelegenheit erhält, CDs zu bespielen, wird an den technischen Erfordernissen des Kernrepertoires nicht scheitern. Dennoch gibt es feine Unterschiede: Bei einigen wenigen Ensembles schlägt technische Exzellenz in musikalische Erkenntnis um. Dies trifft unter anderen aufs Hugo-Wolf-Quartett zu: Sebastian Gürtler und Régis Bringolf (Geige), Gertrud Weinmeister (Bratsche) und Florian Berner (Cello) sind Musiker der besonderen Art. Wie ein Tremolo flattern, Akkorde von innen her glühen, Dissonanzen aufgellen können. Wie Phrasen bis zum Zerreißen gespannt, Neben- oder Mittelstimmen in unerhörter Plastizität ausformuliert werden, dass sie wie zum ersten Mal erklingen – es ist beim Hugo-Wolf-Quartett in seltener Deutlichkeit zu vernehmen. Dass der Zusammenhang trotz staunenswert prägnanter Details gewährleistet bleibt, der Spannungsbogen nicht bricht, bezeugt den hohen Kunstverstand der Musiker. Gleiches gilt fürs Vibrato: Man setzt moderne Instrumente ein, die ungeniert brillieren. Von historisch informierter Aufführungspraxis: keine Spur – möchte man meinen. (Zumal die Tempi nicht durchweg rasch erscheinen, sondern langsame Sätze langsam dargeboten werden.) Aber wenigstens eines lässt an historisierende Spielweisen denken: Dauervibrato findet nicht statt. Die Töne werden sauber angesetzt und gerade durchgehalten: Vibrato als Ausdrucksmittel, nicht Zustand. Es fördert die Beredsamkeit der Phrasierung und Buntheit der Farben – mit imponierendem Erfolg.

Das Hugo-Wolf-Quartett bietet Schuberts Streichquartette Es-Dur, D 87, und G-Dur, D 887, ein erstes und ein letztes Werk. (Es liegen nur dreizehn Jahre dazwischen.) Als Aufnahmeort diente die Hofburgkapelle in Wien. Johannes Kammann sorgt – bei hoher Transparenz – für saftigen Hall. VMS hat entschieden, Cover und Booklet in fahlem Grau mit Stadtansichten Wiens zu versehen. Der Hofburgbezirk rückt in den Blick, aber auch Baukräne und Schlöte – wie um zu insinuieren, wir dürften in Schubert den Zeitgenossen, einen Modernen, erkennen. Mag es peinlich banale Anbiederung sein – falsch ist es, mit solchen Musikern, nicht.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




Daniel Krause Kritik von Daniel Krause,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Schubert, Franz: Streichquartette DV. 87 & 887

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
VMS Musical Treasures
1
25.09.2009
Medium:
EAN:

CD
9120012232082


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VMS Musical Treasures

Gegründet: 2002 von Dieter Heuler und Joe Morscher

Erste Veröffentlichungen: März 2003

Vergessene/verborgene/verfemte/verdrängte musikalische Schätze quer durch alle Musikepochen zu entdecken, ist das Hauptziel des Labels VMS Musical Treasures. Dabei kann Produzent Dieter Heuler auf seine fast dreißigjährige Erfahrung in musikalischer "Archäologie" zurückgreifen, die auch seine kreative Arbeit für das Label "Schwann" geprägt hatte. Der weltweite Vertrieb liegt in den Händen von Joe Morscher (Zappel Music), der seit zwei Jahrzehnten dieses Metier erfolgreich betreibt und u. a. auch für die weltweite Distribution des bekannten japanischen Labels "Camerata Tokyo" verantwortlich zeichnet.

VMS versteht sich im weitesten Sinne als "inoffizielles" Nachfolgelabel von Schwann. Beide Gründer haben lange Jahre für und mit dem Label Schwann gearbeitet und wollen - nachdem Schwann von Universal übernommen, aber Neuproduktionen großteils eingestellt wurden - die lange Tradition des Labels fortsetzen und Vergessene Musikalische Schätze (VMS) wieder entdecken. Etliche Künstler, die vormals auf Schwann veröffentlicht hatten, haben bei VMS ein neues Zuhause gefunden.

Künstlerauswahl:
Orchester: Wiener Symphoniker, Wiener Concert-Verein, Johann Strauss Ensemble der Wr. Symphoniker, Haydn Sinfonietta Wien, Symphonieorchester Vorarlberg
Streichquartette: Ensemble Wien, Hugo Wolf Quartett, Schulhoff Quartett
Klavier: Jenö Jando, Andreas Frölich
Gitarre: Alexander Swete, Wulfin Lieske, Walter Abt
Violine/Viola: Ernst Kovacic, Raimund Lissy, Regina Brandstätter
Harfe: Suzanna Klintcharova
Cello: Christoph Stradner
Kontrabass: Ernst Weissensteiner
Trompete: Wolfgang Basch Flöte: Bruno Meier Orgel: Anne Chapelin-Dubar, Martin Haselböck
Akkordeon: Janne Rättyä

Aktuell umfasst der Katalog von VMS Musical Treasures gesamt 102 Titel.


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