
Telemann, Georg Philipp - Kapitänsmusik 1744 TWV 15: 15
Prachtvolle Feier für das Bürgertum
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Manfred Cordes fantastische Einspielung von Telemanns Kapitänsmusiken bringt das selten zu hörende Genre der bürgerlichen Repräsentationsmusiken zurück ins öffentliche Bewusstsein.
Wie man sich gegenüber Belagerungen, kriegerische Nachbar und machtversessene Adelige behauptet, wussten die Hamburger Bürger schon früh. Immer wieder hatten sie ihre Freiheit zu verteidigen, und immer gelang es ihnen, sich Dank ihres großen Wohlstands aus den misslichen Lagen freizukaufen oder eine schlagkräftige Bürgerwehr auf die Beine zu stellen. Man blickte stolz auf seine Stadt und legte Wert darauf, dass dies auch öffentlich gezeigt wurde. So veranstalteten die Hamburger Bürger jährlich große Feiertage, an denen ihre Bürgerwehren gefeiert und bejubelt wurden. Geleitet wurden die Wachen und Kompanien von so genannten Bürgerkapitänen. Für deren jährliche Bankette schrieb Telemann die passenden Prunkmusiken. So gab es vor dem Essen ein Oratorium und gegen Ende des Abends eine Serenata.
Von den weniger als 10 erhaltenen Werk-Paaren Oratorium und Serenata, die Telemann im Laufe seiner 46-jährigen Dienstzeit in Hamburg für die Bürgerkapitänsfeiern verfasste , ist nun die Musik zum großen Bürgerkapitänsessen von 1744 in einer Einspielung vom Ensemble Weser-Renaissance unter der Leitung von Manfred Cordes bei cpo neu erschienen.
Die aussagekräftigen Titel des Oratoriums ‘Vereint euch, ihr Bürger’ und der Serenata ‘Freyheit!’ zeigen dem Hörer sogleich, worum es hier geht. Mit Pauken und Trompeten lässt sich das hanseatische Bürgertum feiern. Telemann nutzt die Chance, mit einem reichen Instrumentarium prächtige Musik zu schreiben. Cordes wählt deswegen ein reich besetztes Orchester (unter anderem mit Querpfeife, Quartflöte, Trommel und Chitarrone), dem er eine kleine, aber stimmstarke Solistenschar gegenüberstellt. Die Capella der Weser-Renaissance ist mit Julie Comparini (Alt), Mirko Ludwig (Tenor) und Carsten Crüger (Bass) besetzt. Dazu kommen als Solisten die Sopranistinnen Dorothee Mields, Monika Mauch und Ulrike Hofbauer, der Tenor Immo Schröder und der Bassist Dominik Wörner.
Den Auftakt bildet die Arie mit Chor ‘Vereint euch, ihr Bürger’ in dem der Hamburger Schutzgeist auftritt. Dorothee Milds führt die Musiker mit Schwung und Nachdruck an. Cordes wählt einen sehr schön durchsichtigen Ensembleklang, mit dem er exquisit feine Klangeffekte zu zaubern weiß. Die Chorsätze sind gut gearbeitet, die Stimmen fügen sich zusammen mit dem Orchester zu einer organischen Struktur, bei der aber immer noch die Textverständlichkeit gewahrt bleibt. Wörner leiht der ‘Dankbarkeit’ seine Stimme und singt ‘Du, Gott, tränkst unser Felder Furchen’ sehr kraftvoll. Die Koloraturen sind etwas manieriert ausgestaltet, da er die einzelnen Töne zu gewollt von einander trennt, und auch sonst verliert sein Vortrag etwas unter seiner groben Phrasierung.
Die ‘Freude’ wird von Immo Schröder gesungen. Er hat eine sehr charakteristische Stimmfärbung, die von einem leicht kehligen Klang geprägt ist. Seine Interpretation der Arie ‘Du Gott, bestimmst aus deinen Höhen’ ist beschwingt und leicht und er kommt mit den Verzierungen gut klar. Insgesamt scheinen die Männerstimmen aber nicht ganz so gut besetzt zu sein wie die Frauenparts. Besonders schön ist beispielsweise der Gesang von Ulrike Hofbauer, die als ‘Freyheit’ einen strahlend hellen, funkelnden, makellosen Sopran zeigt. Ihre Stimme ist biegsam, geschmeidig und fein geführt.
Die Serenata ‘Freyheit’ hat eine absolut faszinierende Einleitung mit einem schwungvollen ‘Chor der Bürger’, der effektvoll ist und Hitpotential hat. Cordes lässt ihn so strahlend und jubilierend musizieren, dass er wie eine ‘Ode an die Freude’ wirkt. Insgesamt sind auch hier Soloarien und Ensemblesätze von Cordes differenziert und einfühlsam ausgearbeitet. Die Einspielung ist musikalisch schön und durchweg hörenswert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Telemann, Georg Philipp: Kapitänsmusik 1744 TWV 15: 15 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 2 20.04.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
761203739028 |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Reflektiertes aus Hamburg: Zwei Telemann-Oratorien in Weltersteinspielungen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Vollendete Kammermusik: Etwa zu lange musste der interessierte Hörer auf diese CD mit Klavierkammermusik von Ferdinand Hiller warten. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Betrachtungen am Grab: Michael Alexander Willens und die Kölner Akademie reihen sich vernehmlich in die Riege der aktuellen Heinichen-Exegeten ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Christiane Bayer:
-
Wo ist das Strahlen?: Die Stücke sind schön eingesungen, wenn auch ohne große interpretatorische Überraschungen. Weiter...
(Dr. Christiane Bayer, )
-
Frühling für die Ohren: Stefen Temmingh und Dorothee Mields spüren mit Neugier den unterschiedlichen Vogelstimmen und deren Bedeutungen in der europäischen Barockmusik nach. Was für ein buntes Gezwitscher, bei dem einem Ohr und Herz aufgehen. Weiter...
(Dr. Christiane Bayer, )
-
Ein würdiger Auftakt: Der Startschuss zu einer Kuhnau-Reihe bei cpo könnte fulminanter gar nicht ausfallen: tadellose Umsetzung großartiger Musik durch das Ensemble Opella Musica mit Unterstützung der Camerata Lipsiensis. Weiter...
(Dr. Christiane Bayer, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Neue Facetten aus Schweden: Leider ist das Engagement für Hugo Alfvén in nicht optimaler Weise kanalisiert. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Alt-neu konzipiert: Markus Schäfer und Zvi Meniker kehren zu Franz Schuberts ursprünglichen Liedopera-Konzepten zurück. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Schonungslos offen: Ning Feng mit einem großen Bach-Wurf. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich