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Dienstag, 5. Dezember 2023

Händel, Georg Friedrich - Alcina - Arien & Suiten

In den Fängen der Zauberin


Label/Verlag: CAvi-music
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Es gibt CDs, bei denen die ersten Takte genügen, um zu wissen, dass es etwas ganz Besonderes gerade den Gehörgang entlang schwebt. Die neue Händel-CD der Berliner Barock Solisten mit der Sopranistin Christine Schäfer ist solch ein Fall.

Es gibt CDs, bei denen die ersten Takte genügen, um zu wissen, dass etwas ganz Besonderes gerade den Gehörgang entlang schwebt. Die neue Händel-CD der Berliner Barock Solisten mit der Sopranistin Christine Schäfer ist solch ein Fall. Liegt es vielleicht an der Musikauswahl? Haftet den Suiten und Arien aus Händels Oper 'Alcina’ jener unwiderstehliche Zauber der schönen Magierin an? Vielleicht – und wenn schon, denn der Zauber dieser Musik muss erst einmal ausgesprochen, also in Klang verwandelt werden.

Bereits in der einleitenden Sinfonia werfen die Barock Solisten unter der Leitung von Rainer Kussmaul ihre Netze aus. Das zirpt, das sprudelt, das zwitschert und weht mit einer virtuosen Leichtigkeit, die jeder irdischen Verhaftung zu entgleiten scheint. Nie wird man der rhythmischen Prägnanz überdrüssig oder meint, die klingende Struktur erfasst zu haben. Die Barock Solisten spielen, als erfänden sie diese Musik gerade neu. Der Effekt ist verblüffend und beglückend zugleich, denn wenn man an vergleichbar innovative Interpretationen denkt, die besonders durch schroffe Akzente und ‘barocken Groove’ bestechen, haben die Berliner Barock Solisten einen verstörend schönen Mittelweg gefunden, Händels Musik Leben einzuhauchen.

Nun steht den instrumentalen Klangzauberern aber auch eine vokale Magierin zu Seite und zwar in Gestalt von Christine Schäfer. Die Sängerin hat diese Partie bereits auf der Bühne gesungen und weiß genau um die emotionalen Höhen und Tiefen von Alcina, lotet jede Nuance treffsicher aus und schlägt den Hörer in ihren Bann. Es ist immer wieder erstaunlich, welche stimmliche Frische sich Christine Schäfer bei ihrem so breit gefächerten Repertoire bewahrt hat. Keine Unsauberkeiten, kein unkontrolliertes Vibrato, keine Müdigkeitserscheinungen trüben ihren Vortrag. Ihr Sopran spricht in allen Registern tadellos an, die Höhen sind klar und mühelos und ihre Diktion ist ihr Markenzeichen. Die kristalline Stimmfarbe in Alcinas erster Arie ‘Di cor mio’ und der düstere Klang ihrer Beschwörung ‘Ombre pallide’ sind nur Beispiele für die enorme Gestaltungsvielfalt, die Christine Schäfer innerhalb dieses Albums zu Gehör bringt. Durch die Beschränkung auf Alcinas Arien und dazwischen erklingende Instrumentalmusik entsteht ein dramaturgisch geschickt gebautes Mini-Drama um das Schicksal der Zauberin. Die Konzentration liegt auf der Titelfigur und der Hörer kann ungestört vom Handlungsverlauf die Vielschichtigkeit von Alcinas Wesen ergründen. Die am Ende erklingende Morgana-Arie ergreift in diesem Zusammenhang das übergreifende Wort für ein tragisches Frauen-Schicksal.

Man kann sich beim Hören der CD einfach nicht entscheiden, ob man sein Herz an die Barock Solisten oder an die Zauberin selbst – Christine Schäfer – verlieren soll. Die Entscheidung für eine Lieblingsnummer dieses Programms fällt da schon leichter, da beide Protagonisten in gleichem Maße beteiligt sind: Alcinas große Arie ‘Ah! mio cor!’ Allein das Orchestervorspiel ist an dynamischer Differenzierung kaum zu überbieten. Der stockende Puls, der immer kurz vor dem Ersterben zu stehen droht, aber unaufhaltsam weiterpocht. Hier finden schon auf einzelnen Noten soviel musikalische Feinheiten statt, dass man davon ausgehen muss, die Berliner Barock Solisten hätten allein schon Wochen mit dem Ausloten von Dynamik, Farben und Ornamenten verbracht, bevor der erste Ton erklungen ist. Und dazu kommt der beklemmend überirdische Gesang von Christine Schäfer, die dem Hörer mit dem fahlen Klang der Phrase ‘Puoi lasciarmi sola in pianto’ bereits die Tränen in die Augen treibt. Was für ein Zauber!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Händel, Georg Friedrich: Alcina - Arien & Suiten

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
CAvi-music
1
02.08.2010
73:54
2008
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4260085531431
8553143


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"Händel 1759 - 2009 - ein Komponist - eine Oper - eine Solistin - ein Orchester Eine neue Form des Opern/Künstler Profils Am 16. April 1735 ging Händels Oper ALCINA erstmals über die Bretter und erst nach zwei Jahren und 34 (!) Aufführungen verschwindet sie von dort wieder, dann allerdings ist Ruhe. Händels erfolgreiche Oper setzte erst nach etwas mehr als 200 Jahren ihren Siegeszug fort - unaufhörlich bis heute. ALCINA gehört in die Reihe der Händelschen Zauberopern. Die Magierin Alcina ist Herrscherin über eine Insel. Mittels ihrer Zauberkraft lockt sie Männer auf ihr Eiland, macht sie für einige Zeit zu ihren Liebhabern, um sie dann, ihrer überdrüssig geworden, in Tiere, Felsen oder Bäche zu verwandeln (siehe Cover-Design). Derzeitiger Favorit ist der Ritter Ruggiero, in den sie sich - erstmals überhaupt - tatsächlich verliebt. Auch wird sie ihrer Zauberkunst nach und nach müde, und so gelingt es Ruggiero, sich mit Hilfe einiger anderer Protagonisten aus dem Bann Alcinas zu befreien und in die Arme seiner Braut Bradamante zurückzukehren. Oktober 2008, Jesus-Christus-Kirche, Berlin-Dahlem: Während eines Telefonats, so verrät Raimar Orlovsky, Geiger und Organisator der Gruppe, sei die Idee zu einer Alcina-CD erstmals konkretisiert worden. Sich für Alcina zu entscheiden lag auch deshalb nahe, weil Christine Schäfer mit der Partie bestens vertraut ist, da sie sie schon auf der Bühne gesungen hat. Daraufhin macht sich Bernhard Forck (auch er auf diesen Feld seit langem heimisch) an die Durchsicht der Partitur. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich die sechs Alcina-Arien mit der Händel seine Sängerin Anna Maria Strada del Pò einst bedachte, in Kombination mit der reichhaltigen Instrumentalmusik aus der Oper, wunderbar zu einer dramaturgisch stimmigen Suite fügen. Kam auch hinzu, daß in der Diskografie der Berliner Barock Solisten einer immer fehlte: Georg Friedrich Händel - alles passte zusammen, ebenso auch unterstützt durch die bewährte Aufnahmetechnik der Emil Berliner Studios. In ihren sechs Arien durchlebt die Titelheldin in der Tat alle Regungen der Gefühlspalette: Liebe, Drohung, Hass, Kontemplation - ein Gefühlsportrait! Ergänzt werden die Alcina-Arien in dieser Einspielung durch eine weitere: Morganas (die Schwester Alcinas) »Credete al mio dolore«. Ebenso abwechslungsreich wie die Arien zeigen sich auch die Instrumentalstücke mit der Händel die Oper aus den oben genannten Gründen ausgestattet hat. In ihrer Zusammenstellung und Anordnung unterstreichen die Stücke den Suiten-Charakter dieser ersten Einspielung der Berliner Barock Solisten mit Musik von Georg Friedrich Händel. Zugleich ist sie Zeugnis von Christine Schäfers faszinierender Gestaltungsvielfalt. "


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Financial Times Deutschland: "Die Sopranistin hat gemeinsam mit den Berliner Barocksolisten hier wohl die schönste Platte zum Händel-Gedenkjahr vorgelegt. Schwingt sich in ihren Arien mit perfekt geführter Stimme auf zu silberklaren Höhen, durchlebt - wie in Alcinas großer c-Moll-Arie "Ah Mio Cor" - alle Gefühls- und Affektpaletten von Angst, Verzweiflung, Wut und Sehnen; sie fleht, bangt, tobt, hofft. Rührt an vor allem in der großen Leidensarie von Alcinas Schwester Morgana. Bittersüß tönt dazu das Solocello. "

klassik heute: "Christine Schäfers gerader, vibratoarmer und nicht sehr farbenreicher Sopran ist für musikalische Puritaner zweifellos ein ideales Instrument für Alte Musik. Das erotische Fluidum der bestrickenden Zauberin Alcina vermittelt er indes kaum. Dennoch ist der Sängerin aufgrund ihrer hohen Musikalität und ihres ausgeprägten Kunstverstandes eine beachtliche Interpretation gelungen. Sie lotet die wechselnden Befindlichkeiten und Empfindungen der Protagonistin im Sinne eines modernen Psychogramms aus, indem sie die Beziehungen zwischen Text und Musik genau durchleuchtet und dem puren Schönklang abschwört."

WDR 3: "....Die Stimme ist prädestiniert für die lyrischen Phrasen. Sie ist angenehm weich im Timbre, flexibel und biegsam. Verfügt über eine starke und anrührende emotionale Ausdruckskraft. Ohne die Stimme wegzunehmen, geht sie gefühlvoll in die Piani hinein und zeigt damit eine Pianokultur, wie sie nur wenige Sängerinnen beherrschen. Christine Schäfer swingt ihren Händel, sie lässt das natürliche Vibrato ihrer Stimme an den richtigen Stellen zu und verzichtet auf starre, festgehaltende Töne."


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CAvi-music

"Es muss nicht viel sein, wenn's man gut ist" heißt die Devise für das Label, das stets den Künstler in den Vordergrund stellt, das partnerschaftlich Projekte realisiert, das persönliche Wünsche und Ideen der Künstler unterstützt, das sich vorwiegend auf Kammermusik konzentriert, das handverlesen schöne Musik in hervorragender Interpretation anbietet, mit einer Künstlerliste, die sich sehen lassen kann. Eine sehr persönliche Sache, die von Herzen kommt !! Außerdem kommen neben dem Label CAvi-music auch die Labels "SoloVoce" und "CAvi-Autentica" aus dem Hause Avi-Service for music.


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