
Wagner, Richard - Lohengrin
Zurückhaltend
Label/Verlag: Profil - Edition Günter Hänssler
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Semyon Bychkovs trotz aller mehr oder weniger ins Gewicht fallenden Mängel verdienstvolle Neueinspielung des 'Lohengrin' bietet großes Diskussionspotential.
Die Erkenntnis, dass Neueinspielungen von Opern – vor allem von Repertoirewerken – aufgrund der oft genug Jahrzehnte alten, aber auch hervorragenden Konkurrenz Seltenheitswert besitzen, ist nicht gerade neu. Daniel Barenboim war der letzte, der sich 1997 an eine 'Lohengrin’-Aufnahme wagte. Nun also Semyon Bychkov. Mit einer Sängerriege, die sich aus der internationalen crème de la crème des Wagnergesangs rekrutierte, entstand nach einer Reihe konzertanter Aufführungen im Jahr 2008 vorliegende klanglich makellose SACD, erschienen bei der Profil Edition Hänssler.
Prominente Namen prangen also auf dem ansprechend stilvoll gestalteten Cover – aber halten diese Namen auch ihre Versprechen? Uneingeschränkt bejahen lässt sich dieser Frage leider kaum. Adrienne Pieczonka, seit einiger Zeit unter anderem auch auf dem Grünen Hügel gefeierte Sieglinde, präsentiert sich in recht guter, wenn auch nicht in Bestform, zu der ein gewisses Maß Dramatik fehlt. Größtes Manko ist ihre mangelhafte Textverständlichkeit, die ihrem wohlklingenden, stimmigen Rollenportrait das i-Tüpfelchen aufgesetzt hätte.
Packend theatralisch realisiert Petra Lang ihre Ortrud-Partie, indem sie ihr ätzendes Gift an den richtigen Stellen verspritzt. Diese Ausbrüche, kombiniert mit ihrer hochrangigen Gesangskultur, lassen ihre Szenen zu Höhepunkten dieser Platte werden. Besondere Ehre für Falk Struckmann: Bereits in der letzten, oben genannten Einspielung war er als Telramund mit von der Partie; jetzt durfte er in derselben Partie ein zweites Mal in den Ring steigen. Ein direkter Vergleich drängt sich förmlich auf, der nicht unbedingt zu seinen Gunsten ausfällt. Vor allem im ersten Akt offenbaren sich Schwächen, durch die seine Rolle merkwürdig blass und flach erscheint. Der zweite Akt gelingt durchaus besser.
Besonders jedoch Johan Botha zeigt in der Titelpartie nicht die volle Breite seines Könnens. Souverän meistert er zwar ein herrliches Legato, doch scheint er während der Aufnahmetermine keinen rechten Zugang zu der ihm eigentlich wohlbekannten Partie des Schwanenritters gefunden zu haben. Es fehlt an heldischem Glanz ebenso wie an Persönlichkeit, vor allem aber leider auch an deutlicher Diktion. Ein Makel, den man Kwangchul Youn nicht ankreiden kann. Mit geradliniger Stimmführung charakterisiert er einen würdevollen König Heinrich. An seiner Seite Eike Wilm Schulte als grundsolider Heerrufer. Packend souverän zeigen sich die vereinten Chöre des WDR, des NDR sowie der Prager Kammerchor.
Diskussionswürdig erscheint die Herangehensweise Semyon Bychkovs an Wagners „romantische Oper“ 'Lohengrin'. Er sieht das Orchester offenbar in der Rolle des zurückhaltenden Begleiters. In den lyrischen Stellen werden die Feinheiten des Orchestersatzes fein herausgearbeitet, die Motive treten deutlich, aber nie grell in den Vordergrund. Bychkovs breite Tempi lassen viel Raum für Lyrismen; fein dosiert werden die musikalischen Aufschwünge zelebriert. Echte, mitreißende Dramatik wird so mitnichten produziert – ob das der Intention Wagners gerecht wird? Ein interessanter Beitrag zur 'Lohengrin’-Diskographie liegt hier dennoch vor.
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Wagner, Richard: Lohengrin |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Profil - Edition Günter Hänssler 3 20.04.2009 |
Medium:
EAN: |
SACD
881488900453 |
![]() Cover vergössern |
Profil - Edition Günter Hänssler Profil - The fine art of classical music
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Profil - Edition Günter Hänssler:
-
Wohlig-warm: Brahms in Altmodisch von Jukka-Pekka Saraste und dem WDR Sinfonieorchester. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Wie in einer anderen Welt: Äußerst variabel in der Klangqualität, hervorragend in der Interpretation: Sviatoslavs Richters Liszt, Chopin und Szymanowski. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Liebe zu dritt: Das Sängerehepaar Varady/Fischer-Dieskau mit teilweise bislang noch nicht vorgelegtem Repertoire. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Markus Rubow:
-
Ein bisschen wie Bach: Mit Frank Martins Passionsoratorium 'Golgotha' fügt Daniel Reuss seiner Diskographie ein weiteres Glanzstück hinzu und verschafft dem Werk die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Weiter...
(Markus Rubow, )
-
Auf Händels Spuren: Fernab aller Best of-Sampler präsentiert die Freitagsakademie ein Konzeptalbum, das durch undogmatisches und unverkrampftes Spiel vollends überzeugen kann. Weiter...
(Markus Rubow, )
-
Der Experte schreibt, der Laie versteht: Lewis Lockwood gelingt es in seinem großartigen Beethoven-Buch, Werk und Biographik eindringlich zu verzahnen, ohne auf die simple Manier zu verfallen, das Werk aus biographischen Details erklären zu wollen. Eher umgekehrt. Dafür gebührt dem Autor Lob. Weiter...
(Markus Rubow, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Neapolitanische Volkstragödie: Die szenische Wiederentdeckung von Pierantonio Tascas Verismo-Reißer 'A Santa Lucia' in Dessau macht auch rein akustisch Effekt. Weiter...
(Karin Coper, )
-
Wohlig-warm: Brahms in Altmodisch von Jukka-Pekka Saraste und dem WDR Sinfonieorchester. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Schumann reloaded: Das groß angelegte Schumann-Projekt des Klavierduos Eckerle biegt auf die Zielgerade ein. Weiter...
(Thomas Gehrig, )
Portrait

Bratschist Christian Euler im Gespräch mit klassik.com über seine Lehrer, seine neueste SACD und seine künstlerische Partnerschaft zum Pianisten Paul Rivinius.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich