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Freitag, 31. März 2023

MacMillan, James - St. John Passion

Johannespassion 2008


Label/Verlag: LSO Live
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Der Uraufführungsmitschnitt von James MacMillans 'St. John Passion' mit dem London Symphony Orchestra und Chorus unter Colin Davis dürfte auf längere Zeit interpretatorisch und atmosphärisch schwer zu überbieten sein.

Am 27. April 2008 wurde in der Londoner Barbican Hall die 'St. John Passion' des schottischen Komponisten James MacMillan (geboren 1959) mit dem London Symphony Orchestra und Chorus unter Colin Davis uraufgeführt. Beim orchestereigenen Label LSO Live ist nun der Mitschnitt dieses Konzert auf zwei SACDs erschienen. Wer sich jenseits des barocken Zentralgestirns Johann Sebastian Bach für Passionsvertonungen der Gegenwart interessiert oder ein Liebhaber der Werke MacMillans ist, für den dürfte die Aufnahme Pflicht sein. Aber auch sonst mag diese britische Johannespassion einen hohen Reiz ausüben, denn vom Anspruch her steht sie wohl in einer Reihe mit den Passionsmusiken von Krzysztof Penderecki, Arvo Pärt und Sofia Gubaidulina. Die Frage, ob es sich tatsächlich um einen ‚Meilenstein der zeitgenössischen Musik’ handelt, wie es der Erzbischhof von Canterbury, Rowan Williams, im Vorwort des Booklets behauptet, muss man jedoch nicht unbedingt beantworten, weil erstens solche Superlative niemandem etwas bringen, und zweitens MacMillans kompositorischer Stil dafür, bei aller Individualität und Meisterschaft besonders in der Behandlung des Chors und der Orchestrierung, zu gemäßigt klingt.

Zum Werk: MacMillan, der gemeinsam mit seiner Frau dem Orden der Dominikaner angehört, hat seine 90 Minuten dauernde 'St. John Passion' in neun den Abschnitten der Passionsgeschichte entsprechende Teile und einen rein orchestralen Epilog aufgeteilt. Die Jesusfigur wird von einem Bariton – hier der souverän mit großer Stimme agierende Christopher Maltman – gesungen. Die restlichen Rollen sind auf zwei Chöre verteilt, einen Kammerchor, der die Rolle des Evangelisten übernimmt, und einen großen (ca. 80 Stimmen), auf den alle anderen Rollen fallen. Da das Oratorium durchweg eng am Text entlang komponiert ist, Arien oder sonstige Einschübe also fehlen, bekommt man die meiste Zeit beide Chöre im Wechselspiel zu hören. Auf a-capella-Passagen trifft man wegen der relativ konstanten Beteiligung des Orchesters dennoch eher selten. Ist der eingängig gestaltete Part des Erzählerchores mehr an einer harmonisch schwebenden Choralmelodik orientiert, so kommt es im großen Chor oft zu dissonanten Ausbrüchen, die im Verbund mit dem groß besetzten Orchester (Orgel, Glocken) auch hinsichtlich der Lautstärke in extreme Bereiche vordringen. Trotz dieser sehr wuchtigen Momente wirkt die atmosphärisch höchst dichte 'St. John Passion' aufgrund des konstant bedächtigen Tempos und der luftigen Textur aber nie überladen oder übertrieben pathetisch.

Hinsichtlich der Interpretation dürfte diese tontechnisch vollauf gelungene Einspielung, nicht nur, weil es sich bislang um die einzige handelt, für längere Zeit die Referenz darstellen Denn die Hochform, zu der das emotional intensiv musizierende London Symphony Orchestra und der Chorus hier unter Colin Davis, dem das Werk gewidmet ist, aufläuft, ist schwer zu überbieten. Alleine der massierte Klang der klaren Blechbläser in Kombination mit dem stimmgewaltigen Chor sorgt wiederholt für ein wohliges Schaudern. Dass MacMillans Stil eine gewisse Tendenz zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, insbesondere zu Wagner und dem frühen Schönberg, aufweist, passt zu Davis’ Dirigat, das auf große Bögen und Expressivität abzielt.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    MacMillan, James: St. John Passion

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
LSO Live
2
01.03.2009
Medium:
EAN:

SACD
822231167129


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LSO Live

Einspielungen des Labels LSO Live vermitteln die Energie und Emotion der großartigsten Aufführungen mit höchster technischer Qualität und Finesse.

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Seit 2000 veröffentlichte das LSO Live über 80 Alben und nahm zahlreiche Preise entgegen. Das London Symphony Orchestra war schon früher das am meisten aufgenommene Orchester der Welt, hatte es doch für zahlreiche Plattenfirmen gearbeitet und viele der berühmtesten Filmmusiken eingespielt. Die Investition in unsere eigenen Aufnahmen ermöglicht dem Orchester jedoch abzusichern, dass jede Veröffentlichung den höchsten Qualitätsansprüchen genügt und das Hören der besten Musik allen Menschen zugänglich ist.

Das LSO Live war eines der ersten klassischen Plattenfirmen, die Downloads anboten, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Wir geben auch unsere Einspielungen im SACD Format (Super Audio Compact Disc) heraus. SACDs lassen sich auf allen CD-Spielern abspielen, ermöglichen aber den Hörern mit speziellen SACD-Spielern den Genuss eines hochaufgelösten, mehrkanaligen Klangs.

London Symphony Orchestra
Das London Symphony Orchestra wurde 1904 von einer Gruppe von Musikern gegründet, die für den Dirigenten Henry Wood spielten. Sie wollten ihr eigenes Orchester leiten und die Wahl haben, mit welchen Dirigenten sie zusammenarbeiteten. Sie beschrieben das LSO als eine musikalische Republik, und das Orchester war über Nacht ein Erfolg.

Heute gibt das LSO ungefähr 70 Konzerte pro Jahr in London und bis zu 90 auf Tournee. Es ist regelmäßig auf Konzertreise durch Europa, Nordamerika und im Fernen Osten. Waleri Gergijew ist seit 2007 Chefdirigent des LSO und Sir Colin Davis sein Präsident.

Das LSO organisiert auch das in der Welt am längsten laufende und umfangreichste Bildungsprogramm eines Orchesters: LSO Discovery. Mit seinem Sitz im Londoner Musikbildungszentrum LSO St Lukes schafft Discovery die Möglichkeit für Menschen aller Altersgruppen und Veranlagungen, mit Musikern des LSO zusammenzuarbeiten, etwas über Musik zu lernen und ihre Fertigkeiten zu entwickeln.


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