
Feldman, Morton - Werke für Cello und Klavier
Feldman für Violoncello
Label/Verlag: aeon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Arne Deforce (Violoncello) und Yutaka Oya (Klavier) widmen sich Morton Feldmans Musik für Violoncello und Klavier.
Was für ein wildes Stück ist dies – natürlich an den Maßstäben von Morton Feldmans Musik gemessen: In 'Patterns in a chromatic field’ für Violoncello und Klavier (1981) müssen beide Musiker nicht nur über eine Zeitspanne von 90 Minuten hinweg agieren, sondern auch spieltechnische Höchstleistungen vollbringen. Viel Unerwartetes ist da zu hören: Keine Patterns, die sich nur allmählich ändern, wie etwa im späten, viereinhalbstündigen zweiten Streichquartett oder in anderen Kompositionen der letzten Jahre, sondern Brüche, virtuose Aktionen, die freilich nicht immer so wirken, aber gerade für den Cellisten haarsträubende Aufgaben bereit halten: schwierig zu intonierende Flageoletts und Mikrotöne, Sprünge zwischen den Registern, Pizzicati – all dies in den leisen Bereichen, die für Feldmans Werke so charakteristisch sind. Und wie immer ist dabei die Unvorhersagbarkeit des musikalischen Verlaufs eines der wesentlichen Elemente.
'Patterns in a chromatic field’ (früher zunächst als 'Untitled composition for cello and piano’ bezeichnet) steht – auch schon aufgrund seiner auf zwei Tonträger verteilten Gesamtspielzeit – im Zentrum dieser Produktion des französischen Labels æon, die sich Feldmans Musik für die Besetzung Violoncello und Klavier sowie für Violoncello solo widmet. Darüber hinaus enthält die zweite CD noch die beiden weitaus kürzeren Duo-Kompositionen 'Composition – 8 little pieces’ (1950) und 'Duration II’ (1960), alternierend mit den gleichfalls knappen Solostücken 'Projection I’ (1950) und 'Intersection IV (1951); bislang unpublizierte Werke hingegen wurden nicht berücksichtigt. Zwar ist es nicht die erste Aufnahme der ‚Patterns’ – bereits 1990 erschien bei Attacca eine Einspielung, 1995 hat Hat Hut Records die Bahn meiner Ansicht nach bis heute unübertroffene Wiedergabe durch Rohan de Saram (Violoncello) und Marianne Schroeder (Klavier) veröffentlicht, und vor noch nicht allzu langer Zeit (2004) legte das Label Tzadik eine weitere Aufnahme nach –, doch ist es die erste Produktion, die alle fünf zu Lebzeiten veröffentlichte Cellostücke Feldmans vereint.
Einer Präsentation dieser großen wie kleinen Beiträge haben sich der Cellist Arne Deforce und der Pianist Yutaka Oya angenommen – mit Erfolg: Die kleineren Werke wirken hier präzise und klar, in ihren jeweiligen Kerngedanken genau realisiert. Die Wiedergabe der 'Patterns’ wiederum überzeugt durch Ideenreichtum, vor allem aber auch durch eine große Dichte der Wiedergabe bei klangfarblich genauer Umsetzung von Feldmans herausfordernden Partituranweisungen – auch wenn das Klavier streckenweise für meinen Geschmack klangliche zu sehr im Vordergrund steht und die zarte Tongebung des Cellisten manchmal zu überdecken droht. Alles in allem bietet die Platte eine sehr gute Gelegenheit, sich mit den Stücken vertraut zu machen, zumal das Booklet mit unkommentierten Ausschnitten aus Texten Feldmans eine weitere interessante Ebene hinzufügt. Sie ist daher eine gelungene Bereicherung der Feldman-Diskografie, einer Diskografie übrigens, die – gerade in Anbetracht der Länge mancher Werke – inzwischen erstaunlich umfangreich ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Feldman, Morton: Werke für Cello und Klavier |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
aeon 2 01.03.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
3760058369777 |
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aeon Äon bedeutet im Altgriechischen soviel wie Zeitalter bzw. Ewigkeit. Wenngleich letztendlich keine Aufnahme für die Ewigkeit sein kann, so kann sie doch zumindest Gültigkeit für ein Zeitalter oder Menschenalter beanspruchen. Diesem nicht geringen Anspruch versucht man bei AEON mit bereits fast hundert Titeln gerecht zu werden. Für seine Einlösung spricht, dass das Label seit seiner Gründung 2001 schnell zu einer der ersten Adressen aus Frankreich wurde. Den Labelgründern Damien und Kaisa Pousset ist es wichtig, einen Katalog zu schaffen, dessen einzelne Titel jeweils als ultimative Intention der beteiligten Musiker verstanden werden können. Künstler wie Alexandre Tharaud, Andreas Staier, Felicity Lott oder das Quatuor Ysaÿe haben hier Aufnahmen vorgelegt, die woanders so sicherlich nicht möglich gewesen wären. Der Katalog von AEON umfasst im Wesentlichen drei Hauptschwerpunkte: monographische CDs mit Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts, dann das breitere, klassische Repertoire, das durch ausgewählte Künstler und Ensembles bestritten wird, sowie die frühe Musik des Mittelalters. Mehr Info... |
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