
Keiser, Reinhard - Fredegunda
Ehrgeiz und Macht
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Naxos hebt einen Schatz und legt eine rundum überzeugende Einspielung von Keisers 'Fredegunda' vor.
Ende September 2007 ging die Rezensentin ganz unbedarft in das Bayreuther Markgräfliche Opernhaus zu einem Gastspiel der Bayerischen Theaterakademie August Everding. 'Fredegunda’ von Reinhard Keiser wurde gegeben. Der Komponist war mir nur dem – für einen Komponisten dieser Zeit doch sehr ungewöhnlichen – Namen nach bekannt, seine Kompositionen hatte ich noch nie gehört, geschweige denn eine seiner musikdramatischen Werke. Aber kaum war der erste Ton erklungen, war ich schlichtweg begeistert – von der Musik Reinhard Keisers, der Interpretation durch die Neue Hofkapelle München, der Inszenierung (Tilman Knabe) und vor allem von dem konstant hohen sängerischen Niveau der jungen Darsteller (der Älteste ist gerade mal 1977 geboren). Umso größer war die Freude, nun die Aufnahme dieser Opernproduktion, die im Februar 2007 im Prinzregententheater München in Koproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk angefertigt und nun bei dem Label Naxos veröffentlicht wurde, besprechen zu dürfen. Die Interpretation durch die Theaterakademie stellt im Übrigen die erste Wiederaufführung dieses Werkes seit seiner Uraufführung im Jahre 1715 dar.
Schon die erste Arie, von der titelgebenden Figur Fredegunda gesungen, überzeugt durch anspruchsvolle und kunstvolle Koloraturen, welche ein großes sängerisches Können erfordern. Diesen Ansprüchen wird die junge tschechische Sängerin Dora Pavlíková (geboren 1981) mit jugendlich-frischer Leichtigkeit gerecht. Vollkommen zurecht wurde Pavlíková für ihre Darstellung der Fredegunda von der Zeitschrift Opernwelt zur ‚Nachwuchskünstlerin des Jahres 2007’ gekürt. Und auch ihre Kollegen müssen sich nicht hinter ihr verstecken. Was schon bei dem Opernbesuch begeistert hatte, wird nun – glücklicherweise! – auch über die Stereoanlage transportiert. Die wunderbar abwechslungsreiche und kompositorisch interessante Musik Reinhard Keisers scheint auf dieses junge Ensemble der Theaterakademie und die Neue Hofkapelle München gewartet zu haben. Ein von der Instrumentierung – sehr tiefer Bläserklang – und der Harmonik höchst interessantes Stück Musik ist die in der ersten Szene des zweiten Aktes von Sigibert zu singende Arie 'Ich muss schweigend von dir gehen’. Der 1982 geborene Sänger Michael Kranebitter interpretiert diese mit schöner, sicher noch ausbaufähiger, aber vielversprechender Stimme.
Auffallend und durchaus erwähnenswert ist auch die durchgängig bemerkenswert saubere Artikulation der jungen Sängerinnen und Sänger, stellt diese in der heutigen Zeit doch leider eine wahre Seltenheit dar. So kann den Rezitativen, die im Übrigen von einer phantasievoll ausgestaltenden Basso continuo-Gruppe begleitet werden, inhaltlich durch reines Zuhören gefolgt werden, ohne dass man parallel in einem Libretto mitlesen müsste.
Das Libretto zu Keisers Oper ist eine deutschsprachige Bearbeitung eines Textes des Italieners Francesco Silvani. Der Stoff der Oper greift auf die fränkische Geschichte der Zeit der frühmittelalterlichen Merowinger zurück. Fredegunda wird hier zur Zauberin, die ihrem Verlangen nach Macht mit großem Ehrgeiz und der ein oder anderen Intrige nachkommt. Die Bemerkung im Vorwort der deutschsprachigen Bearbeitung des Librettos von Johann Ulrich von König über den Zweck eines Schauspiels, ‚welcher allezeit dahin gehen soll, dass das Laster bestraft, die Tugend aber belohnt werde’, weist schon auf das Ende dieser Oper hin. Ganz klassisch im Barocken das lieto fine aus der Hochzeit der ‚Tugendhaften’ und dem triumphalen Abgang der ‚bösen’ Fredegunda.
Insgesamt kann diese Aufnahme guten Gewissens jedem Barockopern-Liebhaber, der Lust auf eine unverstaubte Interpretation eines interessanten Werks hat, als eine durchaus lohnenswerte Bereicherung seines CD-Bestands empfohlen werden.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Keiser, Reinhard: Fredegunda |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Naxos 2 02.01.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
730099023177 |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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