
Humori. Les voix baroques und les voix humaines spielen - Werke von Gastoldi, Vecchi, Praetorius u.a
Humor in der Musik
Label/Verlag: Atma classique
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine interpretatorisch und programmatisch sehr gelungene Platte der kanadischen Formation Les Voix Baroques.
Die Musik des 16. und frühen 17. Jahrhunderts ist vielseitig: Überragende Werke auf dem Gebiet der sakralen Musik zeugen davon, aber auch eine lebendige weltliche Musik entstand in dieser Phase. Vor allem die Tradition der Madrigale ist hier vorbildhaft und stilprägend geworden, alle Bereiche menschlichen Existierens und Fühlens haben hier ihr musikalisches Abbild gefunden.
Die beiden kanadischen Ensembles Les Voix Baroques und Les Voix Humaines haben sich in der vorliegenden Aufnahme von meist kürzeren Stücken den verschiedenen Sphären des Humors gewidmet. Konzeptionelle Ausgangspunkte waren die europäische Karnevalstradition – der mit einem Augenzwinkern versehene öffentliche Ausbruch der Volksseele angesichts häufig erdrückender oder zumindest ernüchternder weltlicher und geistlicher Lebensbedingungen – einerseits und die reale oder vermeintliche Typologie verschiedener nationaler Arten von Humor andererseits: Die Deutschen – wie könnte es anders sein – als Vertreter des derben und martialischen Humors, die Franzosen als die Komischen, die Italiener als die Leichten und die Engländer als die Melancholischen.
Das vereint dann eine wirklich illustre Schar von Komponisten, unter anderem Orlando di Lasso, Samuel Scheidt, Claude Lejeune, Orazio Vecchi, Andrea Gabrieli, Claudio Monteverdi, Tarquinio Merula, John Dowland und Orlando Gibbons.
Das Programm ist überlegt und reflektiert zusammengestellt und gibt ein lebendiges Bild madrigalischer Musik. Alle vertretenen Komponisten garantieren hochwertige Satzkunst, und auch wenn die Einteilung der verschiedenen Humor-Varianten für die englische Melancholie klar zutrifft, zeigen sich im kontinentaleuropäischen Anteil des Programms doch mindestens ebenso klar die Gemeinsamkeiten von Stilen und Techniken wie etwaige Unterschiede.
Eine runde Sache
Das Ensemble Les Voix Baroques hat schon mit einigen qualitativ rundum überzeugenden Platten auf sich aufmerksam gemacht. In der Besetzung Suzie LeBlanc und Catherine Webster (Sopran), Matthew White (Countertenor), Charles Daniels und Colin Balzer (Tenor) sowie Sumner Thompson (Bariton) gelingt das auch mit der vorliegenden Aufnahme. Die Vokalisten singen agil, klangvoll, differenzieren ihren dynamischen Einsatz glänzend, verfügen über eine sehr homogene Deklamation und intonieren auch in bewegteren Abschnitten stabil. Auch der bei Madrigalen gelegentlich notwendige Mut zur charakteristischen Überzeichnung fehlt nicht. Und solistisch und in Teilbesetzungen agieren die Vokalisten ebenfalls überzeugend – ein famos gesungenes Tenorduett von Monteverdi mag dafür stehen.
Begleitend, gelegentlich auch mit solistischer Virtuosität prunkend etablieren sich die Instrumentalisten daneben ganz selbstverständlich und mühelos, ebenfalls vor Spielfreude und Temperament überschäumend. Bemerkenswert ist die sehr kleinteilige und fein ausgearbeitete Artikulation der Instrumentalisten, eine Intrada und Galliard aus der Feder des Hallensers Samuel Scheidt konzentriert diese Qualitäten hörbar. Ein ebenso plastisches wie ausgewogenes Klangbild rundet die Aufnahme ab. Zukünftige Produktionen dieses interessanten und hochkompetenten Ensembles werden mit Interesse zu verfolgen sein.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Humori. Les voix baroques und les voix humaines spielen: Werke von Gastoldi, Vecchi, Praetorius u.a |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Atma classique 1 15.01.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
722056250429 |
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Atma classique Das Label ATMA - Seele oder Lebensgeist auf Sanskrit - wurde 1995 gegründet und bietet inzwischen mehr als 200 Aufnahmen von mittelalterlicher bis zu zeitgenössischer Musik mit einem besonderen Schwerpunkt im Barock. Für ihre Aufnahmen umgibt sich Johanne Goyette, Direktorin und zugleich Toningenieurin der Firma, gerne mit wagemutigen Künstlern, um in ihrem Studio Unerhörtes (und Ungehörtes) zu schaffen.
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