
Lachenmann, Helmut - Concertini
Abwechslungsreicher Lachenmann
Label/Verlag: Kairos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Kairos bringt eine Doppel-CD auf den Markt, die dem Hörer einen Zugang zu Helmut Lachenmanns Komponieren über drei sehr unterschiedliche Werke erlaubt.
Es ist eine schöne und abwechslungsreiche Doppel-CD, die das Label Kairos da dem Komponisten Helmut Lachenmann gewidmet hat. Erfreulich ist, dass sie demjenigen, der sich bislang noch nicht eingehender mit Lachenmanns Musik befasst hat, einen Zugang über drei sehr unterschiedliche Werke erlaubt. Da ist zunächst einmal 'Salut für Caudwell. Musik für zwei Gitarristen' (1977), die von Wilhelm Bruck und Theodor Ross in altbewährter Manier interpretiert wird. Warum das Duo nach ihrer im Jahr 2000 bei col legno erschienenen Aufnahme erneut eine Einspielung dieses Werkes vornehmen, bleibt zwar etwas rätselhaft; allein die klanglich wie räumlich hervorragend gestaffelte Wiedergabe überzeugt durch ihren Hang zum Detail und die differenzierte, rhythmisch prägnante Umsetzung von Lachenmanns Erkundung neuartiger Gitarrenklänge und ihrer Verbindung mit gesprochener Sprache, hinter der sich im Grunde – repräsentiert durch Worte des marxistischen Schriftstellers Christopher Caudwell – ein ästhetisches Manifest verbirgt.
Im Gegensatz dazu zeigt die Komposition 'Concertini. Musik für Ensemble' (2005) einen auf die vielfältigen Möglichkeiten eines Ensembles ausgeweiteten Umgang mit Instrumentalfarben und Geräuschklängen: Subtil werden die verwendeten Instrumentalgruppen abschattiert und einander angenähert, werden Klang- und Geräuschanteile zu neuen Qualitäten vermischt aber auch kontrastierend zueinander eingesetzt. In der fesselnden Umsetzung durch das Klangforum Wien unter Leitung von Johannes Kalitzke gewinnen die musikalischen Verläufe und ihre sich wandelnden Dichteverhältnisse eine bisweilen dramatische Intensität. Die Dauer von 37 Minuten wirkt hier geradezu kurzweilig – ein Vergnügen, dass noch durch ein klares und profiliertes Klangbild unterstrichen, das die Klänge fast skulpturhaft wirken lässt.
Als Ersteinspielung enthält die CD schließlich noch 'Les Consolations' für 16 Stimmen und Orchester (1967–68/1977–78), eine Komposition von 1967/68, die Lachenmann zehn Jahre später in den Kontext von Andersens Märchen vom 'Mädchen mit den Schwefelhölzern' einbettete und damit die gedankliche Grundlage für sein späteres, gleichnamiges Musiktheater schuf. Es ist frappierend, wie sich in der wiederum von Kalitzke geleiteten Interpretation durch die stimmlich überragende, bisweilen auch höchst virtuos agierende Schola Heidelberg und das WDR Sinfonieorchester die verschiedenen Schichten – Stimmlaute, Sprache, Instrumentalklänge, Geräuschebenen und perkussive Aktionen – durchdringen und gegeneinander verschieben. Die verwirrende Vielfalt von Lachenmanns Klängen erscheint jedoch niemals unkontrolliert, sondern teilt sich in ihrer zwingenden Logik und sinnlichen Beschaffenheit unmittelbar mit, auch wenn sich die Hörwinkel ständig verändern und der Zuhörer überraschende Perspektivänderungen nachvollziehen muss.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Lachenmann, Helmut: Concertini |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Kairos 2 13.02.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
9120010281211 |
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