> > > Lachenmann, Helmut: Concertini
Samstag, 1. April 2023

Lachenmann, Helmut - Concertini

Abwechslungsreicher Lachenmann


Label/Verlag: Kairos
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Kairos bringt eine Doppel-CD auf den Markt, die dem Hörer einen Zugang zu Helmut Lachenmanns Komponieren über drei sehr unterschiedliche Werke erlaubt.

Es ist eine schöne und abwechslungsreiche Doppel-CD, die das Label Kairos da dem Komponisten Helmut Lachenmann gewidmet hat. Erfreulich ist, dass sie demjenigen, der sich bislang noch nicht eingehender mit Lachenmanns Musik befasst hat, einen Zugang über drei sehr unterschiedliche Werke erlaubt. Da ist zunächst einmal 'Salut für Caudwell. Musik für zwei Gitarristen' (1977), die von Wilhelm Bruck und Theodor Ross in altbewährter Manier interpretiert wird. Warum das Duo nach ihrer im Jahr 2000 bei col legno erschienenen Aufnahme erneut eine Einspielung dieses Werkes vornehmen, bleibt zwar etwas rätselhaft; allein die klanglich wie räumlich hervorragend gestaffelte Wiedergabe überzeugt durch ihren Hang zum Detail und die differenzierte, rhythmisch prägnante Umsetzung von Lachenmanns Erkundung neuartiger Gitarrenklänge und ihrer Verbindung mit gesprochener Sprache, hinter der sich im Grunde – repräsentiert durch Worte des marxistischen Schriftstellers Christopher Caudwell – ein ästhetisches Manifest verbirgt.

Im Gegensatz dazu zeigt die Komposition 'Concertini. Musik für Ensemble' (2005) einen auf die vielfältigen Möglichkeiten eines Ensembles ausgeweiteten Umgang mit Instrumentalfarben und Geräuschklängen: Subtil werden die verwendeten Instrumentalgruppen abschattiert und einander angenähert, werden Klang- und Geräuschanteile zu neuen Qualitäten vermischt aber auch kontrastierend zueinander eingesetzt. In der fesselnden Umsetzung durch das Klangforum Wien unter Leitung von Johannes Kalitzke gewinnen die musikalischen Verläufe und ihre sich wandelnden Dichteverhältnisse eine bisweilen dramatische Intensität. Die Dauer von 37 Minuten wirkt hier geradezu kurzweilig – ein Vergnügen, dass noch durch ein klares und profiliertes Klangbild unterstrichen, das die Klänge fast skulpturhaft wirken lässt.

Als Ersteinspielung enthält die CD schließlich noch 'Les Consolations' für 16 Stimmen und Orchester (1967–68/1977–78), eine Komposition von 1967/68, die Lachenmann zehn Jahre später in den Kontext von Andersens Märchen vom 'Mädchen mit den Schwefelhölzern' einbettete und damit die gedankliche Grundlage für sein späteres, gleichnamiges Musiktheater schuf. Es ist frappierend, wie sich in der wiederum von Kalitzke geleiteten Interpretation durch die stimmlich überragende, bisweilen auch höchst virtuos agierende Schola Heidelberg und das WDR Sinfonieorchester die verschiedenen Schichten – Stimmlaute, Sprache, Instrumentalklänge, Geräuschebenen und perkussive Aktionen – durchdringen und gegeneinander verschieben. Die verwirrende Vielfalt von Lachenmanns Klängen erscheint jedoch niemals unkontrolliert, sondern teilt sich in ihrer zwingenden Logik und sinnlichen Beschaffenheit unmittelbar mit, auch wenn sich die Hörwinkel ständig verändern und der Zuhörer überraschende Perspektivänderungen nachvollziehen muss.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Lachenmann, Helmut: Concertini

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Kairos
2
13.02.2009
Medium:
EAN:

CD
9120010281211


Cover vergössern

Kairos

Der unwiderstehliche Klang der Neuen Musik.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Von Prof. Dr. Stefan Drees zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:

  • Zur Kritik... ‘Retrospektivisch’: Wie wichtig für die Entfaltung der Musik Lachenmanns eine überzeugende, klar strukturierte Interpretation ist, zeigt die vorliegende Aufnahme. Das Arditti String Quartet legt in neuer Besetzung ein glänzendes Debüt auf Kairos vor. Weiter...
    (Toni Hildebrandt, 07.02.2008)

Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Kairos:

  • Zur Kritik... Faszinierende Klangwelten : Stille und Nicht-Stille Weiter...
    (Michael Pitz-Grewenig, )
  • Zur Kritik... Make sound great again: Mit der CD 'Gravity's Rainbow' mit Kompositionen des Schweizers Michael Pelzel legt der Kairos-Verlag eine interessante, klangvolle Aufnahme vor, die am Ende viele Fragen offenlässt. Weiter...
    (Jonas Springer, )
  • Zur Kritik... Kontrast und Komplement: Diese Doppel-CD dokumentiert die Künstlerfreundschaft des Amerikaners Roger Reynolds mit dem legendären Irvine Arditti. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle Kritiken von Kairos...

Weitere CD-Besprechungen von Prof. Dr. Stefan Drees:

  • Zur Kritik... John Bull und andere: Im sechsten Teil seiner Gesamteinspielung des 'Fitzwilliam Virginal Book' kombiniert der Cembalist Pieter-Jan Belder Stücke von John Bull mit einzelnen Kompositionen unbekannterer Tonsetzer. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
  • Zur Kritik... Arbeit an klanglichen Feinheiten: Die zweite DVD der Reihe 'Lachenmann Perspektiven' widmet sich der Komposition 'Air'. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
  • Zur Kritik... Blick in die Interpretationswerkstatt: Eine neue DVD-Reihe vermittelt unschätzbare Einblicke in die musikalischen und technischen Problemstellungen von Helmut Lachenmanns Musik. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
blättern

Alle Kritiken von Prof. Dr. Stefan Drees...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Georges Bizet: Jeux d'enfants op.22

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich