> > > Haydn, Joseph: Messe d-Moll Hob. XXII Nr. 11 ´Nelson´
Freitag, 2. Juni 2023

Haydn, Joseph - Messe d-Moll Hob. XXII Nr. 11 ´Nelson´

Gielens Haydn


Label/Verlag: Glor classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Michael Gielen überrascht mit vitalen, dramatischen Lesarten von Haydns 'Nelson-Messe' und der 'Sinfonie mit dem Paukenwirbel'. Großartig!

Michael Gielen, das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg und die EuropaChorAkademie, das sind nicht unbedingt die Interpreten, die man auf dem CD-Markt mit einer späten Haydn-Messe und einer der letzten Sinfonien des Komponisten erwarten würde. Doch das Ereignis kann sich hören lassen! Gielen überrascht einmal mehr als vielfältiger, an die Marktgesetze unangepasster Dirigent.

Vom ersten Takt an weiß Gielen bei transparentem Klangbild große Dramatik in der so genannten 'Nelson-Messe’ zu entfachen. Aus der außergewöhnlichen Instrumentalbesetzung – Haydn ließ Chor und Solisten nur durch Streicher, Trompeten, Pauke und Orgel begleiten, Holzbläser fehlen ganz – gewinnt Gielen markante Klangfarben und atmosphärische Dichte. Die zehn Sätze der Messe sind in seiner Lesart sorgfältig modelliert, kontrastreich aufgebaut und in bester Balance zwischen Soli, Chor und Orchester austariert. Hier ist nichts mehr von der naiv-sinnenhaften Frömmigkeit zu merken, die noch vor zwei, drei Jahrzehnten die Interpretationen bestimmte. Hier herrscht spannungsgeladener Realismus, komplexe Stimmführung und weltliche Dramatik des Glaubens.

Leider sind die vier Gesangssolisten nicht ganz auf der Höhe dieser wirkungsstarken Interpretation: Eva Lind, Ingeborg Danz, James Taylor und Reinhard Hagen haben allesamt leichte Trübungen in Artikulation und Intonation, erreichen die Vehemenz Gielens und der fulminant singenden EuropaChorAkademie leider nicht.

Dramatischer Sog stellt sich auch in Joseph Haydns Es-Dur Sinfonie Nr. 103, die den Beinamen ‚mit dem Paukenwirbel’ trägt, sofort mit dem eröffnenden Paukenwirbel ein. Kontrastreichtum, dynamische Abstufungen, Durchhörbarkeit und eine kluge, natürliche Agogik gehören zu den Meriten dieser Interpretation. Ohne in die Askese der Originalklangbewegung zu verfallen, gelingt Gielen und den Musikern des SWR auch hier ein überzeugend modelliertes Klangbild, von den verspielten Trillern des 'Andante’, über die den Zuhörer mitnehmenden Hebungen und Senkungen des Menuetts, bis hin zu den kontrollierten, mehrfachen Steigerungen des 'Allegro’-Finales.

Unter Gielens Leitung kommt in keinem der beiden Spätwerke der Gedanke an einen bedächtigen ‚Papa Haydn’ auf. Die Zuspitzungen, die Gielen für Form, Tempi und Rhythmus findet, stehen ganz im Sinne einer Wirkungsästhetik, die als ebenso historisch informiert, wie zeitgemäß gelten darf. Großartig!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




Kritik von Frank Fechter,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Haydn, Joseph: Messe d-Moll Hob. XXII Nr. 11 ´Nelson´

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Glor classics
1
28.11.2008
Medium:
EAN:

CD
4260158915045


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Glor classics

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