
Felix Mendelssohn Bartholdy: Magnificat - Kirchenwerke VIII
Kontrapunkt und Elfentanz
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Selten beschäftigen sich hervorragende Orchester und Chöre mit den kaum beachteten Werken eines Komponisten. Hier geschieht das auf höchstem Niveau.
Im kommenden Jahr feiern wir Felix Mendelssohns 200. Geburtstag. Vielleicht auch aus diesem Grunde erscheinen zur Zeit viele Aufnahmen sowie auch Buchpublikationen, die sich mit den unbekannteren Werken des viel schaffenden Komponisten auseinandersetzen. Besonders die frühen Kompositionen gerieten unmittelbar nach dem Tod Mendelssohns in Vergessenheit, da sie von ihm selbst nicht als für die Öffentlichkeit würdig genug befunden wurden.
Das 'Magnificat' für vier Solostimmen, Chor und Orchester sowie das 'Gloria' in gleicher Besetzung sind sicherlich vorrangig als Lehrwerke des erst 13-jährigen Kompositionsschülers Friedrich Zelters konzipiert und zu verstehen. Der gelehrte kontrapunktische Stil Bachs und Händels, zwei der größten Vorbilder Mendelssohns, durchzieht die beiden geistlichen Kompositionen. Dennoch kommt der musikalisch- romantische Zeitgeist des Komponisten sowohl in dem groß angelegten Orchestersatz wie auch der teils sehr kantablen, intimen Melodieführung sowie einer kühnen Harmonik zum Ausdruck.
Der Stuttgarter Kammerchor und die ebenfalls hoch ausgezeichnete Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Frieder Bernius setzen Mendelssohn in deren großartiger Interpretation ein Zeichen der Ehre und Würdigung der jugendlichen Kompositionen. Bei raschen, beinahe wagemutig schnellen Tempi herrscht zwischen Chor und Orchester eine gute klangliche Ausgewogenheit, die auch in den typischen solistischen Ensembles zum Ausdruck kommt.
Bei der Choralvertonung über 'Wir glauben all an einen Gott' sowie auch der Kantate 'Tu es Petrus' wird der jugendliche Eifer Mendelssohns noch deutlicher spürbarer. Die Behandlung des romantischen Orchesterapparates gegenüber dem Chorsatz ist gleichermaßen gewaltig und kühn in der Konzeption, wie das kraftvolle Klangergebnis zeigt. Erstaunlich ist Mendelssohns Umgang mit den biblischen Texten. Seine kirchenmusikalischen Werke zeugen von einem starken Eindringen in die protestantische Kirchenmusik.
Mendelssohns Konzentration auf die Vokalpolyphonie Bachs ist das kennzeichnende Merkmal seiner ersten Choralvertonung 'Jesu meine Freude'. Ganz im kontrapunktischen Stil der gleichnamigen Motette Bachs, schafft der 19-jährige Komponist ein polyphones Klanggewebe, welches durch die hervorragende Interpretation des Kammerchores Stuttgart äußerst klar und durchsichtig erscheint.
Überraschende Momente sollen auch in Mendelssohns späterem Schaffen zum Indiz seiner Kompositionsweise werden. In allen dargebrachten Werken der Carus- Aufnahme finden sich effektvolle harmonische Wendungen, plötzliche Taktwechsel oder charakteristische Themeneinfärbungen. Ebenso typisch und vorausweisend sind die häufigen Staccato- Passagen in den Streichern, da deren Sechzehntelketten eindeutig den Charakter von Mendelssohns späteren sogenannten Elfenscherzi tragen. Obwohl die Rezeption dem hochbegabten Mendelssohn schon sehr früh den Ruf eines nachahmenden Komponisten auflastete, können schon diese frühesten Kompositionen das Vorurteil mit einem unverkennbaren eigenen Stil Mendelssohns widerlegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Beschäftigung mit dem Zeit seines Lebens so geschätzten Musiker in der kommenden Zeit einen noch größeren Aufschwung erfährt. Diese Aufnahme trägt diesem Wunsch in einer einwandfreien Interpretation von fünf Werken wie aber auch den informativen Werkbesprechungen im Booklet volle Rechnung.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Felix Mendelssohn Bartholdy: Magnificat: Kirchenwerke VIII |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Carus 1 01.11.2008 69:00 2008 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
SACD
4009350832169 83216 |
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"Fortsetzung der Mendelssohn-Reihe bei Carus: Das Magnificat und Gloria in Es - entstanden 1822 - sind die ersten großangelegten Werke Mendelssohns, die nicht ausschließlich für Studienzwecke komponiert wurden. Der Einfluss der intensiven Bachrezeption seines Lehrers Friedrich Zelter und der Berliner Sing-Akademie ist darin, wie auch bei den später entstandenen Choralkantaten, deutlich spürbar. Das meisterhafte neunzehnstimmige Tu es Petrus, das Mendelssohn seiner Schwester Fanny zum Geburtstag schenkte, plante er als erstes seiner geistlichen Werke überhaupt im Druck zu veröffentlichen, was die Bedeutung dieser Motette unterstreicht. Frieder Bernius und der Kammerchor Stuttgart legen hiermit eine weitere Folge ihrer maßstabsetzenden und preisgekrönten Gesamteinspielung aller geistlichen Werke Mendelssohn vor." |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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