
Roxburgh, Edwin - Oboe Music
Elegie und Spaltklang
Label/Verlag: Metier Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Christopher Redgate und Stephen Robbings haben einen ausgezeichneten Querschnitt durch die Musik mit Oboe des britischen Komponisten Edwin Roxburgh vorgelegt.
Die Redenwendung von den ‚extensive studies’, diese schöne Tätigkeit, die zuweilen in keinen Bildungsroman passen würde, trifft auf den Komponisten Edwin Roxburgh, geboren 1937 in Liverpool, manifest zu. Dessen Bildungs- und, wie es im musikalischen Bereich fast heißen müsste, Übe-roman ist bereits haarsträubend extensiv und intensiv bis Roxburgh Mitte zwanzig ist. Er hatte bis dahin Oboe, Klavier und Komposition in London und anschließend in Paris studiert, während er zugleich Privatschüler von Luigi Dallapiccola in Florenz war; dieses Curriculum wurde in Cambridge abgerundet und um Dirigierstudien erweitert. Ab 1957 erhält er Kompositionsaufträge, im Anschluss an seine Studien wird er Solooboist der Sadlers Wells Opera. Dieser reichhaltige, energiegeladene Lebenswandel, der sich hinter diesen Rahmenbedingungen erahnen lässt, spiegelt sich auch in den Kompositionen mit Oboe, aus denen der Oboist Christopher Redgate nun eine Auswahl eingespielt hat. Neun Werke aus dem Zeitraum von 1967 bis 2007 sind hier zu einer Retrospektive zusammengefasst worden, deren musikalische Qualität auf Anhieb besticht. Redgate, Spezialist und Vermittler der zeitgenössischen Oboenliteratur, kann aus einem ebenfalls reichhaltigen und energiegeladenen Schatz an Erfahrung und Technik schöpfen. Begleitet wird er von dem Pianisten Stehen Robbings, sowie in zwei Werken für größere Besetzung vom Ensemble Exposé, eine Formation, die 1984 von und für zeitgenössische Komponisten gegründet wurde.
Die CD beginnt mit der bravourös virtuosen und abgeklärten 'Study 1', gefolgt von der Dreiergruppe 'Aulodie', die sich in Ober- und Untertiteln auf das antike Griechenland rückbezieht. Die elegische und lyrische Grundstimmung dieser Stücke, in denen das Schweigen und die Lücke veritable dritte Instrumente werden, bieten eine besondere Mischung aus lebhaften, unverletzten Melodien und den scharfen Dissonanzen, die immer wieder einbrechen und das Kompositionsjahr 1977 ins Bewusstsein bringen. Redgate und Robbigs bewegen sich in diesem gemischten Gelände aus Tradition und Avantgarde mit eindrücklicher Leichtigkeit, und formen alle die weniger aufeinander-, als vielmehr gegeneinander gestapelten Facetten dieser Musik mit deutlichem Profil. Die exotisch säuselnde Hypnoseaura des Stückes 'Ariadne’s Thread' etwa, die sich aus der ganz leisen und gleichmäßigen Klavierstimme und der schräg verschlungenen Oboenstimme entfaltet, ermöglicht ein selten rauschhaftes Hörerlebnis.
Aber Roxburgh kann auch experimenteller, lauter, unbändiger. Unbändige Flatterzungen- und Mehrklang-Schreie spießen das Stück 'Eclissi' (1971) in seiner Mitte auf, ein Einbruch in die bis dahin recht wenig ‚schmerzensreiche’ Musik. Hier aber, in dem ersten der beiden Werke mit größerer Kammerbesetzung, brechen jäh die Aggressions- und Verstörungspotentiale auf, die Roxburghs Musik in sich birgt, und von seiner intimen Klangkenntnis der Oboe gesteigert und bereichert wird. Dieses Stück zeigt den Komponisten als einen der Pioniere neuer Spieltechniken auf der Oboe, und den Solisten Christopher Redgate als einen versierten und sensiblen Musiker, der diese Techniken nicht als Effekte, sondern als gleichberechtigte Gestaltungsmittel einzusetzen weiß. Redgate versteht es gleichermaßen, die süße Gesanglichkeit der Oboe wachzurufen und wirken zu lassen, und als Mittel der Musik völlig gleichgestellt das einzubringen, was vor hundert Jahren noch als Störgeräusch abgetan worden wäre, z.B. die glissandi und Spaltklänge. Beide Pole sind für die Interpretation von Roxburghs Werken notwendig, und werden hier großartig geliefert. Traditionelle Fähigkeiten werden hier insgesamt zur Bedingung und zum Humus ausgezeichneter zeitgenössischer Musik.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Roxburgh, Edwin: Oboe Music |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Metier Records 1 09.10.2008 |
Medium:
EAN: |
CD
809730850820 |
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Metier Records 1992 gegruendet, hat METIER schnell einen Namen fuer eine augezeichnete moderne Repertoire- und Produktionsqualitaet erworben. Metier ist mittlerweile einer der wichtigsten Namen der heutigen klassischen Musik ? durch die Zusammenarbeit mit Tonkünstlern aus Grossbritannien, aber auch international mit grossen Komponisten der Welt wie Roberto Gerhard, Charles Ives, George Crumb, Walter Zimmermann, Georg Rochberg, unter anderen. Metier stellt eine breite Auswahl von musikalischen Stilen und Ideen der ganzen heutigen Komposition vor und schliesst eine grosse Zahl von wichtigen Weltpremieren, insbesondere der Komponisten, welche von den multinationalen Firmen vernachlaessigt werden, mit ein. Metier legt keinen grossen Wert auf schwaermerisches Werbematerial, Prominenten-Empfehlungen und falsche Versprechungen, die die moderne Reklame charakterisieren, sondern einfach auf kuenstlerische Qualitaet. Metier ist daher ein unentbehrlicher Name fuer serioese Sammler. Die Firma stellt in ihrer ?Re-appraisal? (Neubewertung) Serie auch Musik der Vergangenheit dar ? zum Beispiel Bach und Beethoven, aber mit neuen Herangehensweisen von hochrangigen Künstlern, deren Erfahrung und Innovationsgeist neue, faszinierende Interpretationen hervorbringen. METIER hat 12 ?CD of the Year? und ?Critic?s Choice? Preise gewonnen und wurde 2007 ein Teil der Divine Art Gruppe. Eine neue Serie von wichtigen modernen Werken ist im Werden, abermals von sehr positiver Kritik begleitet. Mehr Info... |
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Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
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