
Wagner, Richard - Parsifal
Parsifal auf Sparflamme
Label/Verlag: col legno
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Im Gegensatz zum farbenreichen und ausdrucksstarken Orchesterklang sowie überwiegend solide besetzten Rollen verströmt die visuelle Umsetzung dieses Tiroler ‘Parsifal’ leider nur wenig Glanz.
Richard Wagners letztes großes Bühnenweihfestspiel ist auf DVD beim Label col legno erschienen. Keine Aufführung coram publico, sondern ein Live-Mitschnitt der Generalprobe von den Tiroler Festspielen in der Inszenierung aus dem Jahr 2006 ist dabei festgehalten worden. Sowohl musikalische Leitung als auch Regie liegen dabei in den Händen Gustav Kuhns, des langjährigen dortigen Chefs vom Dienst. Und zumindest musikalisch kann dieser sich gleich zu Anfang auszeichnen, führt sein Dirigat das Festspielorchester doch schon im Vorspiel zu einem stimmlich transparenten und homogenen Klang. In optischer Hinsicht fällt der Blick zu Beginn auf ein betont kahl ausgestattetes Bühnenbild, dessen beinahe einziges Accessoire in einem langgezogenen, steinernen Tisch – ganz offenkundig der sagenumwobenen Rittertafel – besteht. Eine zentral platzierte, große runde Holzplatte deutet wohl den librettomäßig vorgesehenen See an. Vom Wald-Ambiente zeugen ansonsten einzig die grün gewandeten Knaben, denen Gurnemanz eingangs erst einmal Beine macht. Schon hier zeigt Manfred Hemm mit ausdrucksstarkem, klarem Timbre seine hohen Qualitäten in dieser Rolle. Die sich alsbald zu Wort meldende Kundry wird gesungen von Emanuela Barazia, die leider erkennbar große Schwierigkeiten mit der deutschen Aussprache hat und demzufolge häufig einiges an Textteilen verschluckt. Zudem agiert sie besonders in der Tiefe ein ums andere Mal merklich angestrengt. König Amfortas ist mit Thomas Gazheli besetzt, der ganz in weiß gewandet und hin und wieder etwas zu vibratolastig dazu anhebt, sein schmerzhaftes Los zu beklagen. Die Symbolhaftigkeit seiner ‘weiße Weste’ ist dabei auch nicht unbedingt einleuchtend, trägt er doch durch den unglückseligen ‘Sündenfall’ letztlich selbst die Schuld für sein trauriges Schicksal. Und apropos ‘einleuchtend’: Weshalb die Ritter alle samt knalliges orange tragen und damit unfreiwillig eher an die Holländische Nationalmannschaft erinnern, bleibt ebenfalls unklar. Demgegenüber ist die Idee, die Knappen im Outfit von Tiroler Jägern auftreten zu lassen, durchaus originell und verströmt augenzwinkerndes Lokalkolorit. Nachdem der verwundete Schwan in Gestalt einer – dieses Mal nachvollziehbarer Weise – weiß gekleideten Primaballerina herein geschwebt ist, tritt Michael Baba in der Rolle des Titelhelden auf den Plan. Mit schlanker Stimme und sicherer Intonation in allen Registern meistert er seine Partie insgesamt souverän.
Mehr als von dekorativen Elementen lebt die Inszenierung von im Hintergrund eingespielten Farb- und Lichteffekten, denen man ihre gekonnte, an den jeweiligen Handlungshöhepunkten orientierte Auswahl und Ausdrucksstärke prinzipiell nicht absprechen kann. Ansonsten bleibt das Bühnenbild jedoch weiterhin ausnehmend spartanisch und versprüht – etwa gerade in Klingsors sagenumwobenem Zaubergarten – wenig visuelle Reize. Diesen selbst verkörpert übrigens Michael Kupfer, der im sinnfälligen Zuhälter-Outfit mit präziser Artikulation und spannungsreicher Dynamik zu überzeugen weiß.
Herauszuheben sind somit die genannten Sänger sowie das glänzend disponierte – übrigens hinter der Bühne gruppierte – Orchester. Mit Blick auf die Inszenierung kocht die Aufführung dagegen eher auf Sparflamme, ganz zu schweigen von der DVD-Ausstattung, die nicht einmal über wenigstens rudimentäre Features, sondern schlichtweg erst gar kein Menü verfügt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Wagner, Richard: Parsifal |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
col legno 1 02.08.2013 |
Medium:
EAN: |
DVD
9120031340096 |
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col legno Welche Produktion von col legno Sie auch vor sich haben, eines ist gewiss: bunt wird sie sein und außergewöhnlich. Wir widmen uns herausragender Musik der Gegenwart und den Visionen ihrer Protagonisten. col legno bedeutet "mit dem Holz". Jeder Streicher weiß, was zu tun ist, wenn er diese Spielanweisung in seinen Noten liest: Er nimmt den Bogen, dreht ihn um und schlägt mit dem Holz auf die Saiten. Einst unerhört! Heute noch überraschend. Mit dieser spielerischen Offenheit dem Instrument gegenüber wurde die Klangvielfalt erweitert. Dieselbe Offenheit widmet col legno der Musik. col legno veröffentlicht Neue Musik - umfassend und zeitgemäß. Das Label steht für die Vielseitigkeit der Gegenwart und aufregende Interpretationen von Musik der Vergangenheit. Unsere Hörer haben viel mit uns gemein: Sie heißen Neues willkommen, wechseln Perspektiven, genießen eine Prise Humor und lieben das Kribbeln beim Genuss kreativer Inspiration. col legno nutzt die jeweils für die Produktionen optimalen Tonträger und Formate - von der CD über Multichannel Medien bis hin zu gänzlich neuen Entwicklungen. Dabei bieten wir unseren Hörern immer "state-of-the-art" Technik und beste Audioqualität. Die künstlerische Leitung des Labels wurde 2005 von Andreas Schett und Gustav Kuhn übernommen. Unter ihrer Führung hat sich der Katalog kontinuierlich und in klaren Zügen erweitert. Seit 2015 ist Andreas Schett alleiniger Inhaber des Labels. col legno - new colors of music
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