
Foerster, Josef Bohuslav - Violinkonzerte Nr. 1 & 2
Grossartiges Hörerlebnis
Label/Verlag: Supraphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ivan Zenaty und das BBC Symphony Orchestra unter Leitung von Jirí Belohlávek verleihen den Violinkonzerten Josef Bohuslav Foersters eine eindrucksvolle Klanggestalt.
Nach dem ersten Anhören dieser CD war ich erst einmal erstaunt angesichts der Tatsache, dass die beiden Violinkonzerte von Josef Bohuslav Foerster (1858-1951) nicht häufiger auf den Konzertprogrammen auftauchen. Zugegeben, den Namen des Komponisten hört man nicht allzu oft, und eine kürzlich erschienene Produktion seiner ersten beiden Sinfonien (MDG, 2008) bildet wohl die löbliche Ausnahme im Reigen der ansonsten eher kargen Bemühungen aus jüngerer Zeit, sein Schaffen auf dem Tonträgermarkt zu platzieren. Umso erfreulicher ist es, dass sich das Label Supraphon bei der ersten Gesamteinspielung von Foerster Violinkonzerten der Mitwirkung ganz hervorragender Musiker versichert hat: Denn der Geiger Ivan Zenaty und das BBC Symphony Orchestra unter Leitung von Jirí Belohlávek bilden ein ideal aufeinander abgestimmtes Team, das man sich – angesichts des wirklich beeindruckenden Ergebnisses – kaum besser vorzustellen vermöchte.
Davon kann man sich insbesondere bei der Wiedergabe des Violinkonzerts Nr. 1 c-Moll op. 88 (1910/11) überzeugen, bei der es sich um eine Live-Aufzeichnung von nahezu unheimlicher klanglicher Präsenz handelt. Davon zeugt schon der Beginn: der Eröffnungsakkord, fortgesetzt in einer rhythmischen Pulsation der Bläser, über der sogleich die Violine ihr erregtes Thema entfaltet, um nur kurze Zeit später mit dem Orchester gemeinsam eine spätromantische Klangpracht von großer Intensität zu entfalten. Die Klarheit, mit der Belohlávek die Partitur nachzeichnet, ist faszinierend, aber ebenso überzeugt Zenaty mit seiner durchdachten und immer wieder andere Schattierungen erobernden Umsetzung, die in der großen, von ihm selbst verfassten Kadenz des Kopfsatzes gipfelt. Der inbrünstige Gesang (so auch in der emotionalen Kantilene des zweiten Satzes), die gekonnte Formung von Einzeltönen und Phrasen sowie die makellose Bewältigung der technischen Schwierigkeiten sind Kennzeichen einer Wiedergabe, die sich immer am klanglichen Gesichtspunkten orientiert und dabei auch ganz bewusst – vor allem in den mit spielerischer Eleganz vorgetragenen Walzerklängen des dritten Satzes – den Eindruck von Leichtigkeit provoziert.
Die Klangbalance – sowohl innerhalb des Orchesters als auch zwischen Solist und Orchester – ist in beiden Konzerten ganz ausgezeichnet. Allein der Lautstärkepegel ist beim Violinkonzert Nr. 2 d-Moll op. 104 (1925/26) aufgrund der Studiosituation etwas höher als bei der Live-Aufzeichnung. Gerade dieses ungewöhnliche Werk birgt viele Überraschungen, da es trotz der traditionellen Dreisätzigkeit (hinter der sich aufgrund teils zusammenhängender Sätze, wie beim ersten Konzert, faktisch eine Zweiteiligkeit verbirgt) weniger den Eindruck eines virtuosen, vom Solisten angeführten Violinkonzerts macht. Es wirkt im Gegenteil vielmehr – und darin liegt ein ganz besonderer Reiz – wie eine ausgedehnte sinfonische Dichtung mit obligater Solovioline. Der starken Einbindung des Soloparts in das Orchester steht hier ein ausgeprägter Einsatz von solistischen Orchesterinstrumenten gegenüber, woraus sich immer wieder andere dialogische Situationen entwickeln. Gerade die Umsetzung solcher Momente macht deutlich, mit welch großer Gestaltungskraft die Interpreten bei der Sache sind und diese wunderbare Musik bis in ihre kleinsten Verästelungen hinein zu gestalten wissen. Das allmähliche Verstummen der Klänge am Ende des Werkes setzt dann den bedächtig anmutenden Schlusspunkt unter eine außergewöhnliche und absolut empfehlenswerte Platte.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Foerster, Josef Bohuslav: Violinkonzerte Nr. 1 & 2 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Supraphon 1 19.09.2008 |
Medium:
EAN: |
CD
099925396121 |
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Supraphon Supraphon Music ist das bedeutendste tschechische Musiklabel und besitzt bereits eine lange Geschichte. Der Name "Supraphon" (der ursprünglich ein elektrisches Grammophon bezeichnete, das zu seiner Zeit als Wunderwerk der Technik galt) wurde erstmals 1932 als Warenzeichen registriert. In den Nachkriegsjahren erschien bei diesem Label ein Großteil der für den Export bestimmten Aufnahmen, und Supraphon machte sich in den dreißiger und vierziger Jahren besonders um die Verbreitung von Schallplatten mit tschechischer klassischer Musik verdient. Die künstlerische Leitung des Labels baute allmählich einen umfangreichen Titelkatalog auf, der das Werk von BedYich Smetana, Antonín Dvorák und Leos Janácek in breiter Dimension erfasst, aber auch andere große Meister der tschechischen und der internationalen Musikszene nicht vernachlässigt. An der Entstehung dieses bemerkenswerten Katalogs, auf den Supraphon heute stolz zurückblickt, waren bedeutende in- und ausländische Solisten, Kammermusikensembles, Orchester und Dirigenten beteiligt. Mehr Info... |
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