
Fazil Say - Alla Turca
Grenzwertig grenzenlos
Label/Verlag: Arthaus Musik
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die bei ARTHAUS erschienene DVD mit dem Titel ‘Alla turca’ zeichnet ein sehr persönliches und intimes Bild des Pianisten Fazil Say, dessen Interpretationen klassischer Werke allerdings eine etwas unkonventionelle Note aufweisen.
Unter dem Titel ‘Alla turca’ ist bei ARTHAUS ein filmisches Porträt des Pianisten Fazil Say erschienen. Unterlegt mit stimmungsvollen und lebendigen Bildern erzählt Say darin über den Verlauf seiner Karriere, Land und Leute in seiner Heimat, Begegnungen mit anderen Künstlern, sowie eigene Ansichten über Musik und seine Stellung als kultureller Mittler zwischen Ost und West. Daneben sind auch Ausschnitte aus Interpretationen von Werken Bachs und Beethovens enthalten.
Gleich zu Beginn spielt Say die Fuge a-Moll BWV 543 in einer Bearbeitung von Franz Liszt, die er durchaus klangschön, melodiös und stimmlich transparent vorträgt. In der Einleitung der Busoni-Transkription von Bachs d-moll-Chaconne BWV 1004 verleiht er dann allerdings der Basslinie in der linken Hand eine merkwürdige, harte Akzentuierung, indem er sich eines spitzen und scharfkantigen Staccatos bedient. Wüsste man es nicht besser, könnte man hier beinahe auf die Idee kommen, er wolle dieses Stück parodieren. Auch wirkt er in den darin enthaltenen Passagen von teilweise immens hoher technischer Anforderung, namentlich den perlenden Unisono-Kaskaden nicht immer sicher.
Weiterhin erklingen Teile des ersten Satzes von Beethovens ‘Appassionata’. Das Pianissimo der ersten Takte ist dort eher ein Mezzoforte. Im Forte- und Fortissimo-Bereich hingegen entsteht teilweise ein regelrecht donnernder, fast schon brutal anmutender Klang, und auch sonst gerät die Interpretation nicht sonderlich nuancenreich. Gerade das, was Say selbst im Rahmen seiner Erläuterungen zu Beethoven als den ‘Gesang’ in dessen Werken beschreibt und die Einlösung des von ihm formulierten, künstlerischen Credo, Bedeutsames zum Stück zu sagen, vermisst man hier.
Zusammen mit einer befreundeten türkischen Sängerin gibt er dann – in Anlehnung an den Filmtitel – mit einer verspielten, jazzig-humorvollen Fassung von Mozarts gleichnamigem Rondo aus der Sonate KV 331 eine Kostprobe seiner eigenen Improvisationskunst. Auch in zwei als Bonus enthaltenen Versionen der Paganini-Variationen phantasiert er geistreich über das zu Grunde liegende Thema.
Schließlich präsentiert er am Flügel noch Teile einer zeitgenössischen türkischen Komposition und werden Ausschnitte aus der Aufführung eines von ihm selbst geschriebenen, opulent besetzten Werks, einer Art Oratorium für Klavier, Singstimmen, Chor und Orchester gezeigt.
Wird Says grundsätzliches pianistisches Talent in diesem Film zwar durchaus offenbar, so kann man sich insgesamt dennoch des Eindrucks nicht erwehren, dass in seinen Interpretationen der klassischen Klavierliteratur so etwas wie eine der türkischen Folklore entlehnte, stilistisch etwas liberale Komponente mit vereinzelt recht eigenwilligen Gestaltungselementen mitschwingt.
Alles in allem ist bei diesem Film ein gelungenes und eindringliches Porträt des Künstlers und Menschen Fazil Say herausgekommen, mit aus meiner Sicht leider jedoch weniger gelungenen Interpretationen der klassischen Werke.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Fazil Say: Alla Turca |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Arthaus Musik 1 11.04.2008 73 2005 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
DVD
807280144390 101 443 |
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Arthaus Musik Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels. Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011. Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter. Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von LArche Editeur, Preisträger des Prix de lAcadémie de Berlin 2010. Mehr Info... |
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