
Parsons, Robert - First Great Service
Gerechtigkeit für Robert Parsons
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Gerechtigkeit für Robert Parsons: Das Ensemble ‚Voces Cantabiles’ mit einer überzeugenden Interpretation einiger wichtiger Werke des englischen Renaissancekomponisten.
Musikgeschichte ist im Allgemeinen weit davon entfernt, gerecht zu sein. Das hat seine Ursachen nicht nur in der verengten Perspektive der Gegenwart, die den großen Heroen bestimmter Epochen fast die gesamte Aufmerksamkeit zubilligt, während unzählige, oft nicht weniger interessante Komponisten völlig im Abseits stehen. Auch die Zeitgenossen großer Meister konnten für das langfristige ‚Ausscheiden’ aus der Wahrnehmung sorgen: So war es im Fall des englischen Komponisten Robert Parsons, um 1530 geboren, 1563 zum ‚Gentleman of the Chapel Royal’ berufen und in dieser Position bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahr 1572 tätig, als ihm der bis heute berühmte William Byrd nachfolgte. Doch was führte zum raschen Vergessen des – nachweislich der vorliegenden Aufnahme – vielfältig begabten Komponisten? Die Umstände seines Todes scheinen hier der Schlüssel zu sein: Parsons ertrank an einem kalten Januartag skandalumwittert in den Fluten des Flusses Trent, nachträglich möglicherweise dem Verdacht des Selbstmords ausgesetzt, jedenfalls von seinen Musikerkollegen in der königlichen Kapelle rasch verdrängt und fortan nicht mehr gespielt. Die Tragik dieses Schicksals vervollkommnete der rasche stilistische Wandel der Musik im Zuge der fortschreitenden Reformation in England, die den kontrapunktischen Traditionen immer skeptischer gegenüberstand.
Doch war gerade Parsons einer der frühen Protagonisten einer englischen – auch englischsprachigen – Kirchenmusik, die nach der Einführung der Reformation 1549 die Liturgie dominierte. Sein ‚First Great Service’ zeugt davon: Die englischen Texte werden in leichten und durchsichtigen Sätzen vertont, eine stärker funktionale Harmonik tritt hervor, homophone Passagen dominieren das Klangbild. Doch auch die kontrapunktischen Traditionen waren Parsons vertraut, auf der vorliegenden Einspielung durch einige enorm expressive Sätze aus den ‚Responds for the Dead’ repräsentiert. Vor allem aber das einleitende Magnificat präsentiert Parsons als begabten Kontrapunktiker: Vielgestaltig, frisch, kunstfertig, mit charakteristischen Dissonanzen und enormem Ambitus zeigt sich der Komponist als ein individueller Komponist, der vielen – und hohen – Ansprüchen deutlich gerecht wurde.
Frisch & gekonnt
Der vielfach mit Preisen bedachte Kammerchor ‚Voces Cantabiles’ speist sich aus der Chorarbeit der Westminster Abbey und ist mit seinen 22 Sängerinnen und Sängern schlagkräftig besetzt. Es wird ein echtes Chorideal kultiviert, die stilistisch geschulten und repertoirekundigen Akteure finden sich in der größeren Geste ebenso zurecht wie in der Sphäre der fein gestalteten Differenzen. Gewürzt hat der Leiter Barnaby Smith diese chorische Anlage mit kontrastierenden Soli in den Sätzen des ‚First Great Service’, die den Chorklang sinnvoll ergänzen.
Smith will diese Platte dem verkannten und vergessenen Robert Parsons als Gedächtnisgottesdienst widmen – es ist darüber hinaus ein frischer Blick auf wirklich interessantes Repertoire. Parsons wenigstens heute Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, scheint angesichts der wertvollen Musik in gelungener Interpretation absolut geboten.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Parsons, Robert: First Great Service |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Naxos 1 01.02.2008 |
Medium:
EAN: |
CD
747313045174 |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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