
Bach, Johann Sebastian - Kantaten BWV 1, 18 & 23
Interessanter Weg
Label/Verlag: Accent
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Reihe mit Bach-Kantaten wird von Sigiswald Kuijken weitergeführt: Qualitativ hochwertige Aufnahmen zeigen die Tragfähigkeit des Konzepts.
Das Bach-Kantatenprojekt von Sigiswald Kuijken wird fortgesetzt: Nun liegt die sechste Einspielung vor und ‚La Petite Bande’ und die Vokalisten unterstreichen erneut, dass sie einen interessanten interpretatorischen Ansatz verfolgen. Die aktuelle Platte vereint die Kantaten BWV 18, 23 und 1. BWV 18 entstand in Bachs Weimarer Zeit, kommt hier jedoch in einer wahrscheinlich 1724 umgearbeiteten Leipziger Fassung zu Gehör. Mit der Kantate BWV erklingt eine Komposition, die Bach noch in Köthen begonnen und bei seinem Probendienst in Leipzig erstmals aufgeführt hatte. Auch hier hat sich Kuijken für eine spätere Bearbeitung aus den Jahren 1728-1731 entschieden. Und mit BWV 1 kommt schließlich der Typus der Choralkantate – Grundlage ist Philipp Nicolais 1599 entstandener Choral ‚Wie schön leuchtet der Morgenstern’ – zu seinem Recht, dessen letztes Beispiel aus dem Choralkantatenjahrgang 1724/25 diese Kantate ist.
Grundsätze
Kuijken hatte sein künstlerisches Credo für diese Reihe mit Kantatenveröffentlichungen am Anfang klar formuliert: Für jeden Sonntag im Kirchenjahr soll eine Kantate eingespielt werden, alle Vokalsolisten singen auch die chorischen Partien solistisch – damit dem Weg Rifkins, Parrotts und anderer folgend – die Instrumente werden den Bachschen Überlieferungen entsprechend besetzt und in der Continuo-Gruppe erklingt anstatt eines Violoncellos bekannter Bauart ein Violoncello da Spalla, ein in Schulterhaltung gespieltes, etwas kleineres Instrument, das nach Kuijkens Ansicht die Familie der Violinen ergänzt hat oder haben könnte.
Speziell für den letzten Aspekt spricht das überzeugende Klangergebnis, das Kuijken mit seinen Bach-Kantaten aber auch bei anderen Aufnahmen, etwa bei der Einspielung der ‚Vier Jahreszeiten’ Antonio Vivaldis, erzielt. Das Instrument verfügt über ein ansprechendes Volumen, ist gleichzeitig klanglich deutlich konzentrierter als ein Kniecello und fügt sich damit etwa in den Rezitativen glücklich in die überschaubare Besetzung ein.
Hochwertige Umsetzung
Entscheiden bleibt bei aller konzeptionellen Ambition und Durchdringung aber das klingende Ergebnis. Und da punkten die Ausführenden mit ihrem Potential und ihrer Erfahrung. Das Solistenquartett, bestehend aus der Sopranistin Siri Thornhill, der Altistin Petra Noskaiová, dem Tenor Marcus Ullmann und dem Bass Jan van der Crabben, agiert mit Eleganz, schlanken und leichten Stimmen auf einem ausgeglichenen Niveau und mit solidem technischen Fundament – ein Ensemble im engeren Sinne vor allem in den teils umfänglichen Chorsätzen der Kantaten. Hier zeigt sich auch, dass Kuijkens Überlegungen stimmig sind: Die solistische Besetzung ist geeignet, die Faktur und den kompositorischen Reichtum der Sätze hör- und erlebbar zu machen.
Dazu musizieren die Instrumentalisten von ‚La Petite Bande’ zart, geschmeidig, durchsichtig und gleichzeitig mit einem warmen, für die schmale Besetzung vergleichsweise vollen Klang. Der ist technisch gut strukturiert und in ein ausgeglichenes Bild eingefügt. Dazu artikulieren die Instrumentalisten im Einklang mit den Vokalisten aktiv und in dezidierter Ausarbeitung.
Deutlich positiv ist auch das Booklet mit den instruktiven Texten aus der Feder Kuijkens zu erwähnen. Diese Ausführungen verdeutlichen den individuellen Zugriff auf die Musik und besonders die tiefgründige Auseinandersetzung des Violinisten mit dem bei Bach so bedeutenden Zusammenhang von Text und Musik.
Kuijkens Ansatz ist tragfähig und wird auf den folgenden Platten mit Interesse weiterzuverfolgen sein.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Johann Sebastian: Kantaten BWV 1, 18 & 23 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Accent 1 01.02.2008 |
Medium:
EAN: |
SACD
4015023253063 |
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Accent Schon bei der Gründung des Labels 1979 durch Andreas Glatt war klar, dass ACCENT sich fast ausschließlich mit Alter Musik in historischer Aufführungspraxis beschäftigen würde. Die Künstler, die für ACCENT aufnehmen oder aufgenommen haben, gehörten von Anfang an zu den renommiertesten Interpreten der "Alte-Musik-Szene": darunter die Brüder Barthold, Sigiswald und Wieland Kuijken, René Jacobs, Jos van Immerseel, Maria Cristina Kiehr mit La Colombina, Paul Dombrecht, Marcel Ponseele mit seinem Ensemble Il Gardellino, aber auch jüngere Künstler wie Ewald Demeyere und sein Bach Concentus, das Ensemble Private Musicke mit Pierre Pitzl oder das Amphion Bläseroktett. Der ACCENT-Katalog möchte den neugierigen Musikfreund auf eine Reise durch die Welt der Alten Musik mitnehmen. Dabei wird er, neben ausgewählten Standardwerken, nicht selten Stücken begegnen, die kaum im Konzertbetrieb oder auf CD anzutreffen sind. Erstaunlicherweise stammen sie nicht nur von wenig bekannten Komponisten, sondern auch von so großen Namen wie Johann Sebastian Bach oder Georg Philipp Telemann. Diese Raritäten werden für ACCENT nicht allein um ihres Seltenheitswerts aufgenommen, sondern vielmehr, weil sie wichtige, bislang sträflich vernachlässigte Werke sind, deren Entdeckung zu einem persönlichen Anliegen der Interpreten wurde. Mehr Info... |
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