> > > Der Mönchschor des Danilovklosters Moskau singt: Die göttliche Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos
Freitag, 2. Juni 2023

Der Mönchschor des Danilovklosters Moskau singt - Die göttliche Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos

Zwischen den Kulturen


Label/Verlag: Christophorus
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die Neuentdeckung russischer liturgischer Gesänge scheint selbst bei den Vertretern historisierender Aufführungspraxis sich nur zögerlich durchsetzten, dabei boomt russische Kirchenmusik zurzeit mehr als kräftig.

Die Neuentdeckung russischer liturgischer Gesänge scheint selbst bei den Vertretern historisierender Aufführungspraxis sich nur zögerlich durchsetzten, dabei boomt russische Kirchenmusik zurzeit mehr als kräftig. Nachdem nun der ‘ewige Vorrat klassischer Musik’ nahezu ausgeschöpft ist, geht die Tonträger-Industrie nun mit sicherem Instinkt daran, die bisher eher spärlich bekannte Liturgie- und Volksmusik von ‘Mütterchen’ Russland zu vermarkten.

Wohltuend von diesem Trend hebt sich das kleine Label Christophorus ab. Mit der vorliegenden Einspielung der Liturgie des heiligen Johannes Chrysostomos werden nicht nur einfach die Ergebnisse einer spannenden Rekonstruktion der Gesänge, deren Tradition über das 16. Jahrhundert bis zum Mittelalter reicht, einer interessierten Hörerschaft zugänglich gemacht, sondern diese auch im Kontext der Liturgie.

Nächst dem römischen Ritus ist der byzantinische am meisten verbreitet und am häufigsten feiert die Ostkirche die Messe in der Form der Chrysostomosliturgie. Der Inhalt unterscheidet sich nicht so stark von dem der römisch-katholischen Kirche, in der Form und dem Stimmungsgehalt jedoch eminent. Während die römische Form der Liturgie eher streng und klar ist, wird die byzantinische vom unmittelbaren Erleben geprägt. Auch der Priester hat eine ganz andere Funktion. Man taucht tatsächlich in eine andere Welt ein.

Der Mönchschor des Danilovklosters Moskau mit Georgy Safonov mit Bischof Hilarion als Zelebranten präsentiert in der Tat, soweit dies möglich ist, eine Rekonstruktion eines Hauptgottesdienstes der orthodoxen Kirche, der im Jahre 2002 aufgenommen wurde. Die vokale Darbietung bietet interessante Einblicke in den Chorgesang der russisch-orthodoxen Kirche. Die stellenweise erheblichen Anforderungen werden überzeugend bewältigt, beeindruckend die flexible, farbenreiche Darstellung der zumeist antiphonalen Gesänge. Besonders ergreifend –um nur ein Beispiel zu nennen- der Kanon, bei dem über einem bordunähnlichen Basston, sowohl der Priester wie auch der Chor das eucharistische Hochgebete zelebrieren. Stellenweise wirken aber gerade die höheren Lagen etwas gepresst und auch die Intonation ist nicht immer zufrieden stellend.

Die CD bietet aber trotz dieser Einwände für den interessierten Hörer sakraler Musik viele spannende Aspekte. Wer noch den alten römischen Ritus der katholischen Kirche kennt, wird bemerken, dass es hier in der Tat gar nicht so viele Unterschiede gibt, sondern vor allem viele Gemeinsamkeiten. Das überrascht auch nicht, wenn man berücksichtigt, dass zwei wichtige altrussische Gesangshandschriften aus dieser Epoche, die der weißrussischen und ukrainischen Tradition verpflichtet sind, im Kloster Suprasl bei Belostosk im heutigen Polen aufbewahrt werden. Diese beiden Irmologien, wie man diese Sammlungen nennt, aus den Jahren 1598 und 1638 dienten auch Anatoly Konotop als Grundlage für seine Rekonstruktion. Man muss wissen, dass die heute bekannten Gesänge der russisch-orthodoxen Kirche das Produkt einer Reform des 19. Jahrhunderts ist, die mit der bis weit ins Mittelalter reichenden Tradition zwar nicht gebrochen hat, aber die Wurzeln in Vergessenheit geraten ließ. Auch unter diesem Aspekt ist die Rekonstruktion von Anatoly Konotop spannend. Er ist heute einer der wenigen Wissenschaftler, die sich mit diesem so genannten Znamenny-Gesang beschäftigt.

Leider erfährt man in dem sonst höchst aufschlussreichen Heft zur CD überhaupt nichts über den Chor und seinen Dirigenten.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Der Mönchschor des Danilovklosters Moskau singt: Die göttliche Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Christophorus
1
15.11.2007
Medium:
EAN:

CD
4010072772879


Cover vergössern

Christophorus

Christophorus ist das älteste deutsche Plattenlabel mit dem Schwerpunkt "Geistliche Musik". Es wurde 1935 gegründet, um religiöse Inhalte mittels Schallplatten und Bücher auch während des Nazi-Regimes zu verbreiten. Heute - mehr als 75 Jahre später - stehen spirituelle Themen weiterhin im Mittelpunkt des Labels, mit besonderem Interesse für unbekannte Werke und historische Interpretation. Gregorianische Gesänge, geistliche Vokalmusik, Musik der christlichen Kirchen und die Gesänge aus Taizé sind im Katalog ebenso vertreten wie Musik des Mittelalters und der Renaissance. Mit diesem Repertoire gilt Christophorus heute als eines der wichtigsten unabhängigen Labels auf dem internationalen Klassikmarkt.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Christophorus:

blättern

Alle Kritiken von Christophorus...

Weitere CD-Besprechungen von Michael Pitz-Grewenig:

blättern

Alle Kritiken von Michael Pitz-Grewenig...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

Class aktuell (1/2023) herunterladen (5900 KByte) NOTE 1 - Mitteilungen (2/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich