
Verdi, Giuseppe - Luisa Miller
Feurig
Label/Verlag: Arts music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ein Leckerbissen nicht nur für Pavarotti-Fans: Der denkwürdige 1974er Live-Mitschnitt von Verdis ‘Luisa Miller’ ist nun endlich in einer umfassend restaurierten Fassung zu bewundern.
Viel zu selten wird Verdis Oper ‘Luisa Miller’ heutzutage aufgeführt. Woran mag es liegen? Mit Sicherheit nicht an Verdis herzzerreißender, mit vielen Ohrwürmern gespickten Musik. Nein - Dass ‘Luisa Miller’ neben Verdis großen Opernerfolgen ein Schattendasein fristet, hat einen anderen Grund: Um die damalige italienische Zensur zu befriedigen, hatte Librettist Salvatore Cammarano der berühmt-berüchtigten Vorlage, Schillers ‘Kabale und Liebe’, jegliche politische Brisanz und Bitternis entzogen und auf die bürgerliche Liebesgeschichte zwischen Luisa und Rodolfo zurechtgestutzt. Verdi, der sich anfangs sehr unzufrieden mit der entschärften Version zeigte, gab schließlich nach und zog mit Cammarano an einem Strang. Ohne die ätzende Gesellschaftskritik, ohne den sozialen Sprengstoff des Originals war ‘Luisa Miller’ jedoch bald reif für die Mottenkiste.
In den letzten Jahren gab es zwar einige vereinzelte, mutige Versuche moderner Regisseure, ‘Luisa Miller’ zu radikalisieren und ihr etwas von der Schillerschen Wucht wiederzugeben. Doch das reichte nicht, um diese Oper dauerhaft fürs Repertoire zurückzuerobern. Was für ein Glück, dass es unabhängig davon ein kleine aber feine ‘Luisa Miller’-Diskographie gibt. Fausto Clevas RCA-Aufnahme von 1965 mit Anna Moffo und Carlo Bergonzi in den Hauptrollen und Maazels DG-Einspielung von 1979 mit Katia Ricciarelli und Placido Domingo sind hier erste Wahl. Auch Luciano Pavarotti und der Schweizer Dirigent Peter Maag haben sich um ‘Luisa Miller’ verdient gemacht. Zweimal haben sie die Oper in den Siebzigern gemeinsam aufgenommen – zuerst live, dann im Studio.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die weniger bekannte konzertante Live-Einspielung von 1974 die Studioaufnahme von 1975 in vielerlei Hinsicht übertrifft. Verblüffend, wie die Musiker des Turiner RAI-Sinfonieorchesters vor Publikum ungleich lebendiger, spontaner und risikoreicher agieren als ein Jahr später im Studio. Während Montserrat Caballé als Luisa und Pavarotti als Rodolfo 1975 quasi aneinander vorbeisingen, geben Pavarotti und Gilda Cruz Romo ein Jahr zuvor ein sehr viel glaubwürdigeres Liebespaar ab. Mit selbstzerstörerischer Hingabe durchlebt die junge Mexikanerin Luisas Seelenqualen. Cruz Romos feurig direkter Sopran und Pavarottis emphatisch attackierender Tenor wirken wie füreinander bestimmt.
Wurm, der Intrigant, wird in dieser Aufnahme endlich einmal nicht als maßlos überzeichnete Ausgeburt des Bösen dargestellt. Im Gegenteil: Ferruccio Mazzoli verleiht ihm durchaus menschliche Züge und weckt als von echter Liebe Getriebener beim Zuhörer beinahe Sympathien. Schade nur, dass Matteo Manuguerra (Miller) und Raffaele Arié (Walter) ihre beste Zeit schon lange hinter sich haben. Bei allem guten Willen, ihre Rollen vielschichtig anzulegen – die Verschleißerscheinungen der Stimmen machen ihnen so manches Mal einen Strich durch die Rechnung.
Bislang gab es diesen denkwürdigen Live-Mitschnitt – einen besseren wird es vermutlich niemals geben – nur in dürftiger Klangqualität bei Myto Records (2003). Dank der italienischen Firma Arts Archives ist nun eine umfassend restaurierte Fassung erschienen (2007). Die Tontechnik hat im Rahmen des Menschenmöglichen Hervorragendes geleistet. Das topfige, verhärtete Klangbild von Myto Records weicht hier einem farbigeren, deutlich aufgehellten, dynamisch ausgewogeneren Klangspektrum. Eine Verjüngungskur, die auf wundervolle Weise dazu einlädt, Verdis vernachlässigte Oper neu zu entdecken.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Verdi, Giuseppe: Luisa Miller |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Arts music 2 10.09.2007 136:47 1974 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
600554308821 600554308821 |
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"Luisa Miller fristete lange ein Schattendasein neben so weltbekannten Werken wie der „Traviata“ oder dem „Trovatore“. Doch in den 70er Jahren rückte diese zu Unrecht vernachlässigte Oper wieder ins Rampenlicht. Dies geschah insbesondere auf Initiative einiger großen Künstlerpersönlichkeiten (Montserrat Caballé, Renata Scotto, Plácido Domingo, José Carreras), die die Suggestivkraft der Musik, die außergewöhnliche Färbung dieser Oper und die psychologische Intensität der Personen und ihrer Beziehungen für sich entdeckten. Die jetzt im Rahmen der Reihe ARTS ARCHIVES erscheinende Einspielung ist eine fantastische Aufnahme mit einer herausragenden Besetzung, die durch eine Interpretation von bewundernswerter Frische und dramatischer Wahrhaftigkeit das durchgeplante Zusammenwirken in einem Aufnahmestudio in den Schatten stellt. Der unvergessliche schweizer Dirigent Peter Maag zeigt sich als feinsinniger, anpassungsfähiger Interpret der ständig wechselnden Stimmungen dieses Werkes. Und nicht zuletzt wird diese Aufnahme durch den Gesang von Luciano Pavarotti vervollkommnet, der sich 1974, im Jahr der Aufnahme, auf dem Höhepunkt seines Könnens und seiner allgemeinen Popularität befand. Erleben Sie Operngenuss pur in einer Aufnahme, die mit der 24 bit / 96 kHz Technik remastert wurde. - Ein Must-have für alle Peter Maag und Luciano Pavarotti Fans. " |
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Arts music ARTS wurde 1993 gegründet. Seither haben wir mehr als 6200 Tracks (das sind über 400 Datenträger) mit Klassischer Musik der letzten 5 Jahrhunderte veröffentlicht. Neben Alter Musik und Zeitgenössischem befindet sich in unserem Katalog auch Musik der größten Interpreten der letzten Jahrzehnte sowie Musik sehr erfolgreicher junger Künstler, die Ihren künstlerischen Zenith noch vor sich haben und diesen mit uns verbringen werden. Die Musikrichtungen reichen von Sakral bis Oper, Kammermusik bis Symphonik, Lied bis Operette. Große Werke Mozarts, Beethovens, Schuberts usw. sind ebenso vertreten wie Raritäten von Rossini, Verdi, Händel und vielen mehr.
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