> > > Romberg, Bernhard: Symphonien
Freitag, 9. Juni 2023

Romberg, Bernhard - Symphonien

Lobenswerte, glänzende Reanimierung


Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Der Kölner Akademie unter der Leitung von Michael Alexander Willens gelingt mit den Romberg-Sinfonien eine weitere absolut herausragende Aufnahme. Ein wirklich großer Wurf!

In jenen Tagen, als sich die allgemein bekannten Vertreter historisch informierter Aufführungspraxis an eine Erweiterung des Repertoires in Richtung 19. Jahrhundert machten, standen zuerst einmal die üblichen Schlachtrösser auf dem Programm – zum einen durch die Kaufgepflogenheiten der Konsumenten bedingt, lieber noch einen Mendelssohn- oder Schumann-Zyklus nach Hause zu tragen als Sinfonien von Rietz, Raff, Volkmann, Bruch oder anderer Komponisten, die gern mit dem abschätzigen Etikett ‘Kleinmeister’ versehen wurden. Zum anderen konnten sich jene Interpreten durch die Konzentration auf bekanntes Repertoire mit ihrem eigenen, individuellen, abweichenden Zugang stärker profilieren als dies mit unbekannten Werken möglich gewesen wäre.

Seit einigen Jahren nun lässt mit positiver Überraschung der Wagemut einiger Labels und (meist in der breiten Wahrnehmung eher unbekannter) Ensembles wahrnehmen, sich den vergessenen Schätzen des (vor allem frühen) 19. Jahrhunderts zu widmen. Das kleine, aber feine Label Ars Produktion Schumacher schürte in diesem Bereich mit den bereits veröffentlichten, durchwegs herausragenden Produktionen seines Projekts ‘Forgotten Treasures’ hohe Erwartungen; nun kann sich der Hörer an einem neuen vergessenen Schatz erfreuen, den drei Sinfonien aus der Feder Bernhard Rombergs.

Überschäumende Spiellaune, fabelhafte Transparenz

 

Bernhard Romberg, heutzutage höchstens noch einigen Cellisten als Komponist von Übungsstücken bekannt, wurde in seinen mittleren Jahren nicht nur als Cello-Virtuose gefeiert, sondern auch als formidabler Komponist. Davon legt diese reizende SACD ein klingendes Zeugnis ab. Das Ensemble Kölner Akademie (mit dem Beinahmen ‘Orchester Damals und Heute’) widmet sich, bestückt mit historischen Instrumenten und nach altem Vorbild angeordnet, unter der Leitung seines Chefs Michael Alexander Willens mit überschäumender Spiellaune den drei Sinfonien Rombergs

Eingeleitet wird die klanglich exzellent geratene Produktion mit der ‘Trauer-Symphonie auf den Tod der Königin Luise von Preußen’ c-Moll op. 23. Durch trockene Paukenschläge angestoßen, entfaltet sich zuerst ein Trauermarsch eher mit den Mitteln des späten 18. Jahrhunderts als mit der emotionalen Überwältigung eines Beethoven-Zeitgenossen. Dynamische Kontraste werden hart nebeneinander gestellt, eine fließendere Melodik erhält Einzug, worauf nach einer Wiederaufnahme des Marsch das Hauptthema Einzug erhält. Willens modelliert Gestus sowie Farbe des Eingangsteils mit einer überwältigend subtilen Delikatesse. Die einzelnen Instrumente der Kölner Akademie sind bestens austariert, so dass jede einzelne Instrumentalfärbung sich effektvoll mitteilen kann ohne dass der Ensembleklang zerfällt. Schon hier zahlt sich die Anordnung des Orchesters nach historischem Vorbild mit antiphonaler Anordnung der Geigen und Positionierung der Kontrabässen zu beiden Seiten positiv aus: Die Bass-Grundierung über die ganze Breite des Klangbilds gibt der Musik das nötige Fundament, der enge Dialog der Geigen kommt hier wie so oft durch diese Positionierung erst richtig zum Tragen.

Ausgezeichnetes Ensemble

 

Michael Alexander Willens präsentiert sich hier von Anfang bis Ende als optimaler Vermittler dieser kontrastreichen Musik. Er lässt sowohl Streicher wie auch die lebhaft und gefühlvoll agierenden Bläser sprechend, klar und geschmeidig artikulieren. Damit gewinnt diese Musik deutlich an Präsenz. Durch die gekonnte Abstimmung der Ensemblegruppen gewährleistet er nicht nur höchste Transparenz des Klangs (was der Kontrapunktik in Rombergs Sinfonien zugute kommt), sondern auch eine Staffelung der Klangfärbungen: je nach Ausdrucksmoment dürfen auch schon mal die köstlich kernigen Blechbläser klanglich in den Vordergrund treten, ohne aber das restliche Ensemble zuzudecken. Die Kölner Akademie spielt dabei mit einer ansteckenden Energie, um jedes Detail hörbar und vor allem erlebbar zu machen. Mit lebhaften Akzenten, deutlichen dynamischen Kontrasten, schwungvollen Tempi und viel Gespür für Inhalt und optimale Darstellung dieser Musik gelingt den Musikern eine Interpretation, die in allen Belangen überzeugt.

Auch wenn Rombergs Sinfonik sicherlich nicht so viele ins mittlere 19. Jahrhundert weisende Züge trägt wie etwa die von Ferdinand Ries, kommt hier doch ein Sinfoniker zu seinem Recht, der mehr als ordentliche Musik zu Papier brachte. Dass daraus dann noch viel mehr wird, ist der phantasievollen und klanglich hervorragend geratenen Interpretation durch die Kölner Akademie zu danken. Abgerundet wird diese erstklassige Einspielung durch einen kenntnisreichen Booklettext, der keine Fragen offen lässt. Ein wirklich großer Wurf!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Romberg, Bernhard: Symphonien

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
ARS Produktion
1
01.05.2008
Medium:
EAN:

SACD
4260052380260


Cover vergössern

Romberg, Bernhard
 - Symphonie c-Moll op. 23 "Trauer" - Andante lento maestoso - Allegro
 - Symphonie c-Moll op. 23 "Trauer" - Adagio non troppo - Allegro non troppo
 - Symphonie c-Moll op. 23 "Trauer" - Con più moto - Andante lento - Andante grazioso
 - Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 28 - Allegro
 - Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 28 - Andante lento
 - Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 28 - Menuetto: Allegretto - Trio
 - Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 28 - Finale: Vivace
 - Symphonie Nr. 3 C-Dur op. 53 - Poco Largo - Allegro
 - Symphonie Nr. 3 C-Dur op. 53 - Scherzo: Vivace - Alternativo
 - Symphonie Nr. 3 C-Dur op. 53 - Andante con moto
 - Symphonie Nr. 3 C-Dur op. 53 - Finale: Allegro assai


Cover vergössern

Dirigent(en):Willens, Michael Alexander
Orchester/Ensemble:Kölner Akademie


Cover vergössern

ARS Produktion

Das exquisite Klassiklabel ARS Produktion wurde 1987 von Annette Schumacher mit dem Ziel gegründet, jungen, aufstrebenden Künstlern und interessanten Programmen gleichermaßen eine individuelle musikalische Heimat und entsprechende Marktchancen, u.a. durch internationalen Vertrieb und Vermarktung zu geben. Die bei Paul Meisen ausgebildete Konzertflötistin hat sich damit nach langer aktiver Musikerlaufbahn einen geschäftlichen Traum erfüllt.
Für die hervorragende Aufnahmequalität der zahlreichen ARS Produktionen ist Manfred Schumacher, Tonmeister und Aufnahmeleiter, verantwortlich.
Spezifisch für das Label und die Haltung seiner Macher/in: stets wird u.a. den klanglichen Erfordernissen der jeweiligen Werke, Musikepochen und Instrumente in größtmöglicher Weise Rechnung getragen sowie im Übrigen die neueste, beste Technik eingesetzt.
Annette und Manfred Schumacher sind ?Überzeugungstäter?. Zwei Individualisten, die Kunst, Kommerz und Können geschickt vereinbaren.
?Die SACD - Super Audio CD kombiniert die Präzision der digitalen Reproduktion mit der Wärme des analogen Klanges. Das hat uns überzeugt.?


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag ARS Produktion:

  • Zur Kritik... Energetische Revue: Mit 'Mazeltov, Rachel’e' liegen beim Label Ars nun die musikalischen Nummern des gleichnamigen Bühnenwerks auf CD vor: ein Reigen an lohnenswerten Ausgrabungen unbekannter jüdischer Komponisten. Weiter...
    (Till Ritter, )
  • Zur Kritik... Erdbeben-Trauma in expressiven Klängen: Nuno Côrte-Real wendet sich von der Radikalität der Avantgarde des 20. Jahrhunderts ab, um in einem Liederzyklus ein Trauma zu reflektieren, das Menschen nach einem Erdbeben über Generationen hinweg nicht mehr loslässt. Weiter...
    (Christiane Franke, )
  • Zur Kritik... Geistvoll: Karel Valter und Hadrien Jourdan breiten gehaltvolle Sonaten des großen Carl Philipp Emanuel Bach mit dem notwendigen Gewicht aus, verbunden mit gestalterischer Raffinesse und Klangeleganz. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
blättern

Alle Kritiken von ARS Produktion...

Weitere CD-Besprechungen von Dr. Tobias Pfleger:

  • Zur Kritik... Tiefe persönliche Betroffenheit: Das Atos Trio nimmt mit einer glühend intensiven Aufnahme zweier tschechischer Klaviertrio-Meisterwerke für sich ein. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
  • Zur Kritik... Durchdringung: Das Wiener Klaviertrio eröffnete mit gewohnter Klasse eine neue Reihe der Brahms-Klaviertrios. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
  • Zur Kritik... Geist der Vergangenheit: Masaaki Suzuki nähert sich Strawinskys Neoklassizismus im Geist der Alten Musik. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
blättern

Alle Kritiken von Dr. Tobias Pfleger...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Kaiserliche Trauer: Trauermusiken von Leopold I. – Kompositionen, die weit mehr sind als Liebhaberei mit Ambition: Es sind vielmehr ernsthafte, substanzreiche Arbeiten von satisfaktionsfähigem Format. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Große Formen: Pierre-Laurent Aimard intensiviert seinen Einsatz für Beethoven. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Das Lied als Sprachrohr erlittener Gewalt: Die Mezzosopranistin Esther Valentin-Fieguth und die Pianistin Anastasia Grishutina haben bekannte Lieder zu einem düsteren Szenario menschlicher Not arrangiert. Weiter...
    (Christiane Franke, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

Class aktuell (1/2023) herunterladen (5900 KByte) NOTE 1 - Mitteilungen (2/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Henri Bertini: Grand Trio op.43 in A major - Rondo. Allegro

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich